Moskau auf die Schnelle

Frühling in Russlands Hauptstadt: Unterhalb der Sperlingsberge, auf denen die Lomonossov-Universität thront wie ein mächtiges Schloss des Wissens, flanieren Studenten und Professoren auf gepflegten Wegen. Am Flussufer sonnen sich die ersten Bikini-Schönheiten. Moskau ist grün, gigantische Parkanlagen durchziehen die Metropole wie grüne Lebensadern. Der Gorki-Park, in dem die Scorpions einst den „wind of change“ wehen ließen, ist nur einer davon. Auch entlang der Moskwa, die auf 80 Kilometern durch die Stadt strömt, blüht und grünt es. Die Stadt ist riesig. 46 000 Quadratkilometer, größer als die Schweiz. 40 Kilometer zwischen der südlichen und der nördlichen Stadtgrenze. Da sollten Touristen wissen, was sie sehen wollen.

Kreml – Mokaus Mitte
Das Herz der Stadt ist bis heute der Kreml, die Burg der Zaren.
Innerhalb der über zwei Kilometer langen turmbewehrten Mauer haben
Paläste, Rüstkammern, Senatsgebäude und vier mächtige Kathedralen die
Zeit überdauert. Besonders glanzvoll: Uspenskij Sobor, die
Krönungskirche, und Archengelskij Sobor, die Erzengel-Kathedrale, wo
die russischen Zaren bis Peter dem Großen in weißen Steinsarkophagen
ruhen.

Roter Platz – Rechteckige Schönheit
Gleich daneben der Rote (schöne) Platz mit dem rostbraunen Quader des
Lenin-Mausoleums, dem luxuriösen Kaufhaus Gum, das wie moderne
Shopping-Malls aus vielen Geschäften besteht, dem Staatlichen
Historischen Museum und der märchenhaften Basilius-Kathedrale, deren
labyrinthartiges Inneres neun wunderbar restaurierte Kirchen beherbergt.

Erlöserkathedrale – Symbol des neuen Russland
Ein Wahrzeichen für den Wandel Moskaus ist die Erlöserkathedrale, die
buchstäblich in altem Pomp wieder auferstanden ist, nachdem sie unter
Stalin
gesprengt worden war. Errichtet wurde die monumentale Kathedrale
nach dem Sieg gegen die Napoleonischen Truppen. Unter Stalin sollte an
ihrer Stelle ein gigantischer Palast der Sowjets erstehen. Nach dem Tod
des Tyrannen waren solche Pläne endgültig vom Tisch und 1960 eröffnete
in den alten Fundamenten ein beheiztes Freibad. Unter Präsident Jelzin
schließlich wurde für den Wiederaufbau eine Stiftung eingerichtet.  170
Millionen Dollar kostete die Wiederauferstehung der Kirche. 2000 wurde
die neue Erlöserkathedrale eröffnet, als Symbol des neuen Russland.

Arbat – Flaniermeile Nummer eins
Moskauer Alltag kann man in der Fußgängerzone Arbat erleben, wo sich
Straßenkünstler neben Mac Donald- und Starbucks-Filialen behaupten,
Klofrauen mit Dixie-WCs ein kleines Zubrot verdienen und jugendliche
Punker abhängen. Hier steht auch das Haus, in dem Russlands
Nationaldichter Alexander Puschkin mit seiner jungen Frau Natalja
Gontscharowa
vier Monate lebte. Hier bekommen Feinschmecker Kaviar in
dicken Dosen und Modebewusste Schräges von jungen russischen Designern.

Ismailowa – Paradies für Souvenirjäger
Ein Einkaufsparadies der besonderen Art ist Ismailowa
(www.kremlin-ismailova.com), ein Kunsthandwerkermarkt im Disney-Kitsch
mit altrussischen Türmchen und Toren. Hier wird alles verkauft, was
Touristen an Souvenirs gerne mit nach Hause nehmen: Matrjoschkas (die
Puppen in der Puppe) mit Medwedjew und Putin, mit Bin Laden, Elvis
Presley
und Barack Obama; bemalte Ostereier mit
modernen und klassischen Motiven, handbestickte Leinentücher,
klassischer Schmuck, Abzeichen aus der Sowjet-Ära, Stalinbüsten,
Lackschatullen und Pelzmützen.

Marktgassen und Wodkamuseum
Über eine Brücke erreicht man den normalen Markt, wo die kleinen Leute
einkaufen, weil sie hier auch handeln können. Ein wahres Völkergemisch
schiebt sich durch die Marktgassen mit Reizwäsche, T-Shirts,
Kuscheltieren, Sonnenbrillen und Uhren. Gleich daneben im Wodkamuseum
(www.wodkamuseum.ru) kann man erfahren, wie das Nationalgetränk und die
russische Politik einander durchdrungen haben.

Züge mal oberirdisch mal unter der Erde
Etwas Besonderes sind die Bahnhöfe in Moskau, neun an der Zahl, die meisten im
Stalin-Barock. Und ein echtes Must ist die Metro, Stalins
Prestigeobjekt. 1935 wurde das erste Teilstück der Moskauer
Untergrundbahn eröffnet, elf Kilometer zwischen Gorki und Sokolniki
Park
. Heute umfasst das Streckennetz 293 Kilometer mit 176 Stationen.
Neun Millionen Menschen fahren tagtäglich mit den Zügen – vier
Millionen waren geplant. Die  Stationen im Zentrum wirken mit viel
Marmor, Säulen,  Kronleuchtern, Mosaiken und Bronzestatuen pompös wie
unterirdische Paläste. Für 50 Cent kann man kreuz und quer durch
Moskaus Untergrund fahren.

Moskau City: Gebremster Himmelssturm  
In Moskau City, der ehrgeizigen Neustadt, wo die Türme aus Glas und
Beton in den Himmel wachsen, ruht wo so manches Prestige-Objekt derzeit
mangels flüssigen Kapitals. Fast schon vollendet sind die von deutschen
Architekten geplanten Zwillingstürme des „Federation Tower“. Doch
ausgerechnet das Wahrzeichen der auf 18 bis 20 Hochhäuser angelegten
Glitzerstadt, der von Sir Norman Forster entworfene „Russia Tower“, ist
Opfer der Finanzkrise und soll jetzt erst 2016 fertig gestellt werden.
648 Meter hoch soll Europas höchster Turm werden nach dem Willen von
Bürgermeister Luschkov werden. Weltweit würde ihn dann nur noch der
Burj Khalifa überragen.

Rubljowka: Die Straße der Reichen
An der Rubljowka, wo sich Moskaus neue Reiche hinter hohen Mauern ihre
schlossartigen Villen bauen – auch Putin wohnt hier -, müssen die
Datschen weichen, früher Überlebensraum für die von ausbleibenden
Löhnen gebeutelten Städter. Einige alte Holzhäuser und Schrebergärten
haben noch zwischen den wuchernden Luxusbauten überlebt. Gleich
daneben, aber von Polizisten abgeschirmt, blitzende Lamborghini, rot
leuchtende Ferrari und funkelnde Harleys hinter riesigen Schaufenstern.
Doch zwischen Gucci, Prada, Zegna und Armani machen sich die Schönen
und Reichen derzeit rar. Auch hier rollt der Rubel nicht mehr
ungebremst.

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