Was wohl die Prinzessin gesagt hätte, wenn sie heute am „Diana’s Point“ stünde, da wo sie angeblich in den 1980igern bei ihrem Besuch im Oman ins weite Bergland geschaut hat? Die Terrassen sind noch da, wenn auch oft unbebaut. Auch die Rosengärten. Und das Dörfchen Al Ayn krallt sich noch immer in den Fels des Hajar-Gebirges. Die Prinzessin hätte den romantischen Ausblick vor sich genossen – und sich vielleicht nicht umgedreht. Denn da in ihrem Rücken wäre nichts mehr so wie es einmal war. Der Diana’s Point ist eine gigantische, staubige Baustelle. Das hier entstehende neue Resort verstellt den Blick auf die andere Seite des Berges. Der bleibt in Zukunft den betuchten Hotelgästen vorbehalten.
Ein Hotel zwischen Himmel und Erde
Mit dem Ausbau der abenteuerlichen Schotterstraße zu einer breiten, befestigten Betonpiste ist die Neuzeit auch in den Dörfern des Hajar-Gebirges im Oman angekommen. Schon steht auf dem Gipfel des Jebel Akdhar, des grünen Bergs, ein Luxushotel, das den abgenutzten Begriff Hideaway mit neuen Inhalten füllt. Häuser aus Natursteinen gruppieren sich um den Hauptbau, in dem Asien und Orient eine glückliche Verbindung eingehen. Im Blau des Infinity Pools, der scheinbar über dem Abgrund schwebt, schwimmen die Wolken. Es ist eine wilde, ungezähmte Natur, eine Landschaft zwischen Kupfer und Ocker, in die sich das Alila Jabal Akhdar Hotel schmiegt, ganz so als gehöre es schon immer hierhin, an diesen Flecken Land zwischen Himmel und Erde. Hinter einem Zaun fallen die Felsen steil ab in eine Schlucht, die an den Grand Canyon denken lässt. Doch in der Tiefe rauscht kein Bach, die Büsche sind dürr, die Bäume kahl, die Felsen von der Sonne gebleicht. Im Resort aber sprudeln Brunnen wie einst in den fruchtbaren Tälern des Jebel Akhdar. Die Architekten haben die alten Bewässerungsanlagen imitiert, die Gärtner haben Rosen und Wacholder gepflanzt, Gräser und einen Weihrauchbaum. Und Weihrauch-Duft empfängt die Gäste in der großzügigen Lobby, wo alles wiederkehrt, was den Charme des Orients ausmacht – und was die verwöhnten Gäste erwarten. „Sustainable Luxury“ ist die Philosophie, der sich Alila verschrieben hat. Auch auf dem Jebel Akhdar sollen Lebensstil und Traditionen der Menschen vor Ort ebenso respektiert werden wie die Natur. Ein nicht ganz einfaches Versprechen in dieser eher menschenfeindlichen Umwelt. Langfristig soll das nötige Wasser in einer eigenen Leitung hochgepumpt werden. Noch aber wird es täglich von vier bis sechs Tankfahrzeugen den Pass mit seinen steilen Haarnadelkurven hochgefahren.
Im nahen Dorf an der Teerstraße leben noch ein paar Familien in neuen Häusern. Das alte Dorf Sirab, nur über einen Schotterweg zu erreichen, aber ist verlassen. Durch die leeren Fensterhöhlen fliegen die Vögel ein und aus, zwischen den verfallenden Häusern grasen wilde Esel.
Der Sultan und die moderne Zeit
Sirab ist nicht das einzige Dorf im Hajar-Gebirge, dem seine Bewohner den Rücken gekehrt haben. Die Lehmhäuser von Wadi Bani Habib stehen schon lange leer, während gegenüber auf dem Berg das neue Dorf wächst. Nasser – weiße Dishdasha, grauer Bart, auf dem Kopf ein zum traditionellen Massar gebundenes Tuch – hat das alte Dorf vor 27 Jahren verlassen. Sein ältester Sohn wurde noch dort geboren. Heute lebt der 53-Jährige mit Frau und zwölf Kindern in einem modernen großen Haus. Nur manchmal kommt er noch zurück zum Ort seiner Kindheit. Meist dann, wenn er ein paar Touristen orientalische Bautradition zeigen will. Nasser ist glücklich über die Errungenschaften der modernen Zeit: das bequeme Haus mit fließend Wasser, das Auto, die Straßen.
Das alles habe er Sultan Qabus zu verdanken, sagt er. In den 45 Jahren seiner Regierungszeit – erst kürzlich wurde das Jubiläum groß gefeiert – habe der Herrscher des Oman aus einem rückständigen Land einen modernen Staat geformt. Noch 1960 lebten im Oman 99 Prozent Analphabeten, es gab gerade mal drei Schulen und zwölf Kilometer Teerstraße. Der Sultan ließ Schulen bauen und Krankenhäuser, Straßen und Flughäfen. Natürlich auch Moscheen wie die Große Moschee in Muskat, die mit Superlativen wie dem 8,1 Tonnen schweren Swarovski-Lüster und dem 4232 Quadratmeter großen Teppich glänzt. Orientalische Prachtentfaltung zu Ehren Allahs.
Die Rekordsucht seiner Nachbarn in Dubai oder Abu Dhabi hat den inzwischen schwer kranken Sultan allerdings nicht infiziert. Im Oman wachsen die Türme nicht in den Himmel, aber die Städte wuchern in die Breite. So wie die ehemalige Hauptstadt Nizwa. War einst das Fort aus dem 17. Jahrhundert samt dem Souk, durch den alle Wohlgerüche des Orients wabern, Mittelpunkt der Stadt, wirkt es heute neben den Neubaugebieten mit ihren riesigen Malls fast wie eine Randnotiz. Im Fort selbst können Besucher sich mit etwas Fantasie in die Geschichte zurückversetzen. In eine Zeit, als sich die Bewohner mit kochendem Dattelsirup gegen ungebetene Eindringlinge zur Wehr setzten. Da bekommt die Redewendung vom süßen Tod eine ganz neue Bedeutung. Dattelpalmen sind auch der Reichtum von Biskat al Mouze, dessen ausgeklügelte Bewässerungsanlagen, die Falaj, Weltkulturerbe sind. Glasklar fließt das lebensspendende Nass durch den Kanal neben einer kleinen Moschee. Die alten Anlagen, Unesco-Weltkulturerbe, sind gut erhalten. Aber ganz in der Nähe verfallen die wunderschönen alten Lehmhäuser des Oasen-Örtchens.
Der Oman wie er früher einmal war
Wer den Oman noch erleben will wie er früher war, muss nach Musandam weit oben im Norden der arabischen Halbinsel und durch einen rund 80 Kilometer breiten Korridor vom Mutterland getrennt. Der Landzipfel an der Straße von Hormuz ist gerade mal halb so groß wie Mallorca und noch weitgehend unerschlossen. Denn bis 2005 war Musandam auch seiner strategischen Lage wegen militärisches Sperrgebiet. Vertraglich festgelegt wurde die Grenze zu den Vereinigten Arabischen Emiraten erst 1970. Gerade mal 60 Kilometer ist die Küste Irans von hier entfernt. Nahe genug für einen „kleinen Grenzverkehr“. Ziel iranischer Schmugglerboote ist die Hafenstadt Khasab. Hier landen die Iraner mit ihren Schnellbooten in den Morgenstunden an, um am späten Nachmittag im Pulk wieder in Richtung Persien zu starten. An Bord statt Ziegen wasserdicht verpackte Waren – Waschmaschinen, Unterhaltungselektronik, Kosmetik und Zigaretten. Bei Sonnenuntergang sind alle Schmugglerboote verschwunden – wie ein Spuk.
Dann kommen die Dhaus, die traditionellen Holzschiffe, von ihren Ausflugsfahrten in den Khor Shimm, den längsten Fjord, zurück. Die tief in die kahlen Bergflanken eingeschnittenen Fjorde haben Musandam den Beinamen „Norwegen Arabiens“ eingebracht. Die Dhaus bringen die Touristen in diese fremdartige Welt, wo Bergkegel wie Schichttorten aus dem Meeresblau aufragen und winzige Dörfer sich unter Wolkenkratzer-Felsen ducken, wo Nemos Verwandte nach Bananenhappen schnappen und Delphine nach den Pfeiftönen der Mannschaft springen.
Es ist eine andere Welt in Musandam – wie aus der Zeit gefallen. Eine Welt in erdbraun, kreideweiß und schiefergrau. Seit 1981 führt eine schwindelerregende Schotterpiste zur Radarstation auf dem höchsten Berg, dem Jebel Harim. Früher kamen die Menschen aus den entlegenen Dörfern auf dem Esel ins Tal, heute fahren sie mit dem Pick-up, wenn sie die Kinder zur Schule nach Khasab bringen. Manchmal donnert ein Tanklaster um eine der Kurven, dann wieder ein Baufahrzeug. Auch hier wird die Straße ausgebaut. Womöglich flankieren bald Straßenlaternen eine Betonpiste wie am Jebel Akdhar. Doch noch ist es einsam hier oben, ist die Stille zwischen den bizarren Felsformationen fast unheimlich. Prinzessin Diana war nie auf dem Jebel Harim, dem Berg der Frauen. Der weite Blick über die Berge hätte ihr sicher gefallen.
Info
Einreisen: Das nötige Visum kann bei der Einreise beantragt werden. Nötig ist ein noch sechs Monate gültiger Reisepass.
Anreisen: Oman Air fliegt ab München direkt nach Muskat, wo 2016 das neue Terminal eröffnen soll.
Bezahlen: Ein Euro entspricht 0,41 Omani Rial (Stand November 2015). In Hotels und größeren Geschäften kann man auch mit Kreditkarte bezahlen. Der Oman ist kein Billigland. Die Hotel- und Restaurant-Preise liegen auf europäischem Niveau, manchmal auch darüber.
Beste Reisezeit: Oktober bis März
Veranstalter: Im Oman sind alle großen Veranstalter vertreten. Studien- und Spezialveranstalter wie Studiosus, Nomad oder Geoplan haben spezielle Rundreisen im Programm. Wir waren mit Geoplan unterwegs, Fahrer und Führer brachten uns zu den Orten, die uns am meisten interessierten (www.geoplan-reisen.de/).
Hoteltipps: In Muskat das Chedi, ein elegantes Luxushotel im Zeitgeist mit eigenem Strand und einer Pool-Landschaft mit einem 103 Meter langen Longpool: http://www.ghmhotels.com/de/muscat/
Ganz anders das Al Bustan im Stil eines orientalischen Palasts an einer eigenen Bucht ebenfalls mit großer Pool-Landschaft und dem Six Senses Spa: http://albustanpalaceritzcarlton.h-rez.com/ Im Jebel Akhdar das Alila, brandneu in einem Mix aus Asien und Orient in spektakulärer Gipfellage: http://www.alilahotels.com/jabalakhdar
Lesen: Lorenz Töpperwien/Julitta Baums, Oman, Tescher Verlag, 18,95 Euro
Informieren: Im Reisebüro oder im Internet unter http://www.omantourism.de/das-sultanat-oman.html