Die im letzten Jahr noch spürbare Euphorie für Blogs wich in der folgenden Diskussion einer eher nüchternen Bestandsaufnahme. Und die beiden Teilnehmer expliziter Print-Medien – Peter Kanzler, Chefredakteur der auflagenstarken Apotheken Umschau (9,5 Millionen), und Frank Lorentz, Redaktionsleiter von himmelblau, dem Reise-Ableger des Senkrechtstarters Landlust, – hatten gute Argumente auf ihrer Seite, zumal selbst Blogger und Grimme-Preisträger Johannes Klaus sich als „großer Fan von gedruckten Magazinen“ outete. Auch Bettina Kochheim, bild.de – Leitung Reise & Travelbook.de, räumte ein, dass es „immer Liebhaber des Gedruckten“ geben werde.
Vor diesem Hintergrund ging es bei der Diskussion vorwiegend um Inhalte und Innovationen. Travelbook.de, seit Oktober das Reiseportal im Hause Springer, ist so eine Innovation, ein digitaler Reiseführer, dessen Inhalte von bild.de stammen. „Wir wären verrückt, wenn wir das nicht machen würden“, verteidigte Bettina Kochheim das Inhalts-Management. Sie räumte aber auch ein, dass man das eigene Profil von Travelbook.de „besser herausarbeiten“ müsse, um neue Leser zu finden. Dazu würde auch mit „integrierten Bloggern“ experimentiert – über 1000 an der Zahl. Für Kochheim eine „Win-Win-Situation“, weil die Blogger so mehr Aufmerksamkeit erzielten. Trotzdem sei Travelbook ein journalistisches Portal und werde es auch bleiben.
Johannes Klaus gehört nicht zu den „integrierten Bloggern“. Mit seinem Blog Reisedepeschen, der auch anderen Autoren eine Plattform bietet, setzt er auf gute Geschichten. Der Nachteil: Im Gegensatz zu Ratgeber-Blogs würden Reise-Geschichten über google nicht schnell gefunden. Mit Ratgeber-Blogs ließe sich entsprechend auch besser Geld verdienen. „Aber das ist nicht mein Ziel.“ Der Blogger ist überzeugt davon, dass sich „peinliche Blogs nach einiger Zeit selbst erledigen“ und er glaubt daran, dass Qualität sich am Ende durchsetzt, auch wenn eine Reiseblog für ihn „nicht unbedingt Journalismus“ ist. Dafür sind die Möglichkeiten, die sich online bieten, „grandios“. Da könnte er sich mehr Experimentierfreude bei den großen Medienhäusern vorstellen.
Stattdessen wurde mit der Landlust aus dem eher behäbigen Landwirtschaftsverlag ausgerechnet ein Printprodukt zum Shootingstar. Mit himmelblau legt der Verlag nach, und Redaktionsleiter Frank Lorentz freut sich schon jetzt über die „geradezu euphorischen Reaktionen“: „Ich glaube, der Markt ist reif für ein Magazin, das Lust macht auf einfaches Reise-Erleben“. Thema des Magazins seien Reiseziele für jedermann in Deutschland und Europa und dabei gäbe es wohl Nachholbedarf. Noch plant der Verlag erst einmal eine Print-Version. Aber, so Lorentz, „wir laufen nicht mit Scheuklappen durch die Welt und denken auch über anderes nach“.
Für Peter Kanzler, Chefredakteur der Apotheken Umschau, ist die digitale Alternative noch nicht akut. „Uns spielt in die Hände, dass die Menschen immer älter werden und diese Hauptkundschaft noch nicht so digitalisiert ist wie die jüngeren“, begründete er die Internet-Abstinenz. Eine App-Version des Magazins könnte er sich allerdings vorstellen. Auf den ADAC-Skandal angesprochen, betonte Kanzler, dass für die Apotheken Umschau Glaubwürdigkeit ganz wichtig sei. „Wir kommen gar nicht in die Versuchung, uns zu prostituieren, weil wir keine Produkte propagieren.“
Neue Magazine, Blogs, Travelbook.de und ein Traditionsheft, das immer neue Höhen erklimmt: Es ist einiges in Bewegung in der Medienwelt. 61 Prozent der Anwesenden verneinten die Frage, ob die Zukunft von Bloggern, Social Media und Twitterern beherrscht werde. Besteht also noch Hoffnung für qualitätvollen, glaubwürdigen Reisejournalismus? „Mein Herz schlägt für guten Journalismus“, sagte Bettina Kochheim. Eine aufmunternde Aussage, die aber so gar nicht zu manchen Berichten der BlogStars passen will, die man auf Travelbook.de findet.