Was für ein Roman: Krimi und Liebesgeschichte, Abrechnung mit dem Literaturbetrieb und Buch im Buch. 721 Seiten braucht Joel Dicker, um „Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“ aufzurollen – und er schlägt dabei unglaubliche Volten. Wie in einer russischen Puppe kommt in diesem kunstvoll verschachtelten Roman immer Neues, Überraschendes zum Vorschein. Kaum zu glauben, dass der junge Autor praktisch ein Newcomer ist, ein bislang (fast) unbeschriebenes Blatt.
Der Sohn einer Buchhändlerin und eines Lehrers aus Genf, ein studierter Jurist, hatte schon einen bemerkenswerten Roman geschrieben und damit auch einen Schweizer Buchpreis gewonnen, ehe sein neues Epos ihn zum Shooting Star machte. Damit ähnelt er auffallend dem Protagonisten seines Romans, Marcus Goldmann, dem nach einem Achtungserfolg und einer Schreibblockade mit dem „Fall Harry Quebert“ ein echter Scoop gelingt.
Die Leser dürfen mit verfolgen, wie der junge Marcus sich mit Hilfe seines Lehrers Harry Quebert zuerst zum aussichtsreichen Schriftsteller und dann zum obsessiven Detektiv entwickelt. Denn, während er am Wohnsitz seines väterlichen Freundes in der amerikanischen Provinz gegen seine Schreibhemmung ankämpft, wird auf dem Grundstück die Leiche eines vor über 30 Jahren verschwundenen Mädchens ausgegraben und Quebert unter Mordverdacht verhaftet.
Goldmann macht sich unverzüglich daran, die Unschuld seines Mentors zu beweisen. Er lässt sich von Harry jenen glücklichen Sommer schildern, in dem der Schriftsteller aus New York die 15-jährige Nola kennen und lieben lernte – eine verbotene Liebe, die dem Mann mehr zu schaffen machte als dem Mädchen. Nola, versichert Harry seinem Schützling, sei die Liebe seines Lebens. Sie habe ihn inspiriert und letztlich zu dem erfolgreichen Schriftsteller gemacht, den alle Welt bewunderte. Denn das Buch über diese unerlaubte Liebe mit dem rätselhaften Titel „Der Ursprung des Übels“ begründete den Ruhm des Autors Harry Quebert.
Goldmann macht sich unverzüglich daran, die Unschuld seines Mentors zu beweisen. Er lässt sich von Harry jenen glücklichen Sommer schildern, in dem der Schriftsteller aus New York die 15-jährige Nola kennen und lieben lernte – eine verbotene Liebe, die dem Mann mehr zu schaffen machte als dem Mädchen. Nola, versichert Harry seinem Schützling, sei die Liebe seines Lebens. Sie habe ihn inspiriert und letztlich zu dem erfolgreichen Schriftsteller gemacht, den alle Welt bewunderte. Denn das Buch über diese unerlaubte Liebe mit dem rätselhaften Titel „Der Ursprung des Übels“ begründete den Ruhm des Autors Harry Quebert.
Goldmann, von seinem Verleger unter Druck gesetzt, beschließt, aus dem Fall Harry Quebert ein Buch zu machen. Es gelingt ihm, die Unschuld Harrys zu beweisen. Doch was er bei seinen Recherchen erfährt, stürzt den jungen Schriftsteller in immer größere Verwirrung. Zwischendurch steht ein ganzer Ort unter Mordverdacht. Erst ganz zum Schluss kann Goldmann die Fäden entwirren und erst dann versteht er auch, warum Harry dem Liebesroman den merkwürdigen Titel gab.
Man könnte viel erzählen über dieses dicke Buch, das man am liebsten gar nicht mehr aus der Hand legen würde. Über die Spitzen gegen den Buchmarkt und die amerikanische Doppelmoral, über jüdischen Humor und literarische Anspielungen, über die geschickte Verzahnung von verschiedenen Zeitebenen und unterschiedlichen Textschnipseln. Fest steht: Dem „Literatur-Wunderkind“ (NZZ) Dicker ist ein Meisterwerk gelungen, das in Frankreich monatelang die Bestsellerliste anführte und dem Autor den großen Romanpreis der Académie Francaise eingebracht. Auch in der deutschen Übersetzung hat dieser „amerikanische Roman“ eines Schweizers das Zeug zum Bestseller.
Was sagt Harry Quebert im Nachwort: „Ein gutes Buch, Marcus, ist ein Buch, bei dem man bedauert, dass man es ausgelesen hat.“ So ist es.
Info: Joel Dicker, Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert, Piper, 727 S., 22,99 Euro
Zitat: „Niemand ist frei, Goldmann, nicht einmal die Jäger in Alaska. Schon gar nicht in Amerika, wo die braven Amerikaner vom System abhängen, die Inuit von der Stütze der Regierung und vom Alkohol und wo die Indianer zwar frei, dafür aber in Menschenzoos, sogenannten Reservaten geparkt und dazu verdammt sind, von einer Horde Touristen immerzu ihren jämmerlichen Regentanz aufzuführen. Niemand ist frei, mein Junge. Wir sind die Gefangen der anderen und unser selbst.“