Boom bei Bahnreisen

Die Zukunft des
Bahntourismus sieht alt aus ­ im wahrsten Sinn des Wortes. Best Ager
und 50 plus sind die Stammkunden bei Bahnreisen. Ob Orient Express,
Transsibirische Eisenbahn oder Ameropa-Reisen ­ die Nachfrage kommt
vorwiegend von den Älteren, die Zeit und Geld haben. Bei der wachsenden
Überalterung der Gesellschaft ist das freilich eher eine Chance denn
ein Nachteil. Die Experten bei der Touristischen Runde in München
jedenfalls sehen auch in Zukunft ein „Riesenpotenzial” für Bahnreisen.


Von
der Krise des Pauschaltourismus, die vor allem durch das schwächelnde
Familiensegment verstärkt wird, spüren die Bahnveranstalter kaum etwas.
Von traumhaften Zuwachsraten etwa spricht Helmut Muschalla,
Geschäftsführer von Orient-Express, wo der Schienen-Mythos Venice
Simplon-Orient-Express beheimatet ist. „An Bord sind die Gäste in einer
anderen Welt,” schwärmt Muschalla. In den Originalwaggons aus den 20r
und 30er Jahren werde die Reise selbst zum Ereignis ­ und das lassen
sich viele Menschen immer wieder viel Geld kosten. Doch der Preis von
2000 Euro pro Nacht schreckt auch Jüngere nicht. Muschalla:
„Luxus-Bahnreisen sind sexy. Immer mehr Honeymooner gönnen sich dieses
Erlebnis”. Nach 22 Jahren konnte Orient Express in diesem Jahr weltweit
das beste Ergebnis einfahren, allein im deutschen Raum betrug die
Steigerung 38 Prozent.
Ein Trend, den auch Thomas Büttner von
Lernidee Reisen bestätigen kann. Der Veranstalter, vor 20 Jahren von
einem Oberstudienrat mit einem Faible für Rußland gegründet, ist
Weltmarktführer für Reisen auf der Transibirischen Eisenbahn und bietet
„kalkulierbare Abenteuer”. Mit einem Reisepreis von 200 bis 300 ¤ pro
Tag sieht Büttner „Lernidee” nicht im Luxus- wohl aber im
First-Class-Segment angesiedelt. Vor fünf Jahren begann Lernidee damit,
ganze Züge zu chartern. Weil immer ein Arzt mit an Bord ist, sind für
Büttner die Zugreisen „perfekt für die ältere Generation”. Sonderzüge
gibt es inzwischen nicht nur in Zentralasien und China sondern auch in
Afrika. Und weil der Veranstalter seit vier Jahren zweistellig wächst,
hat er schon neue Strecken und Züge im Visier. Die alte „Bagdad-Bahn”
etwa, die als „Tausendundeine-Nacht-Express” von Istanbul nach Damaskus
fahren soll. Auch auf den Regierungszug von Saddam Hussein, der
„unversehrt herumsteht”, hat Lernidee schon ein Auge geworfen.
Für
Ameropa sind das gute Nachrichten. Denn der „Bahnreiseveranstalter
schlechthin”, so Geschäftsführer Martin Katz, verkauft auch die
Produkte von Orient Express und Lernidee. Die Bahntochter kann freilich
noch mehr. In 17 Katalogen verkauft sie Urlaub, bei dem die Anreise mit
der Bahn empfohlen wird und hat damit „ein einstelliges Plus”
erwirtschaftet. Geld verdient Ameropa auch mit „Aktionsware” für
Kurzentschlossene. 33 Prozent der Kunden buchen in den letzten zwei
Wochen vor der Abreise. Last Minute Bahnurlaub oder „Bahn & Bett”
sind Angebote für sie und mit Preisen ab 89 ¤ für Bahnfahrt und
Übernachtung im Drei- bis Fünfsterne-Hotel könne man locker mit
Billigfliegern mithalten, glaubt Katz. Zumal selbst bei diesen
Angeboten Kinder bis 14 im Zimmer der Eltern frei sind. Katz spricht
von einer Erfolgsstory aber auch von einer stabilen Nische: „Wir leben
vom Kurzurlaub,” sagt er und: „Wir sind der Veranstalter für die
Älteren”.
So genau kann Winfried Czilwa, Geschäftsführer von DB
AutoZug und DB NachtZug seine Klientel nicht einschätzen. „Wir haben
alles an Bord, vom Backpacker bis zum Städte- und Geschäftsreisenden,”
erläutert er. Zwar könne er keine Erlebnisreisen auf Schienen anbieten
(„Wir fahren mit dem Bett”), wohl aber mit dem neuen komfortablen
Schlafwagen ein kleines Bahn-Erlebnis. Und mit Tickets für 29 ¤ im
Sitzwagen könne man Billigfliegern durchaus Paroli bieten ­ auch wenn
die anfangs für Einbrüche bis zu 30 Prozent gesorgt hätten.
Mittlerweile verzeichne der NachtZug wieder einen Zuwachs von elf
Prozent und Czilwa sieht noch mehr Potenzial: „Wer einmal eine
Nachtreise gemacht hat, ist Wiederholungstäter.” Laut einer Umfrage
würden 95 Prozent der Gäste diese Art zu reisen weiter empfehlen.
Neues
gibt es beim DB AutoZug: Nach Bozen und Verona können jetzt auch Vans
Huckepack fahren. Und seit Juni sparen Reisende mit dem Last
Minute-Angebot bei DB AutoZug bares Geld. Wer ab sechs Tagen vor
Abfahrt bucht, bekommt 25 Prozent Ermäßigung, solange Plätze verfügbar
sind. Und wer online unter www.dbautozug.de bucht, zahlt 15 € weniger. Als preiswerte Alternative zu den Nachtfahrten empfiehlt Czilwa Tages-Autozüge.
Infos zu allen Angeboten im Reisebüro und im Internet unter www.orient-express.com, www.lernidee.de, www.ameropa.de und www.nachtzugreise.de

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