Auf den Osten abfahren?

Skiurlaub Noch sind die Alpen konkurrenzlos
Gerade mal ein Prozent der Ski aktiv-Mitglieder des Deutschen Skiverbands (DSV) fährt nach einer Umfrage auf den Osten ab – 57 Prozent zieht es nach Osterreich, 16 Prozent in die Schweiz und nach Italien, fünf Prozent nach Frankreich und drei Prozent bleiben im eigenen Land. Dennoch wäre „vermessen" zu sagen, „im Osten lägen nicht Märkte der Zukunft", sagt Michael Berner vom DSV bei einer Diskussion zum Thema „Ski east – Macht der wilde Osten den Alpen Konkurrenz?".

Man müsse diese neuen Skigebiete unterstützen, damit möglichst viele Menschen Skifahren lernen, betont Franz Schenner vom Netzwerk Winter in Salzburg. Denn die traditionellen Märkte seien eingebrochen: „Es gibt eine irrsinnige Abbruchquote." Skifahren heute sei einfach nicht mehr so „begehrlich" wie noch vor 50 Jahren. Im Osten herrsche dagegen Aufbruchstimmung: Im russischen Sotschi, wo 2014 die olympischen Winterspiele stattfinden werden, „wird für Hunderte von Millionen aufgerüstet, entsteht Standard auf höchstem Niveau". Schenner sieht Sotschi in Zukunft als Skigebiet der Extraklasse, wo auch „geldige Westeuropäer hinfahren müssen".
Dass Skifahren in Russland ein großes Thema ist, bestätigte auch Thomas Biersack, Chefredakteur des ADAC Ski Guide. 2006 sei der Ski Guide erstmals ins Kyrillische übersetzt worden. Auch wenn die Alpen im „Kern des Interesses" blieben, widmen sich doch inzwischen spezielle Kapitel auch den Skigebieten im Osten. „Aller Ehren wert" ist für Biersack das bulgarische Bansko. Dass der Angebotsstandard mit den Alpen mithalten könne, sei allerdings – noch – die Ausnahme. Oft ließen Pisten-Präparierung, Liftkapazität und HotelInfrastruktur zu wünschen übrig. Noch seien es vor allem Gäste aus den Anrainerstaaten und mit Billigfliegern anreisende Engländer, die in den Ost-Skigebieten die Pisten bevölkerten.
Ähnlich sieht das auch Michael Lehnus, Neckermann-Produktmanager Autoreisen Osteuropa und Berge und Schnee. Ins tschechische Riesengebirge, Schwerpunkt bei den östlichen Wintersport-Destinationen, reisten vor allem Urlauber aus den neuen Bundesländern. Sie schätzten die „sehr interessante Region", wo man für einen WochenSkipass gerade mal 80 Euro hinblättern müsse und auch mit günstigen Nebenkosten kalkulieren könne. Vor allem das „unschlagbare Preisniveau" führt Vladimir Fucik von Czech Tourism für die tschechischen Skigebiete ins Feld. Skipass, Unterkunft, Apres Ski: alles koste vielleicht ein Drittel der Ausgaben, mit denen man in den Alpen rechnen müsse.
Für Franz Schenner ist deshalb klar: „Wenn wir in Zukunft nur über die Preise Winterurlaub verkaufen müssen, haben wir schlechte Karten." Und Klaus Schanda, Leiter Marketing und Verkauf der Zugspitzbahn reklamiert „Gastgeber mit Sozialkompetenz", um die Stammgäste zu halten und neue Gäste zu begeistern. Schon jetzt kämen sieben Prozent der Skifahrer auf der Zugspitze aus den östlichen Ländern. Langfristig sollen es zehn Prozent sein, denn „wir merken schon, dass nationale Kunden in diese Länder abwandern." Da müsse man genauer hinsehen. Denn „der Skimarkt wird nicht größer. Der Kuchen wird nur anders verteilt."
Eher geringe Chancen bei deutschen Skifahrern räumt Lehnus Bulgarien oder Russland ein, weil man da fliegen müsse. Allerdings ist er sicher: „Da wird sich noch einiges tun, allerdings nicht auf dem deutschen Markt". Diese Skigebiete seien „für die Russen gemacht und die zahlen ein Vielfaches dessen, was der deutsche Gast auszugeben bereit ist." Auf längere Sicht werde Wintersport wohl wieder ein „Elite-Urlaub", meint Lehnus und gibt zu bedenken: „Der Deutsche ist ja nicht mehr der Nabel der touristischen Welt."

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