Viel Spaß hatten Enkel Philip und Großvater Horst in Bremerhaven. Eine Vergnügungsreise war es trotzdem nicht: In knapp drei Tagen besuchten sie sieben Attraktionen und Sehenswürdigkeiten – vom weltberühmten Klimahaus über den Windjammer „Deutschland“ bis hin zum „Zoo am Meer“. Und Philip war mit wachem Blick, Stift und Fragebogen unterwegs. Er wollte wissen, ob die besuchten Stationen kinderfreundlich sind: Wir werden Kinder dort empfangen? Werden sie bei Führungen genügend berücksichtigt? Ist die Beschilderung auch auf kleinere Besucher ausgerichtet?
Schulnoten für die Attraktionen
„Ich habe Schulnoten vergeben“, sagt Philip, „damit kenne ich mich ja am besten aus“. Philip vergab Noten für einzelne Bereiche wie „Betreuung“ oder „kindgerechte Erklärung“ und dann schließlich eine Gesamtnote. Das Ergebnis überrascht. Die meisten Attraktionen heimsten bei der Gesamtnote eine Eins ein, eine Zwei minus war noch das schlechteste Ergebnis.
Nette Menschen, teure Getränke
Noch eine Überraschung hat Philip notiert: „Die Leute in Bremerhaven sind im Vergleich zu vielen anderen Gegenden Deutschlands sehr nett und hilfsbereit.“ Und: „Ich habe niemand getroffen, der schlecht gelaunt war oder vielleicht gestresst…“ Einen Wermuttropfen aber kann Philip den Bremerhavener Gastgebern nicht ersparen. Eintrittspreise und Essen und Trinken – vor allem, wenn man sich direkt in der Gastronomie der Attraktion stärkt – erschienen im „sehr teuer“.
Laut Philip trifft das beispielsweise im Restaurant „Längengrad“ im Klimahaus zu. Für ein Glas Wasser musste er 2,70 Euro blechen. „Das ist zu teuer“, sagt Philip. Was er allerdings nicht wusste: Mitgebrachte Speisen und Getränke dürfen auf der großen Treppe im Foyer verzehrt werden. „Das kennt man sonst doch nur aus einem bayerischen Biergarten“, gibt Klimahaus-Pressechef Holger Bockholt zu bedenken.
Viele Eindrücke im Klimahaus
Äußerlich gleicht das 2009 eröffnete Klimahaus einem Raumschiff. Auch zum Inneren notierte Philip fachmännisch: „Architektonisch gut.“ Im Schnitt halten sich die Besucher, darunter sehr viele Schulklassen, zwei bis drei Stunden im Klimahaus auf. Länger haben es Großvater und Enkel auch nicht geschafft, schließlich mussten viele Treppen überwunden und unendlich viele Eindrücke verarbeitet werden. „Für einen ausführlichen Besuch der Ausstellung sollte man sich aber gerne einen halben Tag Zeit nehmen“, rät Bockholt.
Reise durch fünf Kontinente
Kern der Klimahaus-Ausstellung ist eine Reise entlang des achten Längengrads, auf dem auch Bremerhaven – so ungefähr – liegt. Sie führt Besucher durch fünf Kontinente und neun Orte und folgt dabei den Spuren eines Mannes namens Axel Werner, eines Architekten, der die Reise für das Klimahaus tatsächlich einmal gemacht und in der Ausstellung zahlreiche Aufzeichnungen, Fotos und Erinnerungsstücke hinterlassen hat.
Plastik-Kuh und Riesen-Insekten
Erste Station ist Isenthahl in der Schweiz, wo Philip bei Kuhglockengeläute eine (Plastik-)Kuh melken darf. „Der Schrecken kam später“, erzählt er, denn in der Schweiz schmelzen die Gletscher. In der zweiten Station, Seneghe auf Sardinien, wird die Insektenwelt riesengroß dargestellt – und Philip fühlt sich wie ein Zwerg. Großvater und Enkel durchqueren danach auf dem Weg zur dritten Station, Karnak in Niger, bei 35 Grad die Sahelzone.
Lange Erklärungen
Besonders spannend ist das Leben der Tuareg dargestellt, wie sich Philip erinnert, aber er liest nur einen Teil der vielen schriftlichen Erklärungen. Den anderen Teil übernimmt der Großvater, der ihm später davon erzählt. Philip: „Manchmal ich hätte ich mir die Erklärungen etwas plakativer gewünscht, man muss sich ganz schön in die Themen reinfuchsen.“
Doch gut gelaunt geht die Reise weiter. Im Regenwald von Kamerun, in der nächsten Station Ikenge, wird es schwülwarm. Philip hat Spaß an der dargestellten Flusslandschaft und hangelt sich gekonnt über eine Hängebrücke.
Sternenhimmel über der Südsee
Bitterkalt, nämlich minus 6 Grad, wird es in der nächsten Station, dem Königin-Maud-Land in der Antarktis. Während Philip die Kälte nichts ausmacht, nimmt der Großvater lieber eine Abkürzung durch wärmere Gefilde. Die zwei lernen eine Polarstation kennen und sehen auf dem Weg zur Südsee-Reisestation Satitoa auf Samoa einen wunderschönen Sternenhimmel. Was gibt es in dieser Station nicht alles zu entdecken: eine Kirche, ein typisches Wohnhaus und große Aquarien.
Klimawandel und Plastikmüll
Durch den Anstieg des Meeresspiegels sind die Südseeinseln in Gefahr, hat Philip sich gemerkt. In der nächsten Station, Gambell in Alaska, wo die Yupik noch auf Robbenjagd gehen, ist es der Plastikmüll im Meer, der schockiert. Auch die letzte Station, bevor es zurück nach Bremerhaven geht, ist bedroht, die Hallig Langeness in Deutschland. Wenn der Meeresspiegel weiter steigt, weiß Philip jetzt, werden die Halligen verschwinden…
Am Ende der Reise
Uff, das Ende der Reise ist erreicht. Großvater Horst und Enkel Philip sind k.o. Dabei gibt es noch zwei weitere Bereiche im Klimahaus, für die sie Zeit und Kraft aufbringen müssten. Das „World Future Lab“, in dem die Welt der Zukunft gestaltet werden kann, und die „Perspektiven“ mit eindrucksvoller Darstellung des Klimawandels. „Das mit den verschiedenen Klimazonen hat mir gut gefallen“, zieht Philip Bilanz, „aber das hier ist mir einfach zu viel…“ Wie zur Entschuldigung sagen beide: „nächstes Mal.“
Im Fragebogen verpasst Philip dem Klimahaus eine Eins minus. Das Minus „ist wegen der viel zu vielen Informationen“, sagt er.
Zu den Personen
Horst Schwartz ist Reisejournalist und 80 Jahre alt, sein Enkel Philip Völkl ist 11. Testreisen wie diese haben im Haus Schwartz-Völkl schon Tradition. Mit dem heute 17-jährigen Enkel Henrik wurde vor Jahren schon einmal die AIDAmar kritisch untersucht und später der südliche Oman.
Das Titelbild fotografierte Hannes Voigts/ Erlebnis Bremerhaven.
Hinweis: Die Recherche von Opa und Enkel wurde unterstützt von Erlebnis Bremerhaven.