… lustig sein. Mit Bergen, Seen, Schlössern und viel Tradition hat das Salzkammergut dereinst die kaiserlichen Hoheiten erfreut. Und nun? Es ist eine Premiere: Erstmals wird 2024 mit dem Salzkammergut ein ländlicher Raum mit 23 Gemeinden Kulturhauptstadt. Das hatten nicht einmal die Verantwortlichen erwartet. Als „Wunder“ bezeichnet Michael Spechtenhauser, Geschäftsführer der Salzkammergut Tourismus-Marketing GmbH, denn auch die Entscheidung der Europäischen Gemeinschaft für den Kulturraum Salzkammergut, an dem die drei österreichischen Bundesländer Salzburg, Steiermark und Oberösterreich teilhaben.
„Kultur ist das neue Salz“
Unter dem Motto „Kultur ist das neue Salz“ will das Salzkammergut im Kulturhauptstadt-Jahr ein neues Kapitel aufschlagen und zeigen, dass die Region mit ihrer k.u.k.-Sommerfrische-Tradition immer noch verbindet.
„Hier wird Tradition gelebt und nicht gekauft“, sagt Michael Spechtenhauser und verweist auf den Zusammenklang von Geschichte, Kultur, Natur und Kulinarik im Salzkammergut. Man wolle den Tourismus neu denken, verspricht er, dem Wunsch nach Echtem entsprechen und kein Touristenspektakel veranstalten.
Die Kunst des Reisens im Salzkammergut
Eine der vier Programmlinien für das Kulturhauptstadtjahr widmet sich denn auch explizit dem Tourismus „Sharing Salzkammergut – Die Kunst des Reisens“. Die geplanten Projekte sollen dabei helfen, „den Tourismus nicht als dienstleistende Einbahnstraße mit saisonal bedingten Stoßzeiten zu sehen, sondern als großartige Gelegenheit voneinander zu lernen“. Auch die anderen drei Programmlinien sind ambitioniert: „Macht und Tradition“, „Kultur im Fluss“, und „Globalokal – Building The New“ sollen wichtige Themen der Region, Europas und der Welt behandeln, „die Tradition wertschätzend und zugleich mit Blick in die Zukunft“.
Drei Projekte als Appetizer
Das Hotel der Träume in Bad Mitterndorf wird als „das vermutlich beste Hotel der Welt“ beworben, ist es doch mobil und umweltfreundlich – da rein imaginär. Es entsteht über eine individuelle Tonspur auf einer grünen Wiese. Wohnen kann man darin allerdings nicht.
Ganz real ist dagegen der Alpengarten Bad Aussee, 1913 vom damaligen Pastor Dr. Selle am Ischlberg in einem aufgelassenen Steinbruch gegründet und heute vom Verein NEZA (Naturerlebniszentrum Alpengarten Bad Aussee) getragen und von Anna und Thomas Steiner geführt. Der Garten gilt als Kleinod der botanischen Vielfalt und Biodiversität. Auf 12.000 Quadratmetern gedeihen 2000 verschiedene Pflanzenarten aus aller Welt. Hier sollen Künstler die Themen Biodiversität und die Beziehung des Menschen zur alpinen wie voralpinen Landschaft visualisieren.
Einen gemeinsamen Experimentierraum schaffen will dagegen SCALA (lateinisch für Stiege, Leiter – Akronym für „Salzkammergut Craft Art LAb“) Bad Goisern. Ein Austauschprogramm soll innovative Wege zwischen Handwerk und Kunst aufzeigen, ein neuer Begegnungsraumn Han.Werk.Haus soll „zentraler Ausgangspunkt, Basislager und Aktionsraum” werden. Ergänzend dazu sind offene Räume, Galerien und Werkstätten geplant.
3 x Genuss im Salzkammergut
Natürlich wirken viele Menschen im Salzkammergut am Programm für die Kulturhauptstadt mit. Kulturschaffende, Handwerker, Bauern, Touristiker. Aber vor allem für Reisende ist auch Genuss ein wichtiges Thema.
Das weiß Josef Zauner, der Senior der Hofzuckerbäckerei Zauner, die in der Pfarrgasse von Bad Ischl mit „Österreichs größtem Kuchenbüfett“ aufwartet. Der joviale Senior – weiße Haare, breites Lächeln – hat immerhin über ein halbes Jahrhundert in der Backstube verbracht. „Das war meine Leidenschaft“, sagt er. Auch wenn er den Betrieb an seinen Sohn Philipp (29) und damit an die siebte Generation übergeben hat, bleibt er der Konditorei und den 30 Konditoren verbunden. Schließlich kennt der Seniorchef die Rezepte und Geschichten all der süßen Verführungen, die in die ganze Welt verschickt werden.
Die Geschichte des Zaunerstollen
Er kann erzählen, wie der berühmte Zaunerstollen „aus Zufall“ entstand, was das Geheimnis des Ischler Törtchens ist und wie die Klassische Kaisertorte zu ihrem Namen kam: Wenn zur Zeit von Kaiser Franz Joseph, der 80 Sommermonate in Bad Ischl verbrachte, die Hofküche in der Kaiservilla zu klein war für eine Einladung, habe Zauner das Catering übernommen. Für den k.u.k.-Hoflieferanten sei damals die Schoko-Karamell-Creme in Gläsern obligatorisch gewesen. Daraus sei dann die Idee zur Torte entstanden. Heute bietet das Zauner 250 Tortenspezialitäten und 60 Pralinensorten aus eigener Herstellung. Im Sommer werden zwischen 4000 und 5000 frische Mehlspeisen produziert. „Es gibt nichts, was wir nicht machen“, sagt der Senior, der selbst jeden Tag eine Süßspeise isst. Dazu eine Melange – das ist für Josef Zauner Genuss-Kultur.
Koch des Jahres: Lukas Nagl
Lukas Nagl gehört mit seinen 35 Jahren schon zur nächsten Generation, und er ist nicht nur Vier-Hauben-Koch, sondern auch Koch des Jahres 2023. Der jungenhafte Familienvater mit dem markanten Vollbart ist seit elf Jahren Chefkoch im Gourmetrestaurant am Traunsee. Nach dem Abitur hat er an der Tourismusschule in Bad Ischl studiert, war im Steirereck in Wien, in der Schweiz, in Amerika und Afrika „a bisserl unterwegs“. Auf seinen Wanderjahren hat er gelernt, sich „durchzubeißen“. Aber irgendwann zog es ihn wieder zurück an den Traunsee. „Man muss immer fortgehen, um die Heimat schätzen zu lernen“, sagt er ganz philosophisch. Hier am Traunsee fühle er sich wohl, könne er sich frei entfalten.
Die Schätze aus der Region
Für seine hoch dekorierte Küche setzt er nicht auf „inflationäre Luxusprodukte, das braucht keiner“, sondern auf das, was die Region zu bieten hat. Hecht und Flussbarsch etwa. Da kauft er den ganzen Fang, wie er es in Afrika gelernt hat. Alles zu verarbeiten ist für Nagl eine Lebenseinstellung. Und so will er die österreichische Küche auch weiter entwickeln. Dabei blickt der Koch des Jahres auch über den Tellerrand und produziert zusammen mit einem Lebensmitteltechniker aus heimischen Gewächsen japanische Würzpasten wie Miso, Sojasauce oder Wasabi.
Die Eisls und die Schafe
Christine und Sepp Eisl teilen Lukas Nagls Liebe für die Heimat, leben sie doch auf dem über 500 Jahre alten Erbhof der Familie am Abersee. Und da hat sich 1982 der 17-jährige Sepp etwas getraut. Er kaufte von seinem Ersparten zwei Schafe und ein paar Lämmer und stellte den Traditionsbetrieb auf Schafmilchwirtschaft um. Mittlerweile produzieren die Eisls nicht nur Schafskäse, Joghurt und Fruchtmolke. Bis 2017 umfasste das Sortiment 16 Produkte, die von der Familie in aufwändiger Handarbeit hergestellt wurden und dem Bio-Bauernhof über 100 Qualitätsauszeichnungen einbrachten.
Extravagante Eis-Kreationen
Und dann hatten Vater und Sohn wieder eine Idee: Schafmilcheis. Die schmelzende Schleckerei gibt es inzwischen nicht nur in den klassischen Geschmacksrichtungen wie Schokolade und Vanille. Es gibt auch extravagante Kreationen wie Schafskäse-Honigsüß, Graumohn, Sesam-Dirndl oder Heidelbeer-Rosmarin. Probieren kann man das Eisl Eis im 1. Bio-Schafmilcheissalon Österreichs in der Salzburger Getreidegasse und natürlich auch im Bio-Hofladen Eisl Wolke 7 in Farchen am Abersee.
Man sieht schon, wer das Salzkammergut erkunden will, kommt ganz schön rum. Wie heißt es so schön: Das Salzkammergut verbindet – drei österreichische Bundesländer, viel Kultur, Natur und – Geschichte.
Drei Orte mit Geschichte
Von St. Wolfgang fahren die modernen Lokomotiven der Schafbergbahn in rund 35 Minuten hinauf auf den Berg. Sie überwinden in dieser Zeit eine Strecke von 5,85 Kilometern und einen Höhenunterschied von 1190 Metern. Damit ist die Schafbergbahn die steilste Zahnradbahn Österreichs. 1892 war der Bau der Bahn ein Abenteuer: Rund 350 Arbeiter schufteten auf der Baustelle, alles Material und auch die Verpflegung mussten mit mehr als 6000 Mauleseln auf den Berg geschafft werden. Die erste Lokomotive, die Anfang 1893 in Bad Ischl ankam, war in Einzelteile zerlegt und wurde mit Schlitten nach St. Wolfgang gebracht, wo sie zusammengebaut wurde.
Nostalgische Bahnfahrt
Heute gehören die drei Originalmaschinen zu den ältesten noch in Betrieb befindlichen Zahnrad-Dampflokomotiven, und die einstündige Fahrt mit den Nostalgiezügen in den Sonnenuntergang ist für viele Menschen Romantik pur. Von der Bergstation aus schweift der Blick über die Berg- und Seenlandschaft, bis sich die Gipfel von Dachstein, Hochkönig und Watzmann im Blau des Horizonts verlieren. Bergsteigern eröffnen sich himmlische Wanderwege über Seen und Steige bis hin zur „Himmelspforte“, einer Felsspalte. Und wer gleich oben bleiben will, kann in Österreichs ältestem Berghotel übernachten – auf 1783 Metern Höhe.
Im ältesten Salzbergwerk der Welt
Statt in die Höhe geht es in Hallstatt in die Tiefe. Die Salzwelten sind das älteste Salzbergwerk der Welt. Womöglich waren hier bereits vor 7000 Jahre Bergleute am Werk. Ganz sicher haben die Menschen, die vor 5000 Jahren hier lebten, schon Salz abgebaut. Vana in schmucker Bergwerksuniform, die roten Haare unter dem schwarzen Käppi, führt internationale Gruppen durch die historischen Stollen. Die 22-Jährige kommt aus der Gastronomie. Bergwerkführerin ist ihr Traumjob, ihrer Faszination für die prähistorischen Stollen kann sie auf Englisch ebenso eloquent Ausdruck geben wie auf Deutsch.
Tatsächlich meint man fast den Hauch der Geschichte zu spüren, wenn man mit der Hand über die grob behauenen Steinwände streift. Im „Bronzezeit- Kino“ wird der Arbeitsalltag im Salzbergwerk vor 3400 Jahren lebendig – dank modernster Multi-Media-Technik ist man dabei, wenn die Menschen das „weiße Gold“ über eine uralte Treppe aus dem Berg schleppen. Auf der 64 Meter langen Bergmannsrutsche sausen die Besuchenden selbst in Windeseile in die Tiefe. Man kann viel erleben in diesen Salzwelten, auch magische Illuminationen am spiegelglatten Salzsee. Die eineinhalb Stunden vergehen wie im Flug, schon rattert die Grubenbahn ins Freie, ins Helle. Adé, Vana, das war ein besonderes Erlebnis.
Die Gräber aus der Hallstattzeit
Jetzt aber noch schnell zum Gräberfeld mit Gräbern aus der „Hallstattzeit“ von 800 bis 400 v. Chr., eine der wichtigsten archäologischen Ausgrabungen und gut beschrieben. Hier könnte man tagelang schauen und staunen. Aber die Zeit rast. Die letzte Talfahrt ist um 18 Uhr. Und es wartet noch der Skywalk mit dem „Welterbeblick“ auf die Unesco-Region Hallstatt. Traumhaft!
Geflammte Keramik
Aus der Bronzezeit zurück ins 20. Jahrhundert und zu einem Produkt, das in vielen Hotels und Restaurants zu finden ist: Gmundner Keramik. Begonnen hat die Erfolgsgeschichte vor 120 Jahren mit einem Hafnerhaus. Heute kommen aus der weltbekannten Manufaktur Teller, Tassen und Kannen mit den typischen Schlingen, Wellen oder Streifen, die durch „Flammen“ entstehen. Flammen, erklärt Barbara Bammer bei einer Führung, nenne man das Aufbringen eines wiedererkennbaren Musters auf Keramikteile, das von der Unesco 2021 zum Immateriellen Kulturerbe erklärt wurde. Karin zeigt, wie es geht. Zwei Jahre hat die zierliche Frau mit den dunklen Haaren gelernt, heute ist sie eine von vier Flammerinnen, die das alte Handwerk noch beherrschen. Unglaublich, mit welcher Ruhe und Präzision sie die Muster aufbringt. Handarbeit in Perfektion. Dafür ist die Gmundner Keramik berühmt. Hier werden Unikate in Serie hergestellt.
Viel Fingerspitzengefühl
Auch Nicht-Geflammtes wie der Gmündner Hirsch in grün, grau und auch in rot hat hohen Wiedererkennungswert. 115 Menschen arbeiten heute in den weitläufigen Werkstätten, drehen, glasieren, malen, flammen und brennen. Bei einer Führung durch die Hallen kann man ihnen über die Schulter schauen, kann sehen wie die Brennöfen per Hand gefüllt werden und selbst eine Klangprobe machen. Wer einen Haarriss erkennen will, muss allerdings gute Ohren haben. An einer Töpferscheibe sitzt Claudia, kurze Haare, schwarze Brille, Piercings. Es sei schön, etwas mit den eigenen Händen zu produzieren, sagt die Auszubildende. An den nächsten Stationen werden die Gussformen mit einem Schwämmchen gesäubert, werden kleinste Fehler mit einem Skalpell korrigiert. Wer hier arbeitet, braucht Fingerspitzengefühl und scharfe Augen. Das merkt man spätestens bei dem Versuch, selbst einen Teller zu flammen. KeineWellen, Kringel oder Streifen sind das Ergebnis, eher dicke Farbbatzen. Anarchie auf dem Teller!
Kurz informiert
Kulturhauptstadtjahr Eröffnung vom 17. bis 19. Januar https://www.salzkammergut-2024.at
Konditorei Zauner,Pfarrgasse 7, A-4820 Bad Ischl, Tel. 0043/6132/23310-20, info@zauner.at, www.zauner.at
Lukas Nagl über Das Traunsee/Bootshaus, Klosterplatz 4, A-4801 Traunkirchen, Tel. 0043/7617/2216, www.dastraunsee.at/restaurant-bootshaus/ueber-lukas-nagl
Familie Eisl GmbH, Farchen 24, 5342 Abersee, Tel. 0043/6227/28028, E-Mail: office@seegut-eisl.at, www.seegut-eisl.at
Schafbergbahn, Markt 35, 5356 St. Wolfgang. Parkplätze sind ausgewiesen Die Berg- und Talfahrt kostet für Erwachsene 47,60 Euro, 23,90 Euro für ein Kind und 6 Euro für den Hund. www.5schaetze.at/de/schafbergbahn.html
Salzwelten Hallstatt, Salzbergstr. 21, 4830 Hallstatt, Tel. 0043/6132/200/2400, E-Mail: info@salzweltena.at, www.salzwelten.at/de/hallstatt
Der Besuch der Salzwelten inklusive Fahrt mit der Standseilbahn kostet für Erwachsen 40 Euro, für Kinder (4-15 Jahre) 20 Euro.
Gmundner Keramik, Keramikstr. 24, 4610 Gmunden, Tel. 0043/7612/786-10, E-Mail: office@gmundner.at, www.gmundner.at
Führungen Mo bis Sa 10.30 und 13 Uhr, Eintritt 9,50 Euro für Erwachsene, Kinder bis 14 haben freien Eintritt.
Tipp: Eine schöne Ergänzung zur Gmundner Keramik ist die wunderbare Sammlung von Meissener Porzellan in der Galerie Schloss Weyer ebenfalls in Gmunden, Karl-von-Frey-Gasse 27, Tel. 0043/7612/65018. Besuch nach telefonischer Vereinbarung.