Mittendrin im Fremden: Ingo Petz in Aserbaidschan

Kuckucksuhren in Baku. Reise in ein Land, das es wirklich gibt
Autor: Ingo Petz
Verlag: Droemer/Knaur
Erschienen: August 2006

Kennen Sie Aserbaidschan? Nein. Dann wird es Zeit, das Land kennen zu lernen, am besten in Begleitung des Journalisten Ingo Petz. Denn anders als das sagenhafte Molwanien ist Aserbaidschan ein Land, das es wirklich gibt. Und Ingo Petz war schon da. Am Kaukasus, wo nicht gerade der Nabel der Welt ist. Baku sagt Ihnen vielleicht etwas. Baku ist die Hauptstadt von Aserbaidschan und „mittendrin im fremden Leben”, in einer gemieteten Wohnung, hat Ingo Petz zwei Monate lang gelebt zwischen „Bakuwinern”, verfallenen Bauten, Gärten, lärmenden Straßen und unter einer ewigen Dunstglocke. Trotzdem sah er klar: Baku ist etwas für die postmoderne Poesie, chaotisch und undurchschaubar zumindest für einen Mann aus dem Westen ­ „eine Schneekugellandschaft”. Hier wird Taxifahren zur „philosophie noire” und der Goldzahn zum Markenzeichen.
Je vertrauter Petz mit den Skurillitäten des aserbaidschanischen Alltags wird, desto merkwürdiger erscheinen ihm so manche deutsche Gebräuche. Und erst der deutsche Mensch, der „Instant-Abenteurer” und „Dauer-Nörgler”. In Aserbaidschan dagegen findet er noch Menschen, die sich trotzig den Herausforderungen des Lebens stellen. Indem sie mit einem toten Wolf Geld verdienen, ihr Museum vor neugierigen Besuchern abschirmen oder sich mit Wodka das graue Baku bunt trinken. Er findet nicht nur „Kuckucksuhren in Baku” und den letzten Deutschen in einem Kaukasus-Dorf, sondern viele deutsche Spuren. Und er findet eine Welt jenseits aller Klischees: „Mein Kopf war leer, überfordert von der Gewalt der Eindrücke, erschlagen vom Rausch der Bilder. Ich sagen Ihnen: Besuchen Sie dieses Land, bevor es der deutsche Bildungsbürger entdeckt und in seine Klischeeschublade presst.”
Auch wenn Sie nicht wie Rüdiger, der einsame Wanderer, ihren Weg durch den Kaukasus suchen oder wie Ingo Petz auf langen Taxifahrten den aserbaidschanischen Alltag erforschen wollen, auch wenn ihr Abenteuergeist nicht ausreicht, um zwischen pittoresken Öltürmen und philosophierenden Taxifahrern zu überleben, rate ich Ihnen: Lesen Sie dieses Buch und Sie werden lachend aus dem deutschen Jammertal auftauchen und eintauchen in einen Kosmos des Absurden, in eine Welt der Lebenskünstler stets am Rande der Katastrophe. Petz‘ Buch ist eine wunderbare Arznei gegen die Melancholie dieser grauen Tage, eine Reisebuch auch für Nicht-Reisende.

Ingo Petz, Kuckucksuhren in Baku, Droemer, 251 S., 16, 90 €

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