Wie Gott in Frankreich

Dieses Licht ist einfach anders, klarer, strahlender. Unter einer heißen Sonne holt sich die Cote d’Azur einen Farbenrausch in grün, gelb, blau und rot, als hätte die Landschaft zu viel Absinth getrunken. Kein Wunder, dass die Maler zuhauf auf diese Gegend abfuhren. Ob Picasso oder Matisse, Miro, Cezanne oder Renoir, sie alle liebten die Küste am azurblauen Meer und malten sie. Auf dem Chemin des Peintres, dem Weg der Maler, zwischen Menton und Cannes, können Reisende den Künstler-Spuren folgen.

Auch das Hinterland mit Grasse und Saint-Paul-de-Vence, dessen Kirche
Chagall
zu einem Bild inspiriert hat, sollte man nicht auslassen – und
schon gar nicht die Märkte mit ihrem Überfluss an prallem Obst und
farbsattem Gemüse, wo einem der würzige Duft von Tapenade in die Nase
steigt und die Socca, der dünne Kichererbsen-Fladen, der über offenem
Holzfeuer gebraten wird, aus der Hand am besten schmeckt. In den Geruch
von Olivenöl und Pilzen, von Thymian, Rosmarin und anderen Kräutern der
Provence mischt sich der Duft von Blumen, die hier in üppigen, bunten
Sträußen zum Verkauf angeboten werden.
Ja, die Märkte Frankreichs. Sie allein wären schon eine Reise wert.
Peter Mayle, der britische Autor, hat ganze Bücher darüber geschrieben.
Für ihn ist die Provence das Paradies schlechthin, weil er guten Wein
liebt – und gutes Essen. Und beides gibt’s in seiner Wahlheimat im
Überfluss. Es muss nicht immer Sterneküche sein, auch bodenständiges
Essen schmeckt im Land der Feinschmecker ob im Norden in der Bretagne
mit den schönen Natursteinhäusern, in denen Reisende ein romantisches
Zuhause auf Zeit finden, oder auch auf Korsika, wo Napoleon das Licht
der Welt erblickte und wo bis heute die Häfen malerisch, die Buchten
idyllisch und Gaumenfreuden rustikal sind.
Bodenständig ist die Küche auch in Frankreich selbst. Im
Languedoc-Rousillon
etwa, wo man auf den Spuren der Katharer reisen
kann, deren Blut den Boden um die Burgruinen von Queribus oder Las Tours
tränkte. Selbst in den kleinsten Dörfern gibt es ein gastliches
Restaurant, wo hungrige Gäste sich den Bauch mit Cassoulet, einem
mächtigen Eintopf aus weißen Bohnen und Entenfleisch (ihr genaues Rezept
hält jede Hausfrau unter Verschluss) vollschlagen und sich zum
Abschluss noch aus einer Riesenauswahl französischer Käsesorten bedienen
können. Dazu einen frischen Rose aus dem Minervois. So schön kann das
Leben sein.
Montsegur war die Hochburg der Katharer und ist heute eine der
Sehenswürdigkeiten der Midi-Pyrenees, der größten Region Frankreichs
zwischen Mittelmeer und Atlantik. Abwechslungsreich wie die ganze Region
sind auch die Sehenswürdigkeiten. Hier die Stätten der Erinnerung an
die blutigen Katharer-Kriege, dort die trutzige Wallfahrtskirche von
Rocamadour, die aus einem Kalksteinfelsen wächst. Oder auch ein
Wahrzeichen der modernen Ingenieurskunst wie das fast filigran wirkende
Viadukt von Millau mit Brückenpfeilern höher als der Tour Eiffel. Wer
will, kann sich in dieser Landschaft satt sehen – an Bergen und Tälern,
Seen und Flüssen, an Burgen und Kirchen, uralten Städten und
lebensprallen Märkten.
Die gibt es auch in Paris, dem Sehnsuchtsziel aller Liebenden, wo sich
uralte Häuschen mit Palästen aus Sonnenkönigs Zeiten und gläsernen
Neuzeit-Kuben bestens vertragen. Längst sind die Schönheiten der Stadt
zum Allgemeingut geworden, das jeder zu kennen glaubt: Eiffelturm und
Monmatre
, Louvre und Centre Pompidou, Notre Dame und Sacre Coeur, das
Marais und der Jardin de Luxembourg, die Tuilerien und die Bouquinisten
am Seine-Ufer, die Flohmärkte und die Luxus-Boutiquen an den
Champs-Elyssees. Und doch kann die Stadt immer noch überraschen. Vor
allem den, der die ausgetretenen Wege verlässt und sich aufs Wasser
begibt. Eine Schiffsfahrt auf dem Canal Saint Martin zeigt die andren
Seiten der uralten Metropole, die futuristische Cite de Science et de
l’Industrie
beispielsweise oder das Cabaret Sauvage, ein Zirkuszelt als
Heim der Pariser Subkultur. Die muss auch sein in einer Metropole, die
mit Hochkultur prunkt und in ihren Museen so ziemlich alle Genies der
Malerei und Bildhauerei versammelt hat. Denn Paris ist auch ein
Schmelztiegel der unterschiedlichsten Nationalitäten. An der
traditionsreichen Sorbonne studieren Inder und Chinesen genauso wie
Südamerikaner und Afrikaner. Im Quartier Latin flanieren Studentinnen in
Mini-Höschen neben solchen im schwarzen Tschador und auf den Märkten
preisen auch schwarze Händler ihre Waren an.
Ach, die herrlichen Genüsse in der Rue Mouffetard zwischen den
mittelalterlichen Hausfassaden. Die Würste, prall und fett, die Käse,
sahnig und weich, jeder eine Kalorienbombe, die Fische und
Meeresfrüchte, gestapelt wie krebsrote Kunstwerke. Dazwischen die
kleinen Restaurants und Cafes, wo man bei einem Glas Wein oder einem
Espresso entspannt das farbenfrohe Gewusel betrachten kann. Wer’s
exklusiver mag, geht zu Fauchon, dem traditionsreichen Luxus-Laden an
der Place de la Madeleine. Im trendigen, blasslila Ambiente stecken sich
schicke Französinnen, smarte Geschäftsleute und Touristen aus aller
Welt winzige Brötchen mit Gänsestopfleber oder Makronen bunt wie
Smarties in den Mund, während darunter in der Bäckerei Pariser
Hausfrauen ihr tägliches Baguette kaufen, ältere Damen sich einen
Geschenkkorb zusammenstellen lassen und Jugendliche ein schnelles
Sandwich verputzen.
Leben wie Gott in Frankreich, das hat eben vor allem mit dem Essen zu
tun. Und Urlaub ins Frankreich ist am schönsten, wenn man mal da, mal
dort einkehrt und sich zwischendurch auch im Ferienhaus selbst am Herd
versucht. Dann kann man auch auf den Märkten all die köstlich frischen
Dinge einkaufen, bei deren Anblick jedem das Wasser im Mund
zusammenläuft.

Weiterführende Links: Urlaub in Frankreich

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