Leben ohne Lehrplan: Nina Bußmanns „Große Ferien“

Schramm ist einsam. Das war er schon als Lehrer, ein belächelter Eigenbrötler. Nun unterrichtet er nicht mehr wegen der Sache mit dem Schüler Waidschmidt. Was genau passiert ist, erfährt der Leser nicht. Nur so viel, dass der Schüler anfangs eher ein Seelenverwandter Schramms, sich zu dessen größtem Kritiker aufgeschwungen hat. Schramm ist auf sich allein gestellt, muss sein Leben ohne Lehrplan leben, sich die zeit im Garten vertreiben oder mit dem Warten auf den Bruder, der so ganz anders ist als er, kein Streber war und es doch zu etwas gebracht hat. Der sich in der Welt umgesehen hat und bei wechselnden Frauen gut ankommt. Der immer noch keine Ordnung in sein Leben gebracht hat – anders als Schramm. Vielleicht hat der zu viel Ordnung. Vielleicht klammert er sich an Äußerlichkeiten, weil sein Inneres leer ist.  
Man ahnt mehr als man beim Lesen erfährt. Unterschwellig. In Nina Bußmanns seltsam aufreizendem Debütroman fehlen alle Gewissheiten. Und doch liest man immer weiter, lässt sich hineinziehen in die verschrobenen Gedanken Schramms, folgt den absonderlichsten Gehirnwindungen, nur um wieder da anzukommen, wo alles begonnen hat: im Garten, wo das Unkraut über Nacht da ist – und wo Schramm zum Sisyphos wird. Allerdings man ihn sich nicht glücklich vorstellen. 
Der zerstörte Garten wird zum kunstvollen Spiegelbild einer kaputten Existenz, in der sich dieser Ex-Lehrer fast genussvoll eingerichtet hat. Bußmann treibt ein fast sadistisches Spiel mit dem  Leser, indem sie ihm Erklärungen andeutet, um sie gleich darauf wieder zu entziehen. Keine leichte Lektüre – aber eine interessante.
Info: Nina Bußmann, Große Ferien, Suhrkamp, 199 S., 17,95 Euro. 

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