Es glitzert und glänzt in Dubai, in Abu Dhabi, im Oman. Die Region am Golf boomt, nicht nur aber auch im Tourismus. Gigantomanie allerorten: der höchste von Menschen bewohnbare Turm der Burj Dubai, das bisher größte Guggenheim Museum in Abu Dhabi, Golfplätze im Wüstensand. Irgendwie erinnert so manches an den Turmbau zu Babel. Aber noch ist ein Ende des Wachstums nicht in Sicht. So jedenfalls das Fazit der Touristischen Runde.
Dr. Rene Hingst vom Department of Tourism and Commerce Marketing Dubai
weist jeden biblischen Vergleich weit von sich. Was am Golf passiere,
habe auch nichts mit Zauberei zu tun. Dubai sei vielmehr ein „enorm
clever gemanagtes Business-Modell“. Die mächtige Maktum-Familie habe
frühzeitig erkannt, dass die Ressource Öl endlich ist und konsequent
daran gearbeitet, Alternativen zu erschließen. Der touristische Boom
stütze sich auch nicht auf den – seit zehn Jahren eher stagnierenden –
deutschen Markt. Dubais Gäste kämen aus der ganzen Welt, denn das
Emirat profiliere sich als Drehscheibe zwischen dem alten Europa, den
USA und den Wachstumsmärkten in Asien.
Jenny Todorovic von der Abu Dhabi Tourism Authority sieht für Abu Dhabi
eine andere Entwicklung. Generaldirektor Mubarak Al Muhairi hat den
Kulturtourismus im Visier. Auf der Saadiyat-Insel sollen vier neue
Museen entstehen und Starrachitekt Gehry soll für das Emirat Pläne für
das bisher größte Guggenheim-Museum entwerfen. Angesprochen werden
sollen Gäste mit dicker Brieftasche und hohem Bildungsniveau, also
vorwiegend Dinks (kinderlose Paare mit doppeltem Einkommen). Laut
Todorovic verfügt Abu Dhabi noch über reichlich natürliche Ressourcen,
allein schon mit den 200 vorgelagerten Inseln. Allerdings müsse die
bisher noch unzureichende Hotelkapazität ausgebaut werden.
Udo Fischer, General Area Manager Deutschland von Etihad Airways,
sieht ebensolchen Nachholbedarf in der Luft. Die Hauptstadt der
Vereinigten Arabischen Emirate sei noch vor Jahren „relativ schlecht“
angebunden gewesen, erklärte er. Deshalb sei auch Etihad, die nationale
Airline Abu Dhabis, gegründet worden. Primäres Ziel dieser im Premium
Segment operierenden Fluglinie sei es, Gäste nach Abu Dhabi zu bringen.
Was den Komfort angeht, habe Emirates (Dubais Airline) Maßstäbe
gesetzt. „Aber wir können noch besser,“ betonte Fischer und verwies auf
die drei Säulen „Hochwertigkeit, Innovation und Flexibilität“. Selbst
in der Economy, bei Etihad Coral Zone genannt, gäbe es größere
Sitzabstände, ein individuelles Inflight-Entertainment-System und eine
Auswahl an Speisen. Etihad, da ist Fischer sicher, werde weiter wachsen
„in enger Abstimmung mit der Regierung“.
Petra Fraatz, Produktmanagerin von Dertour, erinnerte daran, dass der
Veranstalter schon vor dem ersten Golfkrieg die Emirate im Programm hatte,
also 1987. Seither habe sich das Bild völlig verändert. Schon deshalb
plant Dertour eine große Pressereise nach Dubai. „Wir wollen den
Zustand zeigen und auch die Zukunft“. Für Fraatz ist das Emirat eine
„fazinierende Luxus-Oase mitten in der Wüste“. Die Menschen in Dubai
glaubten an den Fortschritt getreu dem Motto „alles ist möglich, nichts
ist unmöglich“. Und das Wachstum schwappe mittlerweile auf die anderen
Emirate über, denn die positiven Attribute, die die Region für die
Touristen interessant machten, seien noch immer gültig: schnelle
Erreichbarkeit, problemlose Einreise, Top-Hotels, hohe
Service-Qualität, politische Stabilität, große Sicherheit. Dazu weiße
Strände, blaues Meer und jede Menge Abwechslung, Shopping Malls und
Souks, Wüste und Wadis. Und das alles mit einer Zeitverschiebung von
nur drei Stunden.
Auch Hisham Sabe, Geschäftsführer des Orientspezialisten Sarafea ,
glaubt an die Zukunft der Golfregion. Die Vereinigten Arabischen
Emirate hätten sich aus dem politischen Geschehen des arabischen Raums
herausgehalten und damit einen „sehr diplomatischen Weg“ eingeschlagen,
begründet der gebürtige Ägypter die stürmische aber friedliche
Entwicklung inmitten einer krisen- und kriegsgestählten Nachbarschaft.
Orientspezialist Olav Clemens brachte den Oman als neuen Konkurrenten
um die Gunst der Touristen ins Spiel, auch wenn dort der Tourismus
„noch in den Kinderschuhen“ stecke. Erst 2004 sei in dem Sultanat ein
Tourismusministerium gegründet worden und schon stehe ein
Fünf-Jahresplan, der bis 2010 die Summe von 220 Millionen US-Dollar
vorsehe, um das Tourismus-Marketing voranzubringen. In Zukunft werde es
sich nicht vermeiden lassen, dass der Oman auch den Nachbarn Kunden
wegnehme, befürchtet Clemens. Könne doch auch Sultan Quabus auf eine
stabile wirtschaftliche und politische Lage aufbauen, frei von
islamischem Fanatismus. Im Unterschied zu den nördlichen Nachbarn
vermarkte sich der Oman jedoch nicht mit immer neuen Sensationen und
Superlativen, sondern über seine abwechslungsreiche Landschaft und sein
kulturelles Erbe. Mit dem Oryx Schutzgebiet, der Weihrauchstraße, dem
Fort von Bahla und den archäologischen Ausgrabungen von Bat, Al-Kutm
und Al-Ayn könne der Oman auf vier Unesco-Weltkulturerbestätten
verweisen. Derzeit flössen Millionen in die Verbesserung der
touristischen Infrastruktur, problematisch sei allerdings bis heute die
Flug-Anbindung. Reisende aus Deutschland müssten eine Zwischenlandung
in Abu Dhabi oder Dubai hinnehmen.
Georg Czaja von der TUI hob die unterschiedlichen Facetten der Region
hervor, die ihren „Charme“ ausmachten. Allerdings frage man sich schon
seit Jahren, wann „die Blase“ platze, wann der Hype aufhöre. Doch Czaja
ist sicher, dass dies nicht in nächster Zeit passiert. Deshalb sei die
TUI am Golf engagiert, mit Erfolg. Das nach zwei Jahren wieder ins
Programm aufgenommene Abu Dhabi entwickle sich zum Renner neben dem
ohnehin boomenden Dubai. Eventcharakter, Golfangebot und Shopping-Malls
macht der TUI-Manager für die Beliebtheit der Region ebenso
verantwortlich wie die Internationalität und Multikultur. „Hier leben
unterschiedliche Glaubensrichtungen friedlich zusammen und die Harmonie
strahlt auf die Gäste zurück.“ 2007 werde auf „The Palm“ ein Robinson
Club eröffnen, auch ein Iberotel sei geplant. Die TUI rechne mit
günstigen Flugsitzen auf Grund der enormen Kapazitäten. Fast bewundernd
fügte Czaja hinzu: „In Dubai hat man es verstanden, eine
Riesenbaustelle so geschickt zu vermarkten, dass die Menschen
hinfliegen, um Zeuge zu sein.“
Auch wenn Al Djassira davor warnt, dass die VAE in nächster Zukunft
Ziel von Anschlägen sein könnten, bleiben die Referenten optimistisch.
Grundsätzlich herrsche in der Region ein Klima der Sicherheit, betonte
Hingst, Dubai sei gar als „sicherstes Land der Welt“ gelistet. Und was
den gigantischen Energieverbrauch angehe, werde das Thema „innovativ“
angegangen. So habe eine Firma aus Deutschland ein Granulat entwickelt,
das die Hälfte des Wassers bei der Bewässerung spare. Und Todorovic hob
hervor, dass in Abu Dhabi eine eigene Behörde gegründet worden sie, die
den ökologischen Aspekten der rasanten Entwicklung Rechnung tragen
solle. Einig waren sich alle, dass in den toleranten Vereinigten
Arabischen Emiraten kein Kultur-Clash drohe, solange die Regeln des
Anstands beachtet würden. Sehr wohl könnten an den Stränden Bikini und
Tschador nebeneinander existieren.
Von Konkurrenzdenken untereinander wollte Hingst nichts wissen. „Keiner
nimmt dem anderen die Butter vom Brot.“ Dubai habe die Entwicklung
losgetreten, von der jetzt auch die Nachbarstaaten profitierten. Zum Glück,
denn die Kapazitäten in Dubai seien mit 95 Prozent voll ausgeschöpft.
Nachdem es bereits das Hotel mit den meisten Sternen (Burj al Arab)
hat, greift das Emirat nun nach den Ringen: Für 2020 werde eine
Bewerbung für die olympischen Spiele diskutiert.