Am Montag, 4. August, wurde ein 16-jähriger Schüler aus Nordrhein-Westfalen unterhalb des Säulings im Allgäu tot aufgefunden. Am vergangenen Freitag, 1. August, erlitt ein 64-jähriger Mann aus Erding bei einem Sturz auf dem Weg zum Lenggrieser Geierstein (1491 Meter) tödliche Verletzungen. Kurz zuvor war nahe der Reiteralpen in den Berchtesgadener Bergen der Lindenstraßen-Schauspieler Philipp Brammer tot aufgefunden worden. Die drei Männer sind bisher die letzten Opfer einer ganzen Serie von Bergunfällen. Fordern die Berge dieses Jahr mehr Tote? Roland Ampenberger, Pressesprecher der Bergwacht Bayern wiegelt ab: „Die tödlichen Unfälle in den Alpen bewegen sich Jahr für Jahr auf einem ähnlichen Niveau.“
In der DAV-Bergunfallstatistik, die der Alpenverein am Dienstag vorlegte, sind die drei Todesfälle nicht berücksichtigt. Die Zahlen – erfasst werden nur Unfälle von DAV-Mitgliedern – gelten für die Jahre 2012 und 2013. Und diese Zahlen sind zwiespältig. Einerseits gab es mit 28 bzw. 36 Opfern noch nie so wenige tödliche Unfälle, andererseits ist die Zahl der Un- und Notfälle insgesamt gestiegen, im vergangenen Jahr auf 1126.
Vor allem beim trendigen Klettersteiggehen, bei dem in den beiden zurückliegenden Jahren nur zwei DAV-Mitglieder tödlich verunglückten, mussten immer mehr Bergsportler gerettet werden. Dabei nahmen die Notfälle „mit unverletzt geborgenen Bergsteigern“ deutlich zu, wie Florian Hellberg von der DAV-Sicherheitsforschung berichtete. Mit 46 Prozent wurden immer mehr „Blockierungen“ gemeldet, also Situationen, in denen die Betroffenen nicht mehr vor oder zurückkommen und auf die Bergrettung angewiesen sind. Dank des Handys lässt sich diese auch schnell alarmieren, was einerseits die Zahl der Notfälle in die Höhe treibt, andererseits aber auch dabei hilft, mögliche Abstürze mit womöglich lebensgefährlichen Verletzungen zu vermeiden. Trotzdem: Viele dieser Notfälle sind, so Hellberg, auf Überforderung und Selbstüberschätzung zurückzuführen. „Beim Klettersteiggehen bewege ich mich im Absturzgelände und brauche ein Minimum an alpinem Wissen.“
Beim Wandern ist das nicht nötig. Trotzdem passieren 25 Prozent aller Unfälle bei dieser eher harmlosen Aktivität – mehr als in allen anderen Bergsportdisziplinen. Das liegt auch daran, dass 90 Prozent der DAV-Mitglieder aktive Wanderer sind. Knapp die Hälfte aller Wanderunfälle (49 Prozent) sind die Folge von Stolpern, Umknicken oder Stürzen. Drei Viertel dieser sturzbedingten Unfälle passieren beim Abstieg – wenn die Ermüdung zunimmt und die Aufmerksamkeit sinkt. Für 18 Prozent aller Unfälle und 37 Prozent aller tödlichen Unfälle beim Wandern sind Krankheit, Überlastung und Kreislaufprobleme ursächlich und da sind ältere Bergsportlerinnen und mehr noch Bergsportler besonders betroffen. Durch Training, die richtige Selbsteinschätzung und eine entsprechende Tourenauswahl ließen sich solche Probleme reduzieren, gibt Hellberg zu bedenken. Allerdings ist man sich beim DAV auch der Tatsache bewusst, dass Bergsport „nicht völlig risikofrei“ sein kann.
Beim neu in die DAV-Bergunfallstatistik aufgenommenen Hallenklettern wurde generell ein „sehr geringes Unfallrisiko“ festgestellt, als Unfallursache Nummer 1 wurden Sicherungsfehler ausgemacht. Insgesamt wurden in den 31 DAV-Kletteranlagen 161 Unfälle gemeldet. Dabei hat sich gezeigt, dass das Verletzungsrisiko beim Bouldern etwa doppelt so hoch ist wie beim Seilklettern.
Grundsätzlich kommt die seit 1952 mit Unterbrechungen geführte Bergunfallstatistik zu dem Fazit, dass viele Unfälle beim Bergsport vermeidbar sind – durch rechtzeitige Planung, entsprechendes Training und sinnvolle Tourenauswahl.Erfahrung, Können und Wissen seien die wichtigsten Voraussetzungen für einen verantwortungsvollen Umgang mit den Gefahren am Berg. Mit einer gründlichen Ausbildung seiner Mitglieder will der Alpenverein dazu beitragen, die Sicherheit im Bergsport zu verbessern.
07Aug. 2014