Thomas Stukenbrok (38) arbeitet für Lernidee Erlebnisreisen. Er lebt seit sieben Jahren in Myanmar und hat die Wende hin zu mehr Demokratie hautnah mitbekommen. Lilo Solcher sprach mit ihm über die bisherigen Veränderungen und die Zukunft.
Seit zwei Jahren ist U Thein Sein an der Regierung. Er scheint das Land behutsam in Richtung Demokratie zu führen. Wie haben Sie diese Jahre erlebt?
Thomas Stukenbrok: Ne Win hat 1962 geputscht, die Militärs waren bis 2011 an der Regierung. Burma (heute Myanmar) hatte damit die am längsten währende Militärdiktatur der Welt. Die Öffnung ist vielleicht vergleichbar mit der Wende in der DDR. Die Erwartungen sind hoch, vielleicht zu hoch. Die Preise schossen sofort in die Höhe. Meine Wohnung kostet beispielsweise inzwischen 60 Prozent mehr als vorher. Goldgräbermentalität macht sich breit.
In Yangon müssen alte Kolonialbauten neuen Wohnblöcken weichen…
Thomas Stukenbrok: Inzwischen hat sich ein Verein zur Erhaltung der kolonialen Bausubstanz Yangons gebildet. Das ist gut. Normalerweise schätzen die Burmesen nichts, was alt ist. Nur das Neue zählt.
Wie politisch sind denn die Menschen nach der langen Diktatur?
Thomas Stukenbrok: Sie interessieren sich sehr. Es gibt inzwischen viele neue Zeitungen und sie werden auch gelesen. Die Menschen hier konnten lange nicht glauben, dass sich wirklich etwas ändern würde. Jetzt wollen sie mitbestimmen, wie es weiter gehen soll.
Und da kommt die Lady ins Spiel?
Thomas Stukenbrok: Eigentlich müsste das Volk ja den jetzigen Präsidenten wählen, weil er gezeigt hat, dass er zu der Öffnung steht. Aber Aung San Suu Kyi ist immer noch das Maß aller Dinge – auch wenn ihr Stern etwas verblasst. Ihr fehlt ganz einfach die Regierungserfahrung.
Trotzdem wird sie wohl gewählt werden?
Thomas Stukenbrok: Auf jeden Fall, wenn sie nicht noch gravierende Fehler macht.
Sie sind ja auch im Tourismus tätig. Myanmar erlebt derzeit einen regelrechten Boom. Ist das Land denn darauf vorbereitet?
Thomas Stukenbrok: Die Infrastruktur hat schon mal zugelegt. Es gibt Banken und Geldautomaten, Hotels sind im Bau, auch Straßen und ein neuer Flughafen. Aber natürlich ist noch viel zu tun. Auch da gilt, was auch in der Politik gilt: Die Burmesen lassen sich gerne beraten, aber sie wollen sich nichts vorschreiben lassen.
Viele fürchten ja schon, dass Myanmar ein zweites Thailand werden könnte. Aber das wäre wohl auch nicht im Sinn der Burmesen?
Thomas Stukenbrok: Ich sehe zwar nicht, warum die Entwicklung in Thailand abschreckend sein sollte. Aber Myanmar wird wohl nicht diesen Weg gehen. Es liegt einfach nicht in der Natur der Burmesen, den Touristen die Füße zu küssen.
Und was hält Sie in Myanmar?
Thomas Stukenbrok: Ich habe mich lange in Asien umgesehen und ich wüsste kein anderes Land, in dem ich lieber leben würde.