Die Fugger und Welser in einem Museum

Schon im Eingangsbereich überfällt jeden Harry-Potter-Leser ein Déja-Vue. Schuld daran ist das lebendige Buch, das hier ausliegt. Da schreiben sich die Texte wie von Geisterhand selbst, entstehen die Bilder vor den Augen der Betrachter, beleben sich die historischen Karten aus dem Zeitalter der Fugger und Welser, das zugleich Augsburgs Goldene Zeit war. Zwischen 1490 und 1560 bestimmten die Augsburger Handelsfamilien nicht nur den globalen Handel sondern auch die Weltpolitik. Davon erzählt dieses neuartige Museum, das Ende September seine Tore öffnete.
Götz Beck, Chef der Regio Augsburg, die das Museum betreibt, ist stolz auf die „Meisterleistung moderner Technik im denkmalgeschützten Wieselhaus“. Mehrere Kilometer Kabel wurden im ganzen Haus verlegt, um die Exponate zu beleben. Sie sorgen dafür, dass man an Hörstationen der Geschichte lauschen kann, dass die Info-Tafeln von innen heraus leuchten und so gut lesbar sind, dass man in der Schreibstube (nach Originalvorlagen) Jakob Fugger und Bartholomäus Welser höchstpersönlich begegnen kann und in der Bildergalerie sprechende und handelnde Porträts erlebt – Hogwarts lässt grüßen. Die Fantasie der Besucher beflügeln zudem ein täuschend echtes Schiffsdeck und eine Bergwerk-Inszenierung im Keller des Renaissance-Gebäudes. Kinder werden von der cleveren Comic-Figur Konrad durch die Geschichte geführt.
Erzählt wird aus einer Zeit, die geprägt war von der Renaissance und der Reformation. Einer Zeit des Aufbruchs, der Weltentdeckung und –Eroberung. Welchen Anteil die Augsburger Kaufmannsfamilien daran hatten, erfahren die Besucher ebenso wie die Tatsache, dass die Welser für kurze Zeit eine ganze Provinz in Venezuela zur Entwicklung bekamen oder auch dass schon 1505 von den Fuggern finanzierte Schiffe in Goa landeten. Die Fugger und Welser, das wird bei dem Rundgang klar, entwickelten weltweite Unternehmungsstrukturen nicht anders als heutige global player. Sie finanzierten Päpste und Kaiser und machten Augsburg zum Zentrum ihrer Konzerne.
Doch der Blick des Museums richtet sich nicht nur auf Reichtum und Erfolg, sondern auch auf deren Kehrseite, und so wird auch nicht verschwiegen, dass der Reichtum der Handelsfamilien auch mit Kinderarbeit erkauft wurde und in der Neuen Welt mit der Versklavung der indigenen Bevölkerung. Das Thema hatte im Vorfeld zu größeren Auseinandersetzungen hinter den Kulissen und zur Ablösung der ursprünglichen Kuratorinnen geführt.
Bei der Eröffnung scheint der Streit vergessen ebenso wie die lange Durststrecke bis hin zur Verwirklichung. 15 Jahre hatte Götz Beck darauf gewartet, die Geschichte der Fugger und Welser in die Stadt zu holen. 630 000 Euro kostete die Installation des Museums in dem denkmalgeschützten Wieselhaus, das für 3,2 Millionen Euro restauriert werden musste. Dank großzügiger Sponsoren ist jetzt alles fertig, auch der Aufzug, der dafür sorgt, dass das ganze Haus behindertengerecht ist.

Info:
Adresse: Fugger- und Welser-Erlebnismuseum, Außeres Pfaffengäßchen 23, 86152 Augsburg, http://www.fugger-und-welser-museum.de/
Öffnungszeiten: Die bis So und an Feiertagen von 10 bis 17 Uhr
Eintritt: 5 Euro für Erwachsene, Familienkarten 10 Euro, Kinder unter sieben Jahren sind frei. Das Kombiticket für Museum Fuggerei und Loggia in den Fuggerhäusern kostet 8 Euro.

 

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