Im Wellness-Stress: Das Sporthotel Stock und die Qual der Wahl

Seit 30 Jahren ist das Sporthotel Stock eine gute Adresse in Finkenberg im Zillertal. Aber natürlich hat sich viel geändert seit den Anfängen im Jahr 1976, als das Restaurant Bratpfandl eröffnet wurde. Besonders viel in den letzten Jahren, denn da wurde in den Spa-Bereich investiert. Elf Millionen Euro hat die Familie in die Hand genommen und in den neuen Residenz Suiten sowie in der weitläufigen Wellness- und Spa-Abteilung an nichts gespart. Jetzt kann man wählen zwischen Familien- oder Damen-Wellness oder dem Wohlfühlbereich für Mann und Frau. Für die Freundinnen-Tage etwa empfiehlt sich das Lady’s Spa, Eltern und
ihre Kinder haben den meisten Spaß in der Familienabteilung, wo nicht
geflüstert werden muss, sondern auch mal laut gelacht werden darf. Doch
die größte Auswahl gibt’s in der gemischten Abteilung mit
Sole-Basilika, Laconium, Dampfbad, Kelo- und Blocksauna, mit einem
Mini-Bergsee zum Unter- und dem Sole-Bad zum Abtauchen. In den
Ruheräumen mit den großen Wasserbetten herrscht tiefste Ruhe, nur hie
und da unterbrochen von unterdrücktem Gekicher und leisem Flüstern.
Entspannung pur.
Doch wer alles erleben will, was das Hotel zu bieten hat, gerät leicht
in den Wellness-Stress. Zwei Nächte bin ich hier. Vier Anwendungen habe
ich gebucht und daneben will ich natürlich auch noch die schöne
Landschaft im Zillertal erkunden, mein freundlich-heiteres Zimmer
genießen und womöglich noch am Abend an der Bar eine gute Figur machen.

Weil ich soviel vorhabe, fange ich am besten noch vor dem Frühstück an.
Die Dorn-Breuss-Massage kommt aus dem Allgäu, erzählt mir Susanne aus
Mindelheim. Der Landwirt und Sägewerksbesitzer Dieter Dorn aus Lautrach
hat eine schonende Methode entwickelt, Gelenke und Wirbel wieder
zurecht zu schieben. Die nachfolgende Breuss-Massage soll noch
bestehende Blockaden durch eine energetische Rückenmassage lösen. 50
Minuten hat Susanne Zeit, meine vom vielen Sitzen verschobene
Wirbelsäule wieder hinzubiegen. Gefühlvoll bringt sie wieder Ordnung in
meine Bandscheibe und plaudert dabei im heimischen Dialekt über Dorn,
Breuss und die vielen Möglichkeiten, sich auch im Alltag nicht zu sehr
zu verspannen.
Statt Ruheliege lockt das Frühstück, ein üppiges Büfett, das allen
Diät-Vorhaben abträglich ist. Ich schlürfe mit Genuss meinen
Milchkaffee und esse auch – gesund muss sein – vom frischen Obst. Dann
heißt es schon wieder, raus aus den Klamotten, rein in den Bademantel
und runter in den Spa-Bereich zum Ziegenbutter-Bad. Constanze wartet
schon mit einem fetten Berg Ziegenbutter. Der wird großzügig auf meinem
ganzen Körper verteilt, ehe ich in der Wasserliege versinke. Einen
ordentlichen Rest Ziegenbutter habe ich mir noch ins Gesicht
geschmiert. Hochwertiges Eiweiß, Mineralstoffe, Spurenelemente und
Vitamine seien in der Ziegenbutter enthalten, hat Constanze erklärt
und die beigemengten Öle sollen der Haut eine Weichheit verleihen, die
jedes Alter vergessen lässt. Das ist doch was! 20 Minuten aale ich mich
im Warmen und Weichen und als Constanze mich aus der Wasserliege holt,
ist immer noch alles in Butter. So kann ich nicht rumlaufen, aber ich
will die „wertvollen Wirkstoffe“ auch nicht einfach in der Dusche
hinunterspülen. Bleibt der Ruheraum. Als ich nach einer halben Stunde
in den Bademantel schlüpfe, fühle ich mich immer noch wie ein
wandelnder Cremetopf. Ich klopfe die Reste in die Haut, die tatsächlich
samtig weich ist. Doch würde ich jetzt baden gehen, schwämmen wohl
Fettaugen auf dem so makellos sauberen Pool.
Also raus in die Natur. Aber zuvor noch eine Kleinigkeit vom
Wellness-Büfett. Suppe oder Salat, alles lecker und leicht. Doch was
ist das ganz hinten? Eine üppige Schwarzwälderkirschtorte, ein
Riesentopf mit Schlagsahne, frischer Apfelkuchen, Sachertorte…
Wer da nicht widerstehen kann, muss hinterher im Fitnessraum gehörig
schwitzen, um die angegessenen Pfunde wieder los zu werden. Oder beim
Nordic Walking ordentlich Gas geben. Hinter der Teufelsschlucht sind
einige Nordic Walking Wege ausgezeichnet, auf samtweichen Wegen durch
den Wald oder dem Bach entlang, mal rauf mal runter. Und immer schön
die Stöcke mitnehmen, sagt der Hans, der älteste der drei Stock-Brüder.
Der Leonhard war 1980 Olympiasieger und 1989 Weltcupsieger in der
Abfahrt und hat wie Bruder Josef ein Wellness-Hotel. Zusammen mit Hans
gehört ihm auch das Sport-Geschäft Stock. Was wäre das kleine
Finkenberg ohne die Stocks?

Nach dem Walken gönne ich mir noch ein „Aufwärmprogramm“ mit Dampfbad
und Sauna. Auf dem Wasserbett lullt mich esoterische Musik in einen
kurzen Schlummer. Und schon heißt es Abendessen. Ich werfe mich im
Eiltempo in Schale und eile zur Verwöhnpension. Fünf bis sechs Gänge
tischen die freundlichen Bedienungen auf und das Dessert ist fast
schon zuviel des Guten. An der Bar verlieren sich ein paar ganz
Hartgesottene. Die meisten sind nach einem harten Wellness-Tag reif
fürs Bett. Ich auch.
Denn zum Ägyptos Vitalwickel muss ich am nächsten Tag schon wieder früh
raus. Dennis arbeitet mit harten Bandagen. 30 Baumwollbinden hat er in Mineralien getränkt und die wickelt er
nun in einem komplizierten System von Kopf bis Fuß um mich, bis ich
aussehe wie eine beleibte Mumie. Dann steckt er mich in einen
quietschgelben Gummianzug und schon wird aus der Mumie ein gelbes
Michelinmännchen. 50 Minuten darf ich nun unförmig und
bewegungsunfähig ruhen, damit mein Körper entgiftet wird und die
jugendliche Straffheit zurückgewinnt. Eine Art Jungbrunnen im
Fatschenlook. Die Gifte von zehn Jahren würde so ein Wickel entziehen,
bekräftigt Dennis, als er mich ohne große Verwicklungen entpellt. Noch
zwei Wickel und ich wäre wieder fast wie neu.
Aber auch jetzt schon
fühle ich mich entschlackt und fit für einen neuen anregenden Tag. Noch
ein schnelles Frühstück und dann rauf auf den Tuxer Gletscher. Oder
lieber doch nicht. Die Gipfel haben sich in graue Wolken gehüllt, es
bläst ein kalter Wind. Da will ich doch lieber nicht hoch hinaus. Ein
paar Runden im Pool tun’s auch und im warmen Außenpool stört nicht mal
der Regenguss. Der Saunabereich hat ausnahmsweise schon um 11 Uhr
geöffnet und überall sieht man die weißen Bademantelgestalten durchs
Hotel wandeln. Im „Plauderstübchen“ labe ich mich an Gemüsestreifen mit
Joghurtdip und Buttermilch mit Quellwasser. Der Ägyptos Wickel soll
ja noch ein Weilchen wirken.
Dann springe ich vom Laconium ins Dampfbad, von der Sole-Basilika in
die Kelo-Sauna und komme mir vor wie beim Schnelldurchlauf eines Films.
Denn am Nachmittag wartet schon die nächste Behandlung und der Josef.
Eine Lymphdrainage habe ich mir rausgesucht und Josef jammert, dass er
nur 50 Minuten Zeit habe. Dabei wolle er doch alle Stress-Spuren aus
meinem Gesicht tilgen. Aber zuerst einmal müsse ich loslassen. Den
Alltag vergessen, mich einfach fallenlassen. Soweit gehe ich zwar
nicht. Aber ich überlasse mich Josefs magischen Händen und während er
mich sanft raunend mit Komplimenten überhäuft, drückt und trommelt er
auf meiner Haut, reibt und knetet er Gesicht, Hals und Dekollete, bis
ich Wachs in seinen Händen bin. Nach 50 Minuten ist alles vorbei und
ich bin – für ein paar schöne Stunden – meine Ärgerfalten über der
Nasenwurzel los. Das nächste Mal werde ich den Josef für zwei Stunden
buchen.
Es reicht gerade noch für einen kleinen Saunagang. Diesmal freue ich
mich richtig aufs abendliche Schlemmermenü und esse mich tapfer
durch alle Gänge. Ein Trio macht Live Musik, die Stimmung ist gut, die
Bar umlagert. Nur die Tanzfläche ist gähnend leer. Dabei wäre ich jetzt
so richtig in Tanzlaune.
Zwei bis drei Tage bleiben die meisten Gäste im Wellness-Hotel. Die
Erfahrung haben alle Hotels gemacht, die sich zu Best Wellness Austria
zusammen geschlossen haben. Das Sporthotel Stock, das 1983 mit Finnischer Sauns, Türkischem Dampfbad, Hot-Whirlpool und Finessraum schon Maßstäbe setzte, gehört zu den
Gründungsmitgliedern der Kooperation, die Wohlbefinden auf hohem Niveau
verspricht und sich als erste Adresse für Wohlfühlferien in Österreich
versteht. Wohlfühlen sollen sich im Sporthotel Stock auch die Mitarbeiter: 2004 entstand ein eigenes Mitarbeiterhaus mit allem Komfort. Kein Wunder, dass hier alle so gut gelaunt sind…

Wenn ich das nächste Mal komme, hänge ich auf alle Fälle
noch einen Tag dran, damit ich nicht in den Wellness-Stress gerate.
Vielleicht gönne ich mir aber auch noch ein Ganzkörper-Sahnepeeling
oder eine Garshan-Massage, noch besser ein Romantik-Badl zu zweit oder
eine Hamam Seifenschaumreinigung oder, oder…

Kontakt: www.bestwellnesshotels.at/stock

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