Man kann es so manchen wie Franz und seine Freunde. Für 69 ¤ einen Condor-Fliegenpreis nach Mallorca buchen und eine Nacht lang am Ballermann so richtig abfeiern. Die 20 Jungs aus Augsburg wollten es zum Junggesellenabschied ihres Freunde noch einmal so richtig krachen lassen. Auf ein Hotel konnten sie dabei gut verzichten. Nach durchzechter Nacht schliefen sie einfach am Strand.
Man kann es auch so machen wie Erika und ihre Freundinnen. Die älteren Damen aus München haben bei Thomas Cook ein Komfortpaket gebucht und bei Schwimmen, Schlemmen und Sonnenbaden die Zeit verträumt.
Sie alle sitzen in der Condor-Maschine, die am Sonntagabend von Palma de Mallorca nach München fliegt. Das Flugzeug ist eng bestuhlt und voll, aber die Urlauber sind entspannt. Sie haben auf Mallorca gefunden, was sie suchten. Millionen geht es ähnlich. Jährlich fliegen 9,6 Millionen Deutsche auf die Insel, und Malle, wie Mallorca von seinen Fans liebevoll genannt wird, macht alle glücklich.
„Wir empfangen unsere Gäste mit offenen Armen,” versichert Tourismusdirektor Eduardo Gamero. Das war nicht immer so. Noch vor einigen Jahren wurde auf der Insel Politik gegen Touristen gemacht. Ökosteuer, Preiserhöhungen und unfreundlicher Service führten dazu, dass viele Deutsche ihre Lieblingsinsel mieden. Eine neue Regierung stellte die Weichen neu. Jetzt sind die Touristen wieder zurück in großer Zahl. Damit sie nicht in Massen die Insel überschwemmen, soll die Saison entzerrt werden. Dazu will Gamero Kultur- und Sporttourismus in großem Stil fördern.
Doch es gibt auch in der Hochsaison noch ruhige Fleckchen, wo sich die Touristen nicht gegenseitig auf die Füße treten. Der Südosten der Insel etwa rund um Santanyi, auch bekannt als Küste der 100 Buchten, ist noch etwas für Entdecker. Verschlafene kleine Orte, weizengelbe Felder hinter den typischen Steinmauern, Aprikosen- und Mandelbäume, kleine Hügel gekrönt von Getreidemühlen, deren Flügel sich längst nicht mehr drehen.
Vom Kloster San Salvador, das wie ein Adlernest in 511 Metern Höhe auf einem Felsen klebt, schweift der Blick über die Insel bis zum türkisgrünen Meer. Seit Jahrzehnten gibt es hier oben keine Mönche mehr, in den leeren Zellen können Touristen Urlaub machen und jenseits von Palma und Party über Gott und die Welt nachdenken. Vielleicht hilft ihnen die Madonna auch auf ihrem weiteren Lebensweg. Dass die wundertätige Statue aus dem 13. Jahrhundert schon vielen geholfen hat, beweisen die Votivgaben, die in einem eigenen (heute geschlossenen) Raum aufbewahrt werden. Aber Führer Vicente weiß, dass auch viele Politiker hierher pilgerten, um für ihre Wiederwahl zu danken. Nur die jungen Leute bleiben aus. „Die haben nicht mehr den Glauben,” sagt Vicente mit leisem Tadel in der Stimme.
Vor der mächtigen Statue Christo Rey aus den Anfangsjahren des 20. Jahrhunderts fotografiert ein Vater sein Töchterchen. Im Hintergrund sieht man die kläglichen Reste der einst stolzen Maurenburg Santanyi. Drei Jahrhunderte waren die Mauren auf Mallorca. Viele Orte mit für uns eher seltsamen Namen gehen auf diese Zeit zurück. Felanitx ist einer davon. Zusammen mit Porreres war es einst das Weinzentrum der Insel.
An diese Tradition wollte der Winzer Jaume Mesquida wieder anknüpfen. Sein Ehrgeiz war, „sehr gute Weine zu produzieren,” erzählt Tochter Barbara (25), die zusammen mit ihrem jüngeren Bruder Jaime in der vierten Generation die Familientradition weiter führt. Ihr Vater war der erste, der auf der Insel Syraz produzierte und der erste, der sich an Winzersekt wagte. Auf dem internationalen Markt erregte auch der Rosé großes Aufsehen, Barbaras erster eigener Wein. „Wir sind auf dem besten Weg,” ist die junge Önologin überzeugt. Obwohl sie zuerst Sprachen studiert hat, ist sie mit Leib und Seele Winzerin. 170\x0e000 Flaschen produziert die Bodega im Jahr, getreu dem Motto „lieber Klasse statt Masse”. Etwa 20\x0e000 Flaschen werden exportiert. Wer sich in die labyrinthischen Keller wagt, kann nicht nur die modernen Stahltanks und die schönen Holzfässer bewundern, sondern auch eine Sammlung alter Weine aus den 60ern in verstaubten Flaschen. Und er kann testen, ob Barbaras Rosé zu Recht ausgezeichnet wurde und ob es stimmt, dass Mallorcas Weine den Vergleich mit den großen spanischen Weinen nicht zu scheuen brauchen. Für Barbara Mesquida ist das natürlich keine Frage.
Während Erika und ihre Freundinnen den feinen Tropfen auf der Zunge zergehen lassen, sprechen Franz und seine Freunde in der Schinkenstraße ordentlich dem Bier zu, das hier nicht Glas- sondern Eimerweise konsumiert wird. Sie wollen „noch einmal so richtig die Sau rauslassen”. Und dabei sind sie rund um den Ballermann nicht allein. Dass sie „aus Spargründen” kein Hotelzimmer gebucht haben, ärgert Franz am Ende doch. „Ein Bett ist schon was anderes als Schlafen am Strand.”
Erika und ihre Freundinnen haben bestens geschlafen. Im brandneuen Blau Porto Petro Resort sind sie weit weg von Ballermann & Co. Das ehemalige Club Med Areal im verschlafenen Fischerdörfchen Porto Pedro wurde von Grund auf saniert und ist nur zum Schlafen viel zu schade. Fast von allen Zimmern der riesigen Anlage aus können die Gäste den Ausblick auf das Meer genießen. Zwei Strände und drei Pools laden zum Bade und gleich mehrere Restaurants zum Schlemmen. So schön kann Mallorca sein.
Da verstehe noch einer Claudia Schiffer, die ihr mühsam gegen Mallorquiner und Touristen abgeschottetes Anwesen schon wieder verkaufen will. Immerhin soll die Immobilie das Interesse eines Ölscheichs geweckt haben. Allein wäre er nicht. Das Nachbargrundstück ging gerade für 20 Millionen Euro an einen Kollegen aus der Ölbranche.
29Jul. 2005