Von der Lust ein Spion zu sein – Ein Besuch im International Spy Museum in Washington

Mit ehemaligen CIA-Agenten durch Washington oder im Spy Museum die Geschichte der Spionage erforschen und die eigene Eignung zum Spion überprüfen.

Wollten Sie schon immer James Bond sein ­ oder Mata Hari? Ein Spion, glauben Sie, führe ein abenteuerliches Leben: schöne Frauen, mächtige Männer, teure Hotels, Champagner und Reisen weltweit. Carol und John Bessette waren ein Vierteljahrhundert lang Agenten, immer mit dem Ohr im Feindesland und dem Herzen in der Heimat. Reichtümer haben sie dabei nicht angehäuft und tollkühne Aktionen, wie sie 007 im letzten Film in Island riskiert hat, waren das Ihre nicht. Carol und John waren die im Hintergrund, sie leisteten Detektivarbeit, forschten, analysierten. Was die Herren an den Schalthebeln der Macht mit ihren Recherchen anfingen, lag nicht in ihren Händen.
Jetzt sind beide im Ruhestand und plaudern aus dem Nähkästchen. John (69) war bei der Airforce, auch in Deutschland. Den Skandal um die CIA-Flüge kann er nicht so ganz nachvollziehen. Als Fracht- oder Passagierflüge getarnte Spionageflüge, weiß er, gab es von 1946 bis 1990. Alles streng geheim, natürlich. Getarnte Flüge und Entführungen sind auch für Carol (67) Agentenalltag. Sie führt Interessierte auf den Spuren berühmter Spione durch die „Spionagehauptstadt der Welt”, Washington , und erzählt Geschichten vom Bürgerkrieg bis zur Kuba-Krise. Wussten Sie, dass es im kalten Krieg sogar Pläne gab, Wien aus der Luft zu versorgen? Weil damals der Flughafen in der russischen Zone lag, hätten die Alliierten in Schönbrunn landen müssen. „Sehen Sie selbst, wie gewöhnliche Nachbarschaft und alltägliche Objekte zu Hintergrund und Hilfsmitteln der Spionage-Welt werden,” heißt es auf der website www.spiesofwashingtontour.com
Das Spionage-Museum ist bei der Tour nicht dabei. Doch wenn Sie je mit dem Gedanken spielen sollten, in die Fußstapfen von Scully und Muller (Akte X) zu treten, dann sollten Sie schon mal den Eignungstest machen. Das International Spy Museum gewährt Ihnen gegen 14 Dollar Eintrittsgeld auf mehreren Etagen Einblick in die Welt der Spionage. Nehmen Sie sich Zeit, denn die 200 Ausstellungsstücke vom Pfeifen-Projektil bis zur Lippenstift-Pistole wollen ebenso gewürdigt werden wie die sorgfältig zusammengestellte „Geschichte der Spionage” und die interaktiven Tests. Gleich beim Eintritt können Sie sich eine neue Identität aussuchen, die Sie möglichst schnell verinnerlichen sollten. Seien Sie gewarnt: Sie müssen auf Nachfrage genau Auskunft geben können.
Das ist so einfach nicht, denn auch die Informationsflut, mit der das Museum Sie überschwemmt, will kanalisiert werden. Und dann immer wieder diese Frage: Was treibt die Menschen dazu, Spione zu werden? Lust an der Intrige, am Abenteuer, Gier? Auf alle Fälle kriegen Sie erst mal eine Aufgabe. Aufklärung im Feindesland. Auch da sollten Sie sich die Einzelheiten einprägen. Klar wird: Nichts ist so wie es aussieht. Denn für den Agenten ist die tägliche Täuschung das tägliche Brot und „trau keinem” die Devise. Der Feind hört mit (Wanzen in der Krawatte oder im Zahn), er sieht alles ( Kameras im Knopfloch oder in der Armbanduhr) und er verrät alles (Mikrofilme im Hundekot oder in der Zigarettenschachtel). Natürlich können Sie tarnen und täuschen wie es die Spione tagtäglich machen. Üben Sie doch schon mal, ob Sie so eine Verkleidung durchschauen. Vorher, nachher auf Agentenart.
Und natürlich können Sie sich zur Wehr setzen, wenn sie geschnappt worden sind. Wozu gibt’s schließlich den Schlagring im Handschuh, die Pistole im Lippenstift, und ­ wenn alles nichts hilft ­ die Selbstmord-Pille in der Brille? Sie sind nicht bereit, Ihr Leben zu opfern? Dann schauen Sie, wie Sie da wieder rauskommen. Wissen Sie noch, wer Sie sind, wie Ihr Auftrag lautet? Der Agentenführer im Spy Museum ist gnädig und lässt Ihnen die Wahl zwischen drei richtigen Antworten. Ein bisschen nervös sind Sie schon. Doch dann das erlösende„Wir empfehlen Sie für weitere Missionen”. Geschafft.
Thomas Boghardt ist kein Spion, sondern studierter Historiker. Aber der gebürtige Hamburger hat über deutsche Spionage in Großbritannien promoviert und „immer gern Spionage-Romane gelesen”. Jetzt hat er „das Hobby zum Beruf gemacht” und arbeitet im Spy Museum, das ausgerechnet in einem Gebäude untergebracht ist, in dem während des zweiten Weltkriegs die kommunistische Partei Amerikas residierte (im Museum spielt der Kalte Krieg und der aggressive Anti-Kommunismus die Hauptrolle). Ehemalige Mitglieder der Nachrichtendienste halfen beim Aufbau, erzählt der Deutsche. Viele Ausstellungsstücke kämen von Privatleuten. „Es gibt sogar einen Original-Film aus den KGB-Archiven über Sex-Spionage”.
Auch weil der Direktor 35 Jahre bei der CIA gearbeitet hat, wird das Museum gut versorgt. „Man kommt so nah ran die Nachrichtendienste wie es einem Laien eben möglich ist,” weiß Boghardt. Der BND halte sich sehr bedeckt, die CIA dagegen betrachte die Zusammenarbeit eher als Werbung. Die Geschichte der Spionage, die im Museum bei der Bibel (und den Kundschaftern, die Moses nach Kanaan schickte) anfängt, hört mit dem Ende des Kalten Krieges auf. Der Kampf gegen den Terrorismus, der heute den Kampf gegen den Kommunismus abgelöst hat, findet im Museum noch nicht statt. „Vielleicht in zehn, 20 Jahren,” sagt Boghardt ­ „wenn die Terror-Gefahr Vergangenheit ist”.

International Spy Museum, 800 F Street, NW, Washington, DC 20004, spymuseum.org
Infos zu Washington: www.washington.org
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