Ohne Pressereisen geht im Reisejournalismus gar nichts. Auch wenn diese Art der Recherche nicht ganz unumstritten ist, weil Pressereisen natürlich von den Interessen der Einladenden geprägt sind, ist sie doch für die meisten Journalisten die einzige Möglichkeit, eine Reisegeschichte zu schreiben. Die Touristische Runde München diskutierte mit Journalisten, PR-Agenturen und der Allgäu GmbH über Für und Wider und mögliche Verbesserungen des Angebots.
Was die Journalisten sich wünschen
* Mehr Zeit und Gelegenheit für Fotos
* Mehr Flexibilität beim Programm und mehr Zeit für eigene Recherchen.
* Insider-Tipps vor Ort
* Keine ausgedehnten Mittagsmahle
* Keine 08/15 Guides, sondern Menschen, die Geschichten zu erzählen haben. Merke: Journalisten sind keine Touristen. Sie wollen Fakten und Anekdoten, die nicht im Reiseführer stehen statt heruntergebeteter Jahreszahlen.
* Möglichst keine komplizierten Flugverbindungen, die später auch nicht als Tipp im Info-Kasten taugen.
* Schon bei der Einladung ein verbindliches Programm, damit man sich auf die Recherche vorbereiten kann.
Was die Einladenden bieten
* Für die Allgäu GmbH ist eine flexible Ausgestaltung der Reise selbstverständlich. Die Journalisten können auch nach eigenen Interessen und Schwerpunkten recherchieren.
* Bei Hotel-Einladungen versuchen die Agenturen, interessante Aspekte der Destination mit in das Programm einzubinden. Wenn möglich, gehen sie auch auf Sonderwünsche ein, die frühzeitig vorgebracht werden (Claudia Dressler, PRco).
* Weil die Zusammenarbeit mit den Airlines immer schwieriger wird, sind Upgrades nur im Luxus-Segment möglich. Oft muss bei der Anreise auf eine nicht ganz ideale Flugzeit oder auch -Verbindung zurückgegriffen werden.
Was die Einladenden erwarten
* Die Nennung der Airline und des Hotels zumindest im Info-Kasten
* Bei Absagen der Redaktion eine adäquate Vertretung.
* Keine überhöhten Ansprüche wie Champagner bei Tisch, die das Budget der Agentur überfordern.
* Die Allgäu GmbH legt Wert darauf, dass Leitprodukte wie Wandertrilogie oder Allgäuer Radrunde auch so genannt werden. Als Weitwanderwegenetz und Radfernweg seien sie auch so beschildert. Auch die Orte, die bei Pressereisen als Zahlende mit im Boot sind, würden sich gerne im Text wiederfinden. Dafür zahlt die GmbH die Hotels, „um den Druck für die Journalisten rauszunehmen“ (Simone Zehnpfennig).
Was die Journalisten kritisieren
* Für Hans Werner Rodrian von der Journalistenpartnerschaft srt ist der Infokasten „kein Beute-Anrecht der PR“.
* Bei vielen Reisen hat man das Gefühl, dass der einladenden Agentur die Kunden im Genick säßen und fühlt sich unter Druck. Die Agenturen sollen die überzogenen Erwartungen dämpfen und ihren Kunden vermitteln, dass man Journalisten nicht vorschreiben kann, was und wie viel sie schreiben.
* Nicht alle Journalisten sind multimedial vernetzt und können alle Kanäle bedienen. Auch das sollten die Einladenden wissen.
Was die Einladenden kritisieren
* Einige Journalisten haben keine Ahnung von den Gegebenheiten vor Ort, weil sie sich nicht vorbereitet haben und dann oft Wünsche äußern, die sich nicht mehr verwirklichen lassen.
* Wie bei den Kunden gibt es auch bei den Journalisten eine überzogene Erwartungshaltung. Mancher Anspruchsakrobatik kann man einfach nicht gerecht werden.
* Eine Pressereise sollte nicht für Recherchen missbraucht werden, die den Erwartungen der Einladenden zuwiderlaufen.
In der Gruppe oder individuell?
Neben den Gruppenreisen gibt es auch individuelle Einladungen, oft mit Partner, was die einen gut finden, andere aber eher kritisch sehen. Da fehle die „Ein-Nordung durch die Gruppe“ bemängelt etwa Hans Werner Rodrian. „Bei Individualreisen lässt so mancher Journalist jede Scham sausen.“
Dem widersprechen Agenturen und die Allgäu GmbH, die gerne Individualreisen für Journalisten ausschreiben, auch weil Gruppen-Pressereisen immer weniger gefragt sind und Einzelreisende oft für die Destination/das Hotel leichter zu handhaben sind. Bei Individualreisen könne der Eingeladene Termin und Inhalt der Reise selbst bestimmen, was immer mehr Journalisten bevorzugen. Auch die Sache mit der Begleitperson sehen die Einladenden nicht so streng. Ihre Erfahrung: Wenn Journalisten unter urlaubsähnlichen Bedingungen unterwegs sind, entstehen oft ganz andere Geschichten als in der Gruppe.