Österreich gehört zu den Lieblingszielen der Deutschen und die meisten Urlauber sind davon überzeugt, die Alpenrepublik zu kennen. Auch geschichtsträchtige Orte wie Dürnstein, wo Richard Löwenherz als wohl erste Geisel der Weltgeschichte festsaß, oder Mayerling, wo Kronprinz Rudolf und die blutjunge Mary Vetsera starben, sind vielen ein Begriff. Doch es gibt noch ganz andere „Schicksalsorte“, die sich ins kollektive Gedächtnis der Österreicher gegraben haben und ihre Identität prägen.
Der Germanist und Historiker Johannes Sachslehner hat in einem
umfassenden, gut illustrierten Band „Schicksalsorte Österreichs“
zusammengetragen, beginnend mit der ersten Erwähnung von „Ostarrichi“
996 bis zur „Fluchtstraße“ während des Ungarn-Aufstandes 1956, als
Österreich den Flüchtlingen über die Brücke von Andau den Weg in die
Freiheit ebnete. Sachslehner ordnet seine Schicksalsorte zwar
chronologisch, aber er reiht sie nicht dürr wie im Geschichtsbuch
aneinander, sondern erzählt – manchmal spannend wie ein Historienroman –
von Ereignissen, die bis heute nachhallen.
Dass Österreich für die
Juden lange Zeit nur mehr „das Blutland“ war, nachdem Herzog Albrecht V.
1420/21 die jüdische Gemeinde Wiens ausgelöscht hatte, beschreibt er
ebenso eindringlich wie das Frankenburger Würfelspiel, einem Spiel um
Leben und Tod, zu dem der bayerische Statthalter evangelische Bauern
während des Dreißigjährigen Krieges zwang. Immer wieder stellt der Autor
mutige Einzelgänger vor, die sich gegen tyrannische Befehle stellten
und dabei ihr eigenes Leben aufs Spiel setzten wie jene Salzburger
Lutheraner, die der Auswanderung ihrer Glaubensgenossen den Weg
bereiteten oder wie den Arbeiterführer Koloman Wallisch, der unter der rechtskonservativen Regierung Dollfuß für seine
Überzeugung in den Tod ging und dem Bert Brecht
in seiner Koloman Wallisch Kantate ein literarisches Denkmal setzte.
Es sind fesselnde Lektionen in Geschichte, die auch neugierig machen auf
die historischen Schauplätze. Insofern ist Sachslehners Buch durchaus
auch als Reiseführer zu empfehlen.
Info: Johannes Sachslehner, Schicksalsorte Österreichs, Styria, 318 S., 29,95 Euro, ISBN 978-3222132780
26Jan. 2011