Flüchtiges Glück: Annika Reichs „Gegen den Wind“

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Sie haben eigentlich keinen Grund, verzweifelt zu sein, die vier Freundinnen Siri, Friederike, Yoko und Alison. Sie sind Mitte Dreißig und in Sicherheit. Die eine mit Mann und Kind, die andere als Architektin, die dritte mit einem Laden und die vierte mit dem geliebten Mann. Doch das Glück erweist sich als launisch und ist meist auf der Flucht.

Irgendwann realisieren die Freundinnen, dass sie es versäumt haben, die
Weichen für ihr weiteres Leben zu stellen. Dass sie in den Tag hinein
gelebt haben, als gäbe es kein Morgen: „Vielleicht musste man doch ein
paar der offenen Räume schließen, wenn man in die Dreißiger kam,
vielleicht war es nicht möglich, so viele Räume offenzuhalten,
vielleicht hielt man das nicht mehr aus.“
Vor allem die schöne Siri wirft sich der Verzweiflung in die Arme,
hadert mit der Ehe, mit Mann und Kind und weiß doch keinen Ausweg, bis
der Tod ihr die Entscheidung abnimmt. Für Friederike könnte ein Kind
die Rettung aus der lethargischen Beliebigkeit bedeuten – allerdings
nur mit dem richtigen Mann. Die zarte Alison will den Mann ihrer Träume
auch alltagstauglich machen und verrennt sich in einer fantastischen
Parallelwelt. Und die stolze Japanerin Yoko muss sich erst selbst
entdecken, ehe sie sich auf Neuland einlässt.
Alle vier haben sie ihre Macken, depressiv die eine, unselbstständig
die andere, verträumt die dritte und nymphoman die vierte. Und doch
wachsen die Frauen, die so sehr bemüht sind, der Tretmühle zu
entrinnen, den Lesern ans Herz. Dass sie am Ende dann doch trotz aller
Fluchtversuche in Märchenwelten wieder im Alltag landen, ist ein Tribut
an die Realität, die uns alle immer wieder einholt. Aber eine Zeit lang
wenigstens durften wir in Annika Reichs Roman „Durch den Wind“ träumen
– von Doppelgängern und Neuanfängen und wir durften wirren
Gedankengängen folgen, die uns allen nur zu bekannt vorkommen. Wie sagt
es doch Friederike so schön: „Viel kann man nichtmehr ändern in unserem
Alter. Außer der Farbe seiner Wände und seinem Leben vielleicht.“ 

Info: Annika Reich, Durch den Wind, Hanser, 336 S., 19,90 Euro

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