„Ich hatte einfach Glück“ – Ein Gespräch mit Erfolgsautor John Griesemer

Roy auf dem Dach“ heißt das neue Buch von John Griesemer (Jahrgang 1947), der mit „Rausch“ einen Sensationserfolg hingelegt hat. Wie die beiden Romane – neben „Rausch“, der die Verlegung des Überseekabels zum Anlass nimmt, den Aufbruch ins Informationszeitalter zu thematisieren die düstere Liebesgeschichte „Niemand denkt an Grönland“ über die Vergessenen des Koreakriegs – ist auch Griesemers drittes Buch im marebuchverlag erschienen, erstmalig. In Griesemers Heimat USA sind die Kurzgeschichten noch nicht auf dem Markt. Ein Gespräch mit dem Bestsellerautor anlässlich einer Lesung im kleinen Kreis bei Hubert Burda Medien.
Frage: Sie waren Schauspieler bevor Sie anfingen, Bücher zu schreiben. Warum begannen Sie zu überhaupt zu schreiben?
Griesemer: Ich denke, ich wollte immer schon schreiben, schon bevor ich
Schauspieler wurde. Ich dachte, es wäre einfach großartig, habe mich
aber nie richtig herangewagt. Erst in der Zeitung schrieb ich wirklich
jeden Tag. Das war ein Anfang. Dann wurde ich Schauspieler und ich
begann zu schreiben, während ich auf ein Engagement wartete.
Frage: Haben Sie je erwartet, Bestsellerautor zu werden?

Griesemer: Nein, absolut nicht. Wie die meisten anderen Autoren
wünschte ich mir nur, dass ich Leute finden würde, die meine Bücher
verlegen und sie auch lesen. Ich hatte einfach Glück. Die Romane wurden
veröffentlicht und ein Riesenerfolg. Hätten Sie mir vor fünf Jahren
erzählt, dass ich heute in München aus meinem dritten ins Deutsche
übersetzten Buch lesen würde, ich hätte es als Dichtung abgetan.

Frage: Gibt es denn einen Autor, den Sie bewundern? Eine Art Vorbild?

Griesemer: Bei den Kurzgeschichten könnte mein Favorit Tobias Wolfe
sein. Aber eigentlich lese ich lieber Romane wie die von Joseph Haller
oder Thomas Pynchon. Das waren diejenigen, die für mich das Bild der
Welt prägten, als ich ein ernsthafter Leser wurde, so zwischen 15 und
20. Und Thomas Mann, ja, den mag ich auch. Nicht so sehr die
Buddenbrooks. Aber der Zauberberg fasziniert mich immer wieder.

Frage: Ihre Romane erinnern immer wieder an Drehbücher und „Niemand
denkt an Grönland“ wurde ja auch verfilmt („Guy X“). Haben Sie Filme
oder Filmskripts beim Schreiben inspiriert?

Griesemer: Nein, zumindest nicht bewusst. Aber ich wuchs natürlich mit
Filmen und Cartoons auf. Und vielleicht denke ich als Schauspieler ganz
unbewusst an Spielszenen, wenn ich schreibe.

Frage: Ihre ersten beiden Bücher waren große Romane, die in der
Vergangenheit spielten. Ihre Kurzgeschichten handeln vom Alltagsleben.
Haben Sie Ihren literarischen Ansatz geändert?

Griesemer: Nein, nein. Ich habe schon lange an den Kurzgeschichten
geschrieben, auch während ich an den Romanen arbeitete. Die Short
Storys sind einfach eine andere Art, die Welt und das Leben zu
beschreiben. Mehr im Kleinen.

Frage: Amerikanische Kurzgeschichten sind eine Klasse für sich. Gibt es eigentlich ein Rezept für gute Kurzgeschichten?

Griesemer (lacht): Nein und wenn, würde ich es nicht verraten.
Vielleicht kann man mit Samuel Beckett sagen: Versage, versage wieder,
versage besser. Und diese Kurzgeschichten sind das Beste, wie ich
versagen konnte.

Frage: Warum kam „Roy auf dem Dach“ denn zuerst auf den deutschen Markt?
Griesemer: Mein amerikanischer Verleger wollte erst mal keine
Kurzgeschichten herausbringen. Er will erst den nächsten Roman
abwarten. Aber der mareverlag hat gleich zugegriffen.
Frage: Und der nächste Roman?
Griesemer: Ich bin dran, will aber nicht zu viel darüber sprechen. Nur
soviel: Er wird sich mit Schauspielerei und Theater beschäftigen und in
etwa einem Jahr fertig sein.
Frage: Bekommen wir dann wieder einen richtigen Helden wie Chester
Ludlow (Rausch) oder Corporal Rudy Spruance (Niemand denkt an
Grönland) statt einer Menge Typen, die am Alltag scheitern wie in den
Kurzgeschichten?
Griesemer: Na ja, der Hauptcharakter wird kein Held im klassischen
Sinn sein, aber doch eine sehr komplexe Persönlichkeit. Und in den
Kurzgeschichten geht es tatsächlich um das kleine Leben. Wer hat da
schon die Chance, ein Held zu sein?
Frage: Spielt die Schauspielerei überhaupt noch eine Rolle für Sie?
Griesemer: O ja, ganz sicher. Ich habe nie wirklich mit der Schauspielerei aufgehört. Im letzten Herbst erst habe ich unter der Regie meiner Frau an einer kleinen Bühne gespielt. Das hätte ein Desaster werden können, war aber das Gegenteil. Dann habe ich im Film eines Freundes gespielt. Es gibt also immer wieder Rollen für mich.
Frage: Könnten Sie sich vorstellen, in einer Verfilmung von Rausch mitzuwirken?
Griesemer: Klar, das wäre toll.
Frage: Wen würden Sie spielen wollen?
Griesemer (überlegt): Das ist hart. Jack Trace würde mir liegen. Aber für ihn habe ich nicht die richtige Statur (der Autor ist eher klein).
Frage: Wie wär’s denn mit Joachim Lindt, dem Mann von Ludlows Geliebter?
Griesemer: Sie haben Recht. Der Mann ist kreativ und noch dazu ein Läufer. (Grinst breit). Ich sehe schon, Sie müssten den Film machen.

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