Auf Kriegsfuß mit dem Leben Martin Schäubles „Black Box Dschihad“

„Es war ein Abgleiten in den Terrorismus vor aller Augen, aber keiner hat’s gesehen“, so ein Lehrer des Sauerland-Dschihadisten Daniel beim Prozess.
Martin Schäuble will mit seinem Buch „Black Box Dschihad“ die Augen öffnen für das, was junge Männer bewegt, für den Islam in den „heiligen Krieg“ zu ziehen. Exemplarisch schildert er dazu zwei Lebensgeschichten, die des deutschen Islamisten Daniel, der in einer wohlhabenden aber gespaltenen Familie aufwächst, und die des Palästinenser Sa’ed, der sich ein Zimmer mit acht Geschwistern teilt und frühzeitig die Schule verlässt, um die Familie zu unterstützen.
Daniel wird als Mitglied der Sauerland-Gruppe beim Bombenbauen
festgenommen und sitzt im Gefängnis. Sa’ed sprengt sich in Jerusalem in
die Luft und nimmt sieben Menschen mit in den Tod – auch Kinder, zwölf
weitere Menschen werden schwer verletzt.
Was hat die beiden jungen Männer angetrieben, was verbindet sie?
Schäuble sucht in den Lebensgeschichten und im persönlichen Umfeld
Antwort auf diese Fragen.
Da ist Daniel, ein kluger, nachdenklicher Junge, der früh Fragen nach
dem Sinn des Lebens, nach der Gerechtigkeit in der Welt stellt und von
der Scheidung der Eltern tief getroffen wird. Richtungslos driftet er
zwischen Basketball, Gangsta-Rap und Marihuana-Konsum und bleibt doch
seinen Mitschülern als einer, der alles 150-prozentig macht, im
Gedächtnis „Ich habe ein schwarzes Herz“, sagte er einmal einem Kumpel.
Aber schwarz kann er nicht werden. Und so sucht er sich neue Freunde,
bricht alle Brücken hinter sich ab und erfindet sich neu als Konvertit
Dschihad, später Abdullah. Ein williges Opfer für fanatische Islamisten,
die sich auf Kriegsfuß mit der westlichen Welt befinden und den Terror
in die Mitte der Gesellschaft tragen wollen. Daniel, auch da einer der
alles 150-prozentig macht, wird zum glühenden Gläubigen, der auch seine
Familie bekehren will. Und er lässt sich in einem Ausbildungscamp zum
Dschihadisten ausbilden, zum Gotteskrieger.
Sa’eds Laufbahn verläuft ganz anders. Der ruhige, gutmütige Junge muss
anders als Daniel, der die Schule freiwillig hinschmeißt, auf die eigene
Ausbildung verzichten, um die Familie zu unterstützen. Er hat keine
Chancen auf Weiterentwicklung, könnte aber als Bäckergehilfe glücklich
werden. Doch die Intifada, der Aufstand der Palästinenser, und der
folgende Einmarsch der Israeli machen auch diese Hoffnung zunichte.
Sa’eds bester Freund wird erschossen – der Autor macht diese Erfahrung
als wichtigsten Anlass zur Radikalisierung des eher sanften Jungen aus.
„Du bist ein schwacher Junge“, hat einer seiner Brüder einmal zu ihm
gesagt. Sa’ed wollte mit seinem Selbstmordattentat wohl auch zeigen,
wozu „dieser schwache Junge“ fähig war. Und er erhoffte sich eine
Belohnung im Himmel, wie sie allen Märtyrern versprochen wird.
Was die beiden so unterschiedlichen jungen Männer verbindet, ist ihre
Außenseiter-Rolle und ihre verzweifelte Suche nach sinnstiftendem
Lebensinhalt. Sonst lässt sich die Situation eines
wohlstandsverwahrlosten Deutschen und eines ewig unterdrückten
Palästinenser
s wohl kaum vergleichen. Was letztendlich zur
Radikalisierung führte, darauf weiß auch der Autor keine Antwort.
Schäuble bewertet nicht, er verurteilt auch nicht. Sein Buch, das sich
teilweise spannend wie ein Krimi liest, will zum Nachdenken anregen.
Insofern ist es auch Erwachsenen zur Lektüre empfohlen.
Info: Martin Schäuble, Black Box Dschihad – Daniel und Sa’ed auf ihrem Weg ins Paradies, Hanser, 224 S.,14,90 Euro, ab 14

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