Warum Claus-Peter Lumpp, Chef im Schwarzwälder Restaurant Bareiss, kein Solist sein will, erklärt ein üppiger Bildband, garniert mit den Rezepten des Zweistern-Kochs.
Claus-Peter Lumpp ist anders als andere Starköche. Der Chef des Restaurants Bareiss in Baiersbronn, immerhin mit zwei Michelin-Sternen geadelt, ist ein bescheidener Mann, der sein Licht gern unter den Scheffel stellt. Dass er jetzt als Autor eines Buches genannt wird, welches das Hotel Bareiss als Gesamtkunstwerk feiert, hat der 40-Jährige seinen exquisiten Rezepten zu verdanken, die das Herz und die Seele dieses üppigen Bandes bilden.
Denn dieser Prachtband aus dem belgischen Stichting Verlag will nicht "noch’n Kochbuch" sein, so Co-Autor Hans Peter O. Breuer, sondern vielmehr große gastronomische Oper zelebrieren. Für den schreibenden Genussmenschen Breuer haben große Oper und Grande Cuisine etwas gemeinsam: "Sie entstehen nur, wenn ein Team zusammenarbeitet." Und nur weil das Hotel Bareiss die passende Bühne für Lumpps Inszenierungen biete, könnten sie den Gast verführen wie eine große Oper und für ein paar Stunden aus dem grauen Alltag entrücken.
Das Konzept schmeckt auch Claus-Peter Lumpp: "Ich war nie der Solist und will’s auch nicht sein", sagt er bescheiden. "Auch der beste Dirigent braucht ein Orchester." In dem Buch, so erklärt er, sollte rüberkommen, "dass wir alle Teamplayer sind". Das Restaurant Bareiss gehöre zum Hotel Bareiss wie das Hotel zum Restaurant: "Das eine ist ohne das andere nicht denkbar."
Folglich widmet sich der Bildband erst einmal dem Ausnahmehotel im Schwarzwald und dem Hotelier, ohne den es nicht denkbar wäre: Hermann Bareiss, für Breuer ein Doyen der Gastlichkeit. Anders als Lumpp ist Bareiss kein bescheidener Mensch. Der Sohn einer couragierten Kriegerwitwe, die als Gastwirtin den Grundstein für das Hotel Bareiss legte, weiß sehr wohl, was er leistet, und er weiß um seine Bedeutung für die Welt der deutschen Hotellerie. Aber Hermann Bareiss ist ein großzügiger Mensch, der andere gern teilhaben lässt an seinem Erfolg. Sein Licht leuchtet weithin und viele junge, ehrgeizige Hotelliers rühmen sich, bei Bareiss in die Schule gegangen zu sein.
Auch Lumpp ist ein Bareiss-Schüler. Natürlich hat der Küchenchef auch den Größen seines Gewerbes in die Töpfe geguckt: Witzigmann und Winkler, Petermann, Lafer und Ducasse. Der französische Starkoch bescheinigt dem Mann aus Reutlingen im Klappentext des Buches, Lumpp habe mediterranes Klima ins Herz des Schwarzwalds gebracht und eine neue "Partitur für die Bareiss-Küche geschrieben". Es ist die große französische Küche, für die sich der wohlbeleibte Schwabe nicht nur kochend begeistert. Sie feiert er in jedem Akt seiner großen Gourmet-Oper von der Ouvertüre der kleinen "Gaumenkitzler" über die fünf Gänge eines fein komponierten Menüs bis zum unwiderstehlichen süßen Finale. Denn anders als die große Oper endet Lumpps gastronomische Oper nicht tragisch, sondern im siebten Himmel der Genüsse.
Einige der besten Rezepte breitet Claus-Peter Lumpp für die Leser aus und der belgische Fotograf Bart Van Leuwen hat sie so gekonnt in Szene gesetzt, dass man am liebsten zugreifen würde. Doch zum Nachkochen eignen sich die wenigsten dieser Appetit anregenden Kompositionen.
Die Rezepte seien eher Inspiration als Kochschule, sagt Lumpp: "Das Buch soll Appetit machen aufs Restaurant, aufs Hotel, auf die Region." Das tut es in fast gefährlichem Ausmaß. Was, wenn sich in nächster Zukunft ganze Scharen von Feinschmeckern auf den Weg in den Schwarzwald machen, um Lumpp im Original zu genießen? Das Bareiss wird auch damit fertig werden. Denn in dieser Oase der Gastlichkeit arbeiten tatsächlich alle Hand in Hand. Übrigens: In dem Bildband bekommen auch die Helfer hinter den Kulissen ein Gesicht und das ist ganz im Sinn von Teamplayer Lumpp.
21Feb. 2005