Höhenrausch: Karl Stankiewitz‘ „Wie der Zirkus in die Berge kam“

Längst ist über allen Gipfeln keine Ruhe mehr, haben sich Straßen durchs Gebirge gebohrt, schaufeln Aufstiegshilfen wahre Massen auf die hohen und höchsten Berge, steppt der Bär bei „Events“ zwischen Felsen und Gletschern. Einer, der die Entwicklung in den Alpen über ein halbes Jahrhundert genau beobachtet hat, ist Karl Stankiewitz, der lange Jahre als Korrespondent in München arbeitete und als freier Autor über den Bergtourismus schrieb.  

Jetzt hat er seine langjährigen Beobachtungen und neuesten Recherchen zu einem Buch gebündelt, das „die Alpen zwischen Idylle und Rummelplatz“ zeigt. Vieles, was er in seinen früheren Reportagen anprangert, ist heute selbstverständlich – Skikarusselle ebenso wie Schneekanonen halten den Wintersport am Laufen. Das weiß auch Karl Stankiewitz. Seine Kritik ist nicht nostalgisch verbrämt, er weiß, dass die Menschen im Alpenraum den Tourismus zum Überleben brauchen. Aber muss es gleich Massentourismus sein? Brauchen wir Retortenstädte in den Alpen? Müssen die Berge zum Rummelplatz verkommen, um attraktiv zu bleiben? Vieles, was der Autor schon früh in Frage gestellt hat, hat sich im nachhinein als Fehlentwicklung erwiesen. Heute werden Lifte wieder abgebaut, neue Naturschutzgebiete ausgewiesen. Wachsamkeit lohnt also! Und es lohnt auch, nachzulesen, wie schnell sich die Entwicklung von der Bergeinsamkeit zur Alpenfolklore vollzogen hat. Dabei hilft die Chronik am Ende des Buches. Nur schade, dass die einzelnen Texte nicht mit Jahreszahlen gekennzeichnet sind. Das hätte die Orientierung erleichtert. So liest man einen Artikel, um dann festzustellen, dass dieses oder jenes Projekt schon vor Jahren ad acta gelegt wurde. 

Info:   Karl Stankiewitz: Wie der Zirkus in die Berge kam, Verlag oekom, 302 S., 22,95 Euro 

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