Frankenstein, ein glückloser Schöpfer

Frankenstein oder: Der moderne Prometheus: Die Urfassung
(Buch)
Autor: Mary Shelley
Verlag: Artemis & Winkler
Erschienen am: 2006-08
Seiten: 301
ISBN: 3538063176
Mary Shelley: Leben und Werk
(Buch)
Autor: Alexander Pechmann
Verlag: Artemis & Winkler
Erschienen am: 2006-08
Seiten: 309
ISBN: 3538072396

Sie war die lange Zeit unterschätzte Gefährtin des berühmten englischen Poeten Percy Bysshe Shelley und doch hat ihr Ruhm den seinen überdauert. Dank eines Werkes, das sich den Klischees des klassischen Schauerromans entzog, das Vorbild blieb für kritische Science Fiction und das bis heute nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat: Frankenstein. Den kunstvoll aufgebauten Roman über den jungen ehrgeizigen Doktor Frankenstein, der in einem Labor in Ingolstadt einen künstlichen Menschen erschafft und der an dieser Schöpfung zugrunde geht, hat Mary Shelley 1916, gerade mal 19-jährig, fast aus einer Laune heraus geschrieben.Und natürlich war die junge Frau, damals schon zweifache Mutter, beeinflusst vom Denken ihrer Zeit, von den Theorien ihres Vaters, des Philosophen William Godwin, und von Shelleys Gedankenwelt. Nicht, die Tatsache, dass Frankenstein Gott gespielt hat („In Gedanken berührte ich den Himmel,” sagt er zu seinem Retter Walton), macht ihn schuldig, sondern die Unfähigkeit, sich seines Geschöpfes anzunehmen.
In dem Buch „Mary Shelley ­ Leben und Werk” liefert Alexander Pechmann wichtige Hintergründe, die zum Verständnis des als Schauerroman konzipierten Buches beitragen. Dazu gehört auch das Leben Marys ­ die Kindheit mit einer Stiefmutter und dem bewunderten aber starrköpfigen Vater, die Flucht mit dem geliebten, noch verheirateten Mann, die gemeinsame Reise durch die Schweiz, die Gespräche mit Lord Byron auch über Darwin, den Vater der Evolutionstheorie. Marys eigene Erfahrungen haben in vielen Facetten Eingang ins Buch gefunden. Die Schweizer Landschaft etwa, die sie als Seelenspiegel des einsamen und unglücklichen, von seinem Schöpfer und der Welt verlassenen, Monsters schildert, hat sie selbst durchwandert. Die Seelenpein des gefallenen Monsters und die seines Schöpfers hat sie selbst erlebt.
So entstand ein über seine Zeit hinausweisender Roman, in dem beide schuldig werden, beide Täter und Opfer zugleich sind: der Schöpfer, indem er sein Geschöpf ungeschützt einer feindlichen Welt aussetzt und das Geschöpf, das sich durch mörderische Taten seines Lebens versichert. Wunderbar nachzulesen in der neu übersetzten Urfassung mit Zeittafel und Anmerkungen.

Info: Mary Shelley: Frankenstein -­ Die Urfassung, Winkler Weltliteratur bei Patmos, 301 S., 24,90 Euro
Alexander Pechmann: Mary Shelley -­ Leben und Werk, Artemis & Winkler bei Patmos, 310 S. 24,90 Euro

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