Eigentlich wollte er ja Kraftfahrzeugmechaniker werden. Aber der Vater war dagegen. „Eine schmutzige Angelegenheit“ sei das, meinte er und schenkte dem Buben zum Geburtstag ein Messerset. Und so wurde aus dem Ofterschwanger Thomas Henseler kein Kraftfahrzeugmechaniker sondern ein Koch. Gelernt hat er sein Metier in der renommierten Sonnenalp. „Und da stand ich dann oft mit offenem Mund und habe den Köchen zugehört, die von den Bahamas erzählten, von London oder Asien“, erinnert sich der erfolgreiche Hoteldirektor lachend, als wir uns im Garten der Governor’s Residence in Yangon gegenüber sitzen.
Inzwischen könnte er selbst jede Menge erzählen über fremde Länder. Denn Thomas Henseler, Jahrgang 1967, ist viel herumgekommen. Schon mit 17, als er ausgelernt hatte, zog es ihn nach England in den Lake District, später nach London in das Drei-Sterne-Restaurant Le Gavroche der berühmten Roux-Brüder. Über Gastspiele in Deutschland „mal hier, mal da“ und auf einem Schiff ging’s nach Asien ins Malaysia Hilton. „Von da ab bin ich nie mehr groß zurück gekommen“, sagt Henseler. Die nächsten Stationen waren Hotels von Shangri La und Le Meridien und ein Job im F & B-Management in Vietnam. Zehn Jahre sammelte er dann Erfahrungen in Lateinamerika und begann schließlich für Orient Express zu arbeiten. Und dann kam das Angebot aus Myanmar.
Henseler schaut sich um in diesem schönen Haus, das ein bisschen aus der Zeit gefallen wirkt, gerade so, als würden sich gleich die englischen Kolonialherren in der Kipling-Bar treffen und ihre Ladys zum Tee am Pool. „Myanmar ist zur Zeit der Renner“, sagt der Hoteldirektor, der sich meist über ein volles Haus und über internationale Gäste freuen kann. In einem Jahr hat er 60 Mitarbeiter eingestellt und die Auslastung fast verdoppelt. Das Governor’s und sein zuverlässiger Rundum-Service sind bei den Gästen begehrt. Denn Myanmar verwöhnt die Touristen nicht gerade mit hohem Standard und zuverlässigem Service. Von den 8000 Hotelzimmern in Yangon, sagt Henseler, entsprächen gerade mal 2000 westliche Standards.
Seine Aufgabe sieht der Allgäuer deshalb auch darin, dem einheimischen Personal klar zu machen, was westliche Touristen erwarten. Bei den älteren Mitarbeitern stößt er dabei zuweilen auf Widerstand. Nicht so bei den Jungen. Die seien „richtig auf Zack“ und saugten alles auf „wie ein Schwamm“. Und wenn in Myanmar die Lage stabil bleibt, sieht Henseler für diese Jugend eine gute Zukunft. „Es geht vorwärts“, freut er sich, „das ist schon mal wichtig.“ Jetzt hofft er nur, dass Myanmar auch im Tourismus einen eigenen Weg geht und nicht die gleichen Fehler macht wie die Nachbarländer.
Zurück nach Deutschland zu gehen, kann sich Henseler im Moment nicht vorstellen. Er hat sich an Asien gewöhnt. Aber ins Allgäu kommt er immer wieder gern zurück – im Urlaub. „Das ist auch eine Augenweide“, schwärmt er. „Das satte Grün, die Berge und alles so sauber.“ Aber nach so einem Urlaub freut er sich auch wieder auf die asiatische Gelassenheit. „In Deutschland ist alles überreguliert“, hat er festgestellt. Immer wieder aufs Neue wundert er sich, worüber sich seine Landsleute aufregen. Kleinigkeiten sind das oft, Nichtigkeiten, verglichen mit den Problemen, mit denen er in Myanmar konfrontiert ist. Dabei sollten es doch die Deutschen, die so viel in der Welt unterwegs sind, besser wissen. Im Land der goldenen Pagoden hat der Allgäuer Henseler gelernt, den Dingen mit buddhistischem Gleichmut zu begegnen.
Ach ja, das Messerset, das am Anfang der Karriere stand, gibt’s noch – im Allgäu. Und dort wird es auch benutzt, wenn denn der Hoteldirektor mal wieder zu Hause ist.