Im vergangenen Jahr gab es einige Turbulenzen an den deutschen Flughäfen. Auch die Lufthansa stand immer wieder in der Kritik. Nun hat die Airline in ihrem Sommerflugplan wieder neue Ziele aufgenommen. Auch ab München. Ich habe mit Dr Stefan Kreuzpaintner, Konzernbeauftragter der Lufthansa Group in München sowie Senior Vice President Netz- und Allianzmanagement Lufthansa Group, über den Sommer, Flugpreise und Nachhaltigkeit gesprochen.
Herr, Kreuzpaintner, noch ist es ja ein bisschen hin bis zu den Pfingstferien oder auch zu den Sommerferien in den anderen Bundesländern. Nun hat die Lufthansa im Sommerflugplan schon zahlreiche Flüge gestrichen. Haben denn die Reisenden auch in diesem Jahr wieder ein Flugchaos zu erwarten?
Stefan Kreuzpaintner. Seit Ende letzten Jahres bereiten wir uns mit unseren Systempartnern, insbesondere den Flughäfen, auf den Sommer vor. Unser wichtigstes Ziel ist ein stabiler Flugplan. Ich bin zuversichtlich, dass der Sommer trotz aller Herausforderungen in diesem Jahr deutlich zuverlässiger sein wird als im Vorjahr, weil wir unsere Hausaufgaben frühzeitig und konsequent angegangen sind, die Kapazität angepasst haben und viel in die verbesserte Kundenkommunikation und digitale Lösungen investieren.
Riesiger Nachholbedarf
Der Ukraine-Krieg hat auch das Kerosin verknappt und verteuert. Das sorgt für höhere Ticketpreise. Für viele Menschen wir das das Fliegen wieder zum Luxus. Wie stehen die Aussichten, dass Urlaubsflüge erschwinglich bleiben?
Stefan Kreuzpaintner. Wichtig zum Verständnis: Unsere Preise werden durch Angebot und Nachfrage bestimmt. Und bei der Nachfrage sehen wir einen riesigen Aufholbedarf, sowohl nach geschäftlichen, als auch touristischen Reisen. Aber natürlich bieten wir auch weiterhin sehr attraktive und konkurrenzfähige Preise an und weiten unser Angebot in diesem Sommer nochmal aus. Ab München fliegen wir neuerdings nach Asturien und Bordeaux.
Nachhaltigkeit ist das Thema der Stunde. Und Fliegen ist laut Bundesumweltamt „die umweltschädlichste Art sich fortzubewegen“. Experten sind davon überzeugt, dass klimaneutrales Fiegen in naher Zukunft nicht möglich sein wird. Nun führt die Lufthansa „Green Fares“ ein, also grüne Flugpreise. Was ist darunter zu verstehen?
Stefan Kreuzpaintner. Auch unsere Industrie ist in der Verantwortung für wirksamen Klimaschutz. Der aktuell mit Abstand größte Hebel sind die Investitionen in deutlich sparsamere Flugzeuge, wie den Airbus A350, der ab München eingesetzt wird. Unsere hochmodernen Langstreckenjets benötigen heute bis zu 30 Prozent weniger Treibstoff als ihre jeweiligen Vorgängermodelle und emittieren entsprechend weniger CO2. Zudem bauen wir unsere Angebote und Services für nachhaltigeres Reisen weiter aus.
Green Fares für mehr Nachhaltigkeit
Dazu zählt auch unser neuestes Produktangebot die Green Fares, die wir Mitte Februar als völlig neuen Tarif für Flüge in Europa eingeführt haben. Darin enthalten ist der Ausgleich der flugbezogenen CO2-Emissionen – zu 20 Prozent über nachhaltigen Flugkraftstoff und zu 80 Prozent über hochwertige Klimaschutzprojekte der gemeinnützigen Organisation myclimate. Das neue Produkt beinhaltet neben dem CO2-Ausgleich auch weitere Vorteile wie zusätzliche Statusmeilen und eine kostenfreie Umbuchungsmöglichkeit. Unsere Angebote werden sehr positiv angenommen. Mittlerweile wählen insgesamt rund drei Prozent unserer Fluggäste entsprechende Möglichkeiten für nachhaltigeres Reisen. Unser Ziel ist, dass es schon sehr bald 5 Prozent sind. Die Preise liegen übrigens zwischen dem Economy Classic und dem Economy Flex Tarif.
Das heißt aber, dass umweltbewusste Menschen auf jeden Fall mehr für ihren Flug zahlen müssen, um ihr Gewissen zu beruhigen. Oder sie steigen gleich auf alternative Verkehrsmittel um. Etwa auf die Bahn, wenn das möglich ist. Wie erfolgreich ist denn die Kooperation mit der Bahn?
Stefan Kreuzpaintner. Sehr erfolgreich. Wir haben bereits im vergangenen Sommer die Deutsche Bahn als weltweit ersten intermodalen Partner in die Star Alliance aufgenommen. Dieses baut auf dem Programm Lufthansa Express Rail auf, mit dem Passagiere seit mehr als 20 Jahren ein kombiniertes Ticket für Zug und Flug kaufen können.
Mehr Tempo bei der Infrastruktur
Der Flughafen München kämpft seit Jahren für einen Fernzug-Anschluss. Doch die Verwirklichung der Pläne ist wohl in weite Ferne gerückt. Was bedeutet das für die bisher enge Kooperation von Flughafen und Lufthansa?
Stefan Kreuzpaintner. Die Kooperation zwischen dem Flughafen München und uns hat sich insbesondere in der Pandemie bewährt und geht mittlerweile über das gemeinsam betriebene Terminal 2 hinaus. Wir haben vor zwei Jahren eine Taskforce Intermodalität ins Leben gerufen, die zum Ziel hat, den notwendigen Ausbau der Bahn zu beschleunigen – sowohl die regionale Anbindung als auch den Fernverkehr. Hier brauchen wir konsequente Schritte, um die Vorlaufzeiten solcher Infrastrukturprojekte in Deutschland zu beschleunigen. Ich befürchte, dass wir andernfalls sowohl aus ökologischer als auch ökonomischer Sicht in München ins Hintertreffen geraten. In Frankfurt sehen wir, dass mittlerweile auf jedem Lufthansa Flug mehrere Passagiere sitzen, die zuvor oder danach mit der Bahn an- bzw. abreisen.
Ein Zubringerbus für Augsburg?
Da wird auch Augsburg noch lange auf einen günstigeren Anschluss warten müssen…
Stefan Kreuzpaintner. Solange die direkte Bahnanbindung zum Münchner Flughafen fehlt, müssen wir uns mit Bussen behelfen – wie schon nach Nürnberg. Wir denken darüber nach, auch Augsburg mit einem direkten Busverkehr zu bedienen, um die Region Bayerisch-Schwaben besser an den Flughafen anzubinden.
Für die First Class haben Sie gerade das Luxusprojekt Allegris vorgestellt, das es ermöglicht, auf der Langstrecke im Doppelbett zu schlafen. Dürfen auch Economy-Passagiere auf mehr Komfort hoffen? Und wenn ja, zum welchem Preis?
Stefan Kreuzpaintner. Allegris ist Teil der größten Produkt-Offensive in unserer Unternehmensgeschichte. Auf der Langstrecke entsteht ein ganz neues Reiseerlebnis mit fast 30.000 Sitzen. Alle Klassen erhalten ein neues Spitzenprodukt, auch die Economy Class. Hier gibt es beispielsweise Sitze mit extra viel Beinfreiheit. Die Preisgestaltung hängt auch hier von der Nachfrage ab. Einige Bestandteile kann man auch dazukaufen. Zum Beispiel die Möglichkeit, in der Economy Class einen freien Nachbarsitz hinzuzubuchen.
Hoffnung auf ein Rekordjahr
Mit dem Flex-Plus-Tarif ermöglicht Condor, bis zum Tag vor dem geplanten Abflug auf jede Planänderung zu reagieren und Flüge gebührenfrei umzubuchen oder zu stornieren. Das kommt dem gestiegenen Sicherheitsbedürfnis der Reisenden entgegen. Gibt es bei Lufthansa ähnliche Pläne?
Stefan Kreuzpaintner. Es gibt natürlich auch bei Lufthansa einen Economy Flex und den Green Tarif, die beide eine Umbuchung ohne Gebühr möglich machen. Beim Flex Tarif ist zusätzlich eine Erstattung möglich.
Sämtlichen Umfragen zufolge könnte die Reiseindustrie vor einem Rekordjahr stehen. Auch die Lufthansa?
Stefan Kreuzpaintner. In diesem Sommer fliegen wir ab München 145 Ziele an. Ab April geht es nach drei Jahren wieder nach China, Osaka kehrt ins Streckennetz zurück, auch der A 380 kommt wieder. Wir stellen gerade Mitarbeiter ein und bekommen weitere hochmoderne Langstreckenflugzeuge. Daher bin ich nicht nur für dieses Jahr optimistisch, sondern auch für die nächsten Jahre.