„Überlebensstrategien für
die Zukunft“ sollte eine Gesprächsrunde auf der Hauptversammlung der Vereinigung
der deutschen Reisejournalisten (VDRJ) in Bad Kissingen entwickeln. Die Teilnehmer
lieferten dazu ganz unterschiedliche Beiträge. Am Ende war eines sicher: Die
Zukunft wird die Branche noch vor viele Herausforderungen stellen.
Kein Problem für Thomas Hartung, der mit Reisevor9 eine
Erfolgsgeschichte geschrieben hat. Seine Tipps:
· Sich als Dienstleister begreifen und als Unternehmer
· Zuerst an die Redaktion und an die Leser denken
· Durch Spezialisierung einen USP aufbauen
· Mehr Kreativität bei Themenfindung und Formaten entwickeln
· Effizient arbeiten und sein Handwerk beherrschen
· Keine Angst vor neuen Medien
Sein Fazit: „Das Leben wird anstrengender für
Journalisten. Aber: Wer bestehen will, muss „raus aus der Komfortzone“. Immerhin ernährt sein Hartungs Modell mit den
Diensten gloobi.de und reisevor9, das
mit hotelvor9 und reisebürovor9 noch Ableger bekommen hat, acht Leute.
Ganz anders urteilt Peter Hinze, der lange Jahre die Reise
beim Magazin Focus verantwortet hat und sich mit dem Blog Reception Insider nun
auch im Web versucht. „Man kann gar nicht genug Angst vor morgen haben“, ist
der Journalist überzeugt. 95 Prozent der Blogs, glaubt er, seien in drei Jahren
verschwunden. Das läge auch daran, dass sie zu 99 Prozent positive Berichte
lieferten. „Mein PR-Flop der Woche wird nie einen Link bekommen“, so Hinze über
die Abhängigkeiten, die auch im Web bestehen. Mit einer gesteuerten positiven
Berichterstattung aber schaffe die Reiseindustrie nicht nur Abhängigkeit,
sondern auch ein Glaubwürdigkeitsproblem. „Für PR-Agenturen sind Blogger die Rettung“, urteilt Hinze. „Aber was ist ein guter
Blogger?“
Sein Fazit: Der klassische
Reisejournalismus ist ein Auslaufmodell.
Die PR-Seite vertritt Ute Hopfengärtner, seit 13 Jahren bei
wilde & partner, und mittlerweile in der Geschäftsleitung der Agentur, die
35 Festangestellte hat. Sie sieht „viele Chancen“ für Mitarbeiter -„unser
wichtigstes Gut“. Bei der „green globe
zertifizierten“ Agentur Wilde gäbe es familienfreundliche Arbeitsmodelle „bis
hin zum home office“. Die Wilde Akademie biete dazu auch Weiterbildung. „Wir
fördern Talente“, betont Hopfengärtner und gibt sich überzeugt davon, dass
Engagement „zunehmend honoriert“ werde. Für das nötige Gemeinschaftsgefühl
sorge bei Wilde die Corporate Identity „bis hin zur Kaffeetasse und dem
Regenschirm“.
Ihr Fazit: „Wir sind eine Marke
geworden. Aber wir müssen uns auch jeden Tag neu erfinden.“
Den Job von heute könne
man nicht mit den Methoden von gestern meistern, ist Marina Noble überzeugt. Die Geschäftsführerin von noble
kommunikation, die sich „bewusst für eine Boutique-Agentur“ entschieden hat, hat
neue Arbeitsfelder wie Social Media, Event-Kommunikation und Kampagnen aufgetan
und stellt sich engagiert neuen Anforderungen wie SEO und Facebook. Wichtig ist
ihr das Netzwerk zur Kontaktpflege online und offline.
Ihr Fazit: „Wir versuchen immer, dem
Kunden einen halben Schritt voraus zu sein.“
Wenig mit online am Hut hat
Andreas Steidel, der lange Jahre
Reisechef von Sonntag Aktuell war, ehe er unfreiwillig auf dem Markt der
Freelancer landete. Seine Erfolgsrezepte:
· Nicht lamentieren, einfach loslegen und
ausprobieren
· Eine neue Mischung finden
· Netzwerken an richtiger
Stelle
· Eine Basis für regelmäßige Einkünfte finden
· Zuverlässig und ehrlich
sein
· Energien und Synergien
sinnvoll einsetzen.
arbeitet mittlerweile mit einem „Gemischtwarenladen“, lebt aber „zu 99 Prozent
von Baden-Württemberg“.
Sein Fazit: „Nach einer Durststrecke
kann ich es mir jetzt leisten, auf Geld und
Vergnügen zu achten.“
So richtig aufmunternd
waren die Schlüsse, die abschließend aus den Beiträgen gezogen wurden, nicht. „Wir
Journalisten haben die Informationshoheit verloren“, räumte Thomas Hartung ein.
Und Ute Hopfengärtner sagte klar: „Der Reisejournalist hat seine traditionelle
Funktion als Gatekeeper verloren.“ Früher habe der Journalist für den
Endverbraucher geschrieben, heute aber besorge sich der Verbraucher die nötigen
Informationen immer öfter selbst. Für Peter Hinze ergibt sich daraus, dass
Reisejournalisten vermehrt auf „externe Einnahmequellen“ angewiesen sein
werden. Bloggen sieht er nicht als Allheilmittel, weil es „wahnsinnig zeitintensiv“
sei. Vor diesem Hintergrund hofft Marina Noble auf Kreativität sowohl bei den
Journalisten als auch bei der PR. Und sie setzt auf Networking, wozu auch die
Vereinigung der Deutschen Reisejournalisten gute Möglichkeiten biete.