Dem Himmel ganz nah: Über alle Berge – Geschichten vom Wandern

Sie sind alle gerne gewandert: Hermann Hesse und Max Frisch, Carl Zuckmayer und Franz Hohler. Auch Johann Wolfgang von Goethe darf in dieser Sammlung von Wander-Geschichten nicht fehlen, hat er es doch bis nach Italien geschafft. Und Mark Twain, der sich bei seiner Rigibesteigung über das Gejodel in den Bergen echauffiert, das beim ersten Mal „hübsch und munter anzuhören“ war, zum wiederholten Male aber nur lästig erschien.
Zwischen himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt schwanken die
Geschichten und immer sind die Berge Sehnsuchtsorte, weltentrückt, von
einer ungezähmten Schönheit, an der so mancher verzweifelt. Nicht nur
der Bergsteiger, der von zwei Begleitern nur einen vor dem Erfrieren
retten konnte. Auch Hermann Hesse, den nach jedem Abstieg das Verlangen
plagt, gleich wieder aufzusteigen. Oder der Alpinist, der gerade zurück
von einer „Wanderung am Rande des Himmels, gelöst von aller Tiefe“
erkennen muss, dass er seine Liebe verspielt hat, weil er sich für den
Berg entschieden hat.
Es geht dramatisch zu in manchen der Geschichten und das liegt im Wesen
der Sache, wie Franz Hohler anmerkt: „Mit dem Berg ist doch das Drama
verbunden, Rettungen in letzter Minute, die hauchdünne Trennung zwischen
Glück und Unglück.“ Nichts für den Schweizer Autor: „Wenn ich zu Berg
gehe, wünsche ich mir nichts inniger , als dass das Drama ausbliebt, ich
wünsche, dass mir der Berg freundlich gesinnt ist, dass der Gletscher
nicht gefräßig ist, dass der Himmel für mich und meine Gefährten sein
bestes Blau bereithält, dass der Permafrost die Felsblöcke über unseren
Köpfen nicht lös lässt und wir einen schönen Tag in der Höhe erleben.“
Damit spricht er den meisten Bergsteigern aus der Seele. Wer will denn
schon so enden wie der ungeübte Bergsteiger in Ödon von Horwarths
Bergmärchen, kopfabwärts im Berg hängend mit gebrochenem Rückgrat?
Selbst wenn, wie der kletternde Schriftsteller andeutet, die Nächte den
Abgestürzten gehören.
Da hält man’s doch lieber mit dem Herrn von
Goethe, der nach einer Wanderung den leiblichen Genüssen entgegen
fiebert oder mit Max Frisch, den beim Wandern in den Bergen eine stille
Zufriedenheit überkommt. Wie auch immer: Nach 212 Seiten über die Berge würde man am
liebsten den Rucksack packen und sich auf den Weg machen – über alle
Berge. 
Info: Emil Zopfi Hrsg.: Über alle Berge – Geschichten vom Wandern, Unionsverlag, 212 S.,12,90 Euro, ISBN 978-3293004245

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