Die ITB wurde abgesagt. Das ist einmalig in der Geschichte der weltgrößten Reisemesse. Die Gründe liegen auf der Hand. Das Corona Virus breitet sich schneller aus als bisher gedacht. Für die Messe wurde das Risiko zu groß, bzw. die Auflagen wurden immer strenger, bis sie nicht mehr umsetzbar waren. Ob und wann die ITB wiederholt wird, ist unklar. So sah es bis zur Entscheidung aus: Bisher feierte sich die Touristik als Sonnenscheinbranche alljährlich auf der Internationalen Tourismusbörse in Berlin. Und sie ließ sich auch nicht von schlimmen Katastrophen wie dem Nuklearinferno von Fukushima beeindrucken. Eine kurze Delle – und dann ging es auch in Japan wieder aufwärts.
Corona von China bis Italien
Jetzt also Corona und die Lungenkrankheit Covid-19. Gesundheitsminister Jens Spahn warnt vor einer Epidemie auch in Deutschland. In China sind ganze Regionen abgeriegelt, in Italien immerhin einige Kommunen. Für ganz Asien haben die Veranstalter Angebote zu kostenlosen Umbuchungen und Rücktritten gemacht. Die Chinesen werden wohl nicht auf der ITB vertreten sein, weil sie kaum ein Flugzeug finden werden, das sie nach Berlin bringt.
Hygienevorschriften und Meldeblatt
Und trotzdem verkündet die Messe unverdrossen ihre heile Reisewelt. Ja natürlich, es wird über Hygienevorschriften informiert. Und für Aussteller – inzwischen auch für Fachbesucher – gibt es eine Art Meldeschein, in dem sie erklären müssen, ob sie in den vergangenen 14 Tagen in bestimmten Städten und Regionen Chinas, Italiens, Südkoreas und dem Iran waren. Aber wie sehen die Kontrollen bei dem Massenandrang aus? Kein Wunder, dass sich die Stimmen mehren, die eine Absage der Messe fordern.
Heuschreckenplage mit drohender Hungersnot
Dabei ist das Virus keineswegs das einzige Problem, das den Touristikern Kopfzerbrechen bereiten dürfte. In Ostafrika wütet eine Heuschreckenplage biblischen Ausmaßes. Die fingergroße Wüstenheuschrecke frisst alles kahl, was grün ist. Unterwegs ist sie in Schwärmen von bis zu 50 Millionen Tieren. Und das, was so ein Schwarm an einem Tag verschlingt, könnte 35 000 Menschen satt machen. Millionen von Menschen in Ländern wie Kenia, Somalia oder Uganda sind akut von einer Hungersnot bedroht. Wer denkt da noch an Reisen?
Koalas haben Lebensräume verloren
Und dann wären da auch noch die verheerenden Buschbrände in Australien, die zwar zum größten Teil unter Kontrolle sind aber massive Folgen für die Tierwelt haben. Millionen von Tieren wurden durch die Feuer getötet, und Forscher fürchten, dass in der Folge die Koalas vom Aussterben bedroht sind, weil sie ihren Lebensraum verloren haben. Bei den Bränden sind seit September mehr als zwölf Millionen Hektar Land verwüstet worden, etwa ein Drittel der Fläche Deutschlands. Vor allem Kangaroo Island, das stolz war auf eine große Koala-Population, hat es hart getroffen. Bilder von halb verbrannten Kanguruhs und verletzten Koalas gingen um die Welt.
Ist Flugscham ein Mythos?
Allerdings vergessen Touristen schnell, das zeigt die Erfahrung. Wobei die Sensibilität der Reisenden in Zeiten des Klimawandels und seit Fridays for Future womöglich größer geworden ist. Auch dieses Thema wird die Messe überschatten. „Flugscham ist ein Mythos“, sagte zwar Ulrich Reinhardt von der Stiftung für Zukunftsfragen. Seine Tourismusanalyse 2020 zeige, dass den Deutschen die Reiselust nicht vergeht. Frühes Buchen und Fernreisen seien weiter im Trend. „Urlaub bleibt die populärste Form des Glücks“, so der Marktforscher. Darauf setzt auch die ITB – trotz aller schlechten Vorzeichen.
Die Absage kam nicht ganz unerwartet
Die Internationale Tourismusbörse in Berlin war mit 10 000 ausstellenden Organisationen und Unternehmen aus über 180 Ländern auch in diesem Jahr wieder ausgebucht. „Unsere voll belegten Messehallen zeigen deutlich: Auch in Zeiten, die von Flugscham, Overtourism, Klimawandel und dem Corona-Virus gekennzeichnet sind, bleibt die ITB Berlin der Mittelpunkt der Reisebranche mit internationaler Strahlkraft“, verkündete David Ruetz, Head of ITB Berlin noch bis vor kurzem. Die globale Reiseindustrie setze auf eine starke Präsenz und den persönlichen Austausch. Und: „Die aktuellen Auswirkungen durch das Corona-Virus sind nach momentanem Stand noch gering.“
Doch dann überschlugen sich die Ereignisse. Jetzt ist die Messe abgesagt. Der Aufsichtsratsvorsitzende der Messe Berlin Wolf-Dieter Wolf erklärte: „In ihrer mittlerweile 54-jährigen Geschichte haben die ITB Berlin und die Messe Berlin noch keine vergleichbare Situation erlebt. Wir danken allen Ausstellern und Partnern auf der ganzen Welt, die der ITB Berlin in den vergangenen Tagen und Wochen beigestanden haben und freuen uns auf eine weiterhin vertrauensvolle Zusammenarbeit mit unseren Partnern im Markt.“
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