Gestrandet: Doris Dörries „Alles inklusive“

Auf dem Umschlagblatt schwimmt eine Frau im sonnendurchfluteten Pool. Auch der Titel von Doris Dörries neuem Roman „Alles inklusive“ verspricht leichte Ferienkost. Was die Regisseurin und Autorin mit einem Zeitabstand von 30 Jahren zusammengerührt hat, entpuppt sich allerdings doch als schwerer verdaulich als das überschaubare All-Inclusive-Frühstücksbüfett im spanischen Torremolinos, wo die 66-jährige Ingrid sich nach einer Hüftoperation erholen soll.

Sie war schon einmal da – vor 30 Jahren in den goldenen Hippie-Zeiten.
Mit ihrer Tochter Apple. Es war der Sommer einer wilden Leidenschaft,
die das Leben von fünf Menschen für immer veränderte. Jetzt ist Ingrid
zurück gekehrt in ein Pauschalurlauber-Getto und sie erkennt kaum etwas
wieder. Nicht nur sie ist alt geworden, der Ort hat seine Unschuld
verloren und Karl, der Liebhaber von damals, lebt im Altenheim. Anders
als ihre Tochter, die von einem Liebesdesaster ins nächste taumelt und
schließlich bei einem Mops als Seelentröster landet, kann Ingrid mit
ihrer robusten Lebenslust selbst dieser Situation noch etwas abgewinnen.

Doris Dörrie erzählt ihre Generationen-Geschichte abwechselnd aus der
Sicht von Ingrid und Apple. Und dann wären da noch Susi, Apples
Freundin, die ihre Karriere für ihren nierenkranken Mann aufgegeben hat
und ihn auf der Trauminsel Ibiza an einen Mann verliert, und Tina oder
Tim, der Sohn Karls, der auch 30 Jahre nach jenem schicksalhaften Sommer
immer noch auf der Suche nach der eigenen Identität ist.
Alles inklusive“ erzählt von der ewigen – und vergeblichen – Suche nach
dem Glück, das Apple, Susi und die anderen im Urlaub (oder auf der
Trauminsel) zu finden hoffen. Statt sich auf ihr Leben einzulassen,
träumen sie von einer besseren Zukunft und stranden in Ferienkulissen,
die nur unzureichend den Blick auf die Realität – und das Elend der Welt
– verstellen. Dörrie arbeitet mit harten Kontrasten und schnellen
Schnitten und sie hat ihren Roman mit einem schrägen Personal bestückt
als wär’s von Pedro Almodovar. So nah bei einander liegen Tragödie und
Komödie,  dass man buchstäblich Tränen lachen kann.
Info: Doris Dörrie, Alles inklusive, Diogenes, 256 S., 21,90 Euro.

2 Kommentare
  • Jutta
    August 8, 2011

    Tolles Review, dem Vergleich mit Almodovar kann ich nur zustimmen.
    Leichte Urlaubslektüre, die sich dank des geschmeidigen Schreibstils schnell weglesen lässt. Das Buch ist auch guter Stoff für einen Film.

    • Lilo Solcher
      August 8, 2011

      Na klar, da merkt man einfach die Filmregisseurin!

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