Er tut’s wieder sehr zur Freude seiner Fans: Grantelnd und fluchend, wie sie ihn mögen, ermittelt der Allgäuer Kult-Kommissar Kluftinger im neuen Fall „Grimmbart“ – diesmal in einem Mordfall in adligen Kreisen. Die Umgangsformen der blaublütigen Verdächtigen sind dem bodenständigen Kommissar dabei so fremd wie die Sitten und Gebräuche der japanischen Verwandtschaft, die er zur Hochzeit von Sohn Markus im Altusrieder Haus beherbergt.
Mit diebischem Vergnügen verschränken die beiden Autoren Volker Klüpfel und Michael Kobr die beiden Familiengeschichten, den merkwürdigen Mordfall im vergammelten Schloss – die eingeheiratete Baronin wurde vergiftet und wie ein Ahnenporträt drapiert – und die diffizilen Hochzeitsvorbereitungen im Hause Kluftinger.
Es treten auf: Im Mordfall ein arroganter Graf mit gelben Augen, ein Hochstapler aus dem Rotlichtmilieu, ein angesehener Allgäuer Apotheker mit erotischen Sonderwünschen, ein geldgieriger Verwalter und ein verwirrter Witwer, der seltsame Wege geht. In der Hochzeitsgesellschaft die traditionsbewussten Eltern Yumikos und ihre verwestlichte Schwester, die zerstrittenen Eltern Erikas und Kluftingers gluckenhafte Mutter.
Als wäre das nicht genug der Probleme, muss sich der überforderte Kommissar auch noch mit der neuen Polizeipräsidentin herumschlagen, einer durchaus attraktiven Norddeutschen, die im Dienst keinen Spaß kennt. Das übrige Personal ist vertraut: Streitlustig wie gewohnt agiert das Team, auch Dr. Langhammer gibt wieder zu allem und jedem seinen Senf dazu.
Natürlich ist es wieder Kluftingers Bauchgefühl, das zur – überraschenden – Lösung führt. Bis dahin lassen sich die beiden Allgäuer Autoren gut 450 Seiten Zeit. Genug Platz, sich über teure Adoptionen in Adelskreisen und Swinger-Partys im Schloss auszulassen und mittels Märchenmotiven eine Spur zu legen, die auf eine vergessene Tragödie verweist. Wie Hänsel und Gretel folgt das Team um Kluftinger denn auch lange Zeit falschen Spuren, die in die Irre führen. Nur, um am Ende einen Täter zu haben, der selbst ein Opfer war.
Wie immer ist der Krimi gewürzt mit vielen vergnüglichen Alltagsszenen aus dem Hause Kluftinger, die sich mit den japanischen Gästen zu wahren Slapstick-Orgien steigern. Sie setzen einen heiteren Contra-Punkt zu der düsteren Atmosphäre im Schloss, die durch den verfallenen Märchenwald noch untermauert wird. Nur hier, an diesem magischen Ort, kann der Kommissar dem leibhaftigen Meister Grimmbart begegnen, den das Adelsgeschlecht im Wappen trägt. Ein fabelhafter Einfall, der dem Autoren-Duo auch Ausflüge in die magische Realität ermöglicht.
Info: Klüpfel Kobr, Grimmbart – Kluftingers neuer Fall, Droemer, 480 S., 19,99 Euro
01Okt. 2014