Erfolgsautor Marc Levy: Warum soll ein Vater keine gute Mutter sein können?

Der Mann ist ein Phänomen: Mit Anfang 20 schon Unternehmer und nach einem Absturz erneuter Aufstieg in die Liga der Besserverdiener, Bestsellerautor, alleinerziehender Vater eines 17-jährigen Sohnes, begeisterter Koch. Was immer Marc Levy anpackt, scheint Erfolg zu haben. Seit fünf Jahren schreibt der gutaussehende 46-jährige Franzose Romane und jedes Mal ist er mit großem Abstand der meistverkaufte französische Autor. Doch die Levy-Gemeinde wird immer internationaler: in Vietnam und Korea kann man Levys Liebesgeschichten lesen, in der Türkei, in Thailand und in den USA, in England und natürlich auch in Deutschland. Sein neuester Roman „Wenn wir zusammen sind“ drängte sich schon in der ersten Woche in die Spiegel-Bestsellerliste. Es handelt von zwei alleinerziehenden Vätern Antoine und Mathias, die eine neue Art des Zusammenlebens proben. In Levys Haus in South Kensington stehen die PCs von Vater und Sohn dicht nebeneinander und in der Küche hängt ein großes Porträt des kleinen Louis. Wir sprachen mit dem Vater Marc Levy in London.

Frage: Wie lange sind Sie denn schon allein erziehender Vater?
Levy. Louis war 18 Monate alt, als meine Frau und ich uns scheiden ließen. Aber wir sind immer gute Freunde geblieben. Wir haben zwar keine erfolgreiche Ehe geführt, aber eine erfolgreiche Trennung hinter uns gebracht. Das Abenteuer Elternschaft jedenfalls wollten wir gemeinsam erleben. Man kann sich trennen und trotzdem gemeinsam ein Kind aufziehen. Das taten wir.
Frage: Wie haben Sie das gemanagt?
Levy: Solange Louis noch sehr jung war, lebte er mit seiner Mutter zusammen und ich hatte ihn an den Wochenenden. Wir wohnten allerdings so nahe beieinander, dass jeder den Kleinen sehen konnte, wann immer er wollte. Unsere Türen waren immer offen.
Frage: Und wie lang ging das gut?
Levy : Ziemlich lang. Aber als Louis sieben war, wollte ich einfach mehr von ihm haben. Zuerst haben wir wöchentlich gewechselt, dann alle zwei Wochen. Und natürlich immer mit offenen Türen.
Frage: Und was sagte Louis zu dem ganzen Hin und Her?
Levy: Er war damit sehr glücklich. Louis realisierte, dass es bei seinen Eltern keinen Ehekrieg gab, dass wir als beste Freunde geheiratet haben und nach der Trennung auch beste Freunde geblieben sind.
Frage: Aber dann sind Sie nach London gegangen – mit Louis?
Levy: Ja, da war mein Sohn zehn Jahre alt und ich habe seiner Mutter klar gemacht, wie gut es für ihn wäre, zweisprachig aufzuwachsen. Sie fand das auch und kam mit nach London. Und wir teilten uns wieder die Erziehung: zwei Wochen ich, zwei Wochen sie. Vor drei Jahren zog ich dann nach Paris zurück, meine Frau tat es mir nach. Aber Louis wollte zurück nach London. Er hat sein Leben hier und er braucht uns auch nicht mehr so sehr. Mit 1.90 Meter ist er ein Mann, kein Kind mehr.
Frage: Sie haben sich trotzdem auch für London entschieden?
Levy: Ja, Louis’ Mutter blieb in Paris. Louis lebt jetzt bei mir und verbringt im Monat eine Woche mit seiner Mutter.
Frage: Das klingt alles wunderbar, fast wie im Roman. Gab es denn keine kritischen Zeiten als Vater?
Levy (lacht): Natürlich gab es die auch – aber nie mit der Mutter von Louis. Das Leben war anfangs hart, nicht gerade der Himmel. Ich war allein und arbeitete viel. Und ein Kind aufzuziehen ist nicht einfach, das kann auch bei Paaren ziemlich erschöpfend sein. Aber ich mache es mit Liebe.
Frage: Und jetzt muss Louis diese Liebe mit der neuen Frau in Ihrem Leben teilen?
Levy: Was heißt teilen? Ich liebe doch meinen Sohn nicht weniger, nur weil ich Pauline liebe. Liebe lässt sich ausdehnen. Und Louis mag Pauline.
Frage: Es war also nicht kompliziert für Sie als alleinerziehender Vater, eine neue Frau zu finden?
Levy: Zumindest hat mir mein Sohn keine Steine in den Weg geworfen. Aber es war trotzdem nicht einfach, eine Frau zu finden, die großzügig genug war, ihr Herz für ein Kind zu öffnen, das nicht das Ihre ist. Pauline ist so eine Frau.
Frage: Hat sie denn Ähnlichkeit mit einer Ihrer Frauenfiguren in den Romanen?
Levy (denkt nach): Audrey (die Freundin von Mathias) hat etwas von ihr und wenn ich es mir so recht überlege, dann ist Pauline wie viele meiner Frauenfiguren. Sie ist humorvoll, kann ungeheuer witzig sein. Das liebe ich ganz besonders an ihr.
Frage: In dem Roman „Wenn wir zusammen sind“ ziehen die beiden Freunde Antoine und Mathias schließlich zusammen und versuchen, ihre Kinder gemeinsam zu erziehen – bis Audrey dazwischen funkt. Könnten Sie sich auch für sich so ein Lebensmodell vorstellen?
Levy: Zumindest zeitweise, ja warum nicht. Es ist doch immer noch besser, mit dem besten Freund das Leben zu teilen als einsam zu sein. Louis und ich sind früher oft mit Philippe, meinem besten Freund, und dessen Tochter verreist. Die Kinder waren dann immer beste Freunde und wir Väter haben uns oft benommen wie ein altes Ehepaar. Dabei kam mir übrigens auch die Idee zum Roman.
Frage: Im Zusammenleben von Mathias und Antoine sind die Rollen genau verteilt. Mathias ist eher egoistisch, manchmal auch rücksichtslos wie viele Männer. Antoine wirkt verantwortungsvoller, er scheint derjenige zu sein, der alles zusammenhält wie es normalerweise von Frauen erwartet wird. Braucht Partnerschaft Rollenverteilung?
Levy: Die gibt es doch immer, auch wenn es nicht explizit geregelt wird. Man verteilt die Aufgaben so, dass das Zusammenleben erleichtert wird.
Frage: Sie kochen gerne. Wie sehen Sie denn Ihre eigene Rolle?
Levy: Ich mach’ auch gerne den Haushalt und sehe mich trotzdem nicht in einer Frauenrolle. Es gibt doch genügend Paare, bei denen die Rollen nicht mehr traditionell verteilt sind. Paare, bei denen die Männer den Haushalt schmeißen und die Frauen Karriere machen. Wichtig ist doch, dass bei kleinen Kindern einer der beiden für das Kind da ist.
Frage:
Bei uns gibt es derzeit eine heftige Diskussion um Kinderkrippen. Der Augsburger Bischof hat sich eingemischt und dafür plädiert, dass die Mütter bei ihren kleinen Kindern bleiben sollten…
Levy: Das könnte natürlich genauso gut der Vater sein. Warum sollte ein Vater keine gute Mutter sein können? Wenn Paare es sich leisten können, meine ich, sollte auf alle Fälle einer der beiden sich um das Kind kümmern. Auch wenn er oder sie deshalb auf einen Karrieresprung verzichten müsste. Vielleicht gibt es in Zukunft auch ganz neue Formen der Arbeitsteilung, die Eltern die Entscheidung erleichtern. Ich weiß natürlich auch, dass manche Familien auf zwei Gehälter angewiesen sind. Sie brauchen die Krippenplätze notwendig.
Frage: Louis ist jetzt fast erwachsen und entwächst täglich mehr Ihrer Obhut. Fällt es Ihnen schwer loszulassen?
Levy: Natürlich, Louis ist immer noch mein Sohn. Wenn er ausgeht, dann habe ich mehr Angst als wenn ich ein neues Buch herausbringe. Und glauben Sie mir, bei jedem neuen Roman zittere ich vor Angst, wie er wohl ankommen wird.

Info: Marc Levy, Wenn wir zusammen sind, Knaur, 347 S., 16,90 Euro

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