In Doha hat die Zukunft schon begonnen

Doha – Four Seasons

Was für Dubai die Palme, ist für Doha die „Pearl“. Eine echte Perle soll die gigantische Agglomeration auf dem Meer für das Land der Perlenfischer werden, der Einstieg in eine blühende Zukunft. Das Emirat Qatar hat Großes vor. Die Hauptstadt Doha bereitet sich auf die 15. Asia Games im Dezember dieses Jahres vor – und der halbe Ort sieht aus wie ein riesiger Baukasten.Ein ehrgeiziges Bauvorhaben ist vor einem Jahr fertig geworden. Das
Four Seasons Doha, das vierte Fünf-Sterne-Hotel in der Stadt,
fasziniert durch seine Architektur, die maurische Stilelemente mit
modernem Wolkenkratzer-Design verbindet. Das Spa – ein Superlativ muss
sein – gilt als das Größte im Vorderen Orient. Wer hier zur Erholung
absteigt, kann sich fühlen wie in einem Palast, von guten Geistern
wunderbar umsorgt.
Annie aus Bali ist solch ein guter Geist. Ihre Hände umflattern das
Gesicht wie Schmetterlingsflügel, sie können aber auch fest zugreifen.
Warme Kompessen lassen die vom langen Flug aufgequollenen Füße
aufleben. Nach einem zarten Peeling fühlt sich die Haut an wie neu und
unter der Maske, die Annie so sorgfältig aufträgt wie Farbe auf ein
Gemälde, macht das übermüdete Gesicht einen Schönheitsschlaf.
Eingelullt von Annies Steicheleinheiten und esoterischen Klängen
schwebt man bald in himmlischen Sphären. Nach zwei Stunden im Spa ist
auch die Seele angekommen.
Angekommen in einem künstlichen Paradies mit prächtiger Badelandschaft,
wo das entsalzte Wasser sich in vier Pools ergießt, und die Gäste ihr
Sonnenbad zwischen Palmen nehmen. Wobei sie ganz vergessen, dass hier
jeder Grashalm dem Sand abgetrotzt werden muss. Die frischen Blumen
werden direkt von Holland eingeflogen und haben täglich eine andere
Farbe – derzeit grün. Grün wie die Hoffnung.
Das Four Seasons spiegelt den Zustand eines Landes, in dem nichts unmöglich scheint.
Wo noch vor ein paar Jahren Ödnis war, grünt heute der Green des
Doha-Golfclubs, weltweit gelobt für die perfekten Fairways. 1300
Palmen, 10 000 Bäume und 5000 Büsche wurden angepflanzt, Dutzende von
Kakteen aus Arizona eingeflogen, acht künstliche Seen angelegt. Zu Eis
gefroren ist das kostbare Nass im Winter-Wunderland. Schlittschuhlaufen
in der Wüste – kein Problem. Das Geld fließt wie das Öl sprudelt.
In Qatar ist ein Liter Wasser teurer als ein Liter Benzin und Gas ist das Schmiermittel für die Zukunft des Wüstenstaats.
1971 wurde das Land in die Unabhängigkeit entlassen. Die
Regierungsgeschäfte übernahm die königliche Familie, die im 18.
Jahrhundert aus Saudi-Arabien auf die Halbinsel gekommen war.
Die konstitutionelle Monarchie will jetzt auch Demokratie wagen und
hat im Juni letzten Jahres eine Reform eingeleitet, die Gleichheit vor
dem Gesetz ebenso beinhaltet wie das Verbot von Folter, Presse- und
Informationsfreiheit ebenso wie Religionsfreiheit. Noch vor 25 Jahren
mussten die Qataris ihr Wasser in Krügen holen und ihr Geld als
Perlenfischer verdienen. Heute sind die Wüstesöhne so reich, dass sie
für ihren Lebensunterhalt nicht arbeiten müssen. Das überlassen sie
den Ausländern, die sie aus aller Herren Länder holen. Von den 700 500
Einwohnern des Landes haben 70 Prozent einen ausländischen Pass.
Derzeit werkeln die meisten auf dem Bau. Denn gebaut wird überall.
Selbst der Souk wird aufgehübscht. In den Asia Games sieht Qatar eine
Chance, sich weltweit zur Schau zu stellen. Für die 10 000 Athleten
entsteht ein ganzer Stadtteil, der später zum Hamad Medical City
Complex umgewandelt wird. In diesem Jahr soll Doha auch eine eigene
medizinische Fakultät bekommen. Das Stadion für 50 000 Zuschauer wirkt
auf den ersten Blick wie eine gigantische Achterbahn. Die Schwindel
erregenden Stützen sind begehbar. Ganz in der Nähe macht sich ein
riesiges Shopping-Center breit, ein überdimensionierter Einkaufswagen
wirbt um Kunden- Pizza Hut und Burger King sind auch schon da, aber
auch viele internationale Restaurants.
Sheik Hamad bin Khalifa al-Thani regiert das Land mit strenger Hand und
visionärem Eifer. In Doha will man sich von Dubai nichts vormachen
lassen. In einem eigenen Förderzentrum werden kleine Athleten
herangezogen, die spätestens in zehn Jahren dafür sorgen sollen, dass
Qatar im Medaillenspiegel ganz vorne mitmischt. Renommierte
Universitäten werden ins Land geholt und ein neuer Flughafen entsteht,
der spätestens 2015 50 Millionen Passagiere bewältigen und Qatar als
internationalen Hub etablieren soll. Dass er ganz auf den Airbus 389
eingestellt sein wird, ist fast schon selbstverständlich. Platzhirsch
Qatar Airways hat zwölf der Riesenflieger geordert.
Bei all der Moderne aber hat sich das Mutterland des aufgeklärten
Fernsehsenders Al Jazeera noch viel orientalischen Zauber
bewahrt. Das Al Koot Fort im Herzen der Stadt aus dem Jahr 1880
erinnert an die bewegte Geschichte der Halbinsel, die Dhaus im Hafen
werden immer noch handgefertigt wie zu Zeiten der Perlenfischer. Und
wie in alten Zeiten pflegen die Scheichs ihre kostspieligen Hobbys: die
Falkenjagd, Kamel- und Pferdrennen. So ein Falke kann bis zu 30 000
Dollar kosten und benötigt einen eigenen Pass für den Grenzübertritt.
Natürlich gibt es für die teuren Tierchen ein eigenes Hospital. Noch
wertvoller sind die Pferde. Die schönsten Araber züchtet der Emir
selbst. Im eigenen Swimmingpool finden die edlen Rösser Abkülung.
Höchste Aufmerksamkeit gilt auch der Oryx-Antilope, die einst die fast
menschenleere Halbinsel durchstreifte. Das Nationaltier Qatars, Symbol
der nationalen Airline und (als Diney-Version) Maskottchen der Asia
Games, ist vom Aussterben bedroht. Jetzt sollen Aufzuchtanstalten den
Bestand der grazilen Antilope für die Zukunft sichern.

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