Donna Leon: Ich möchte keine Berühmtheit sein

Wer kennt sie nicht, die Venedig-Krimis um den freundlichen Commissario Brunetti? Der 14. Fall „Blutige Steine” steht derzeit auf den Bestseller-Listen ganz vorne. Und seit die ersten Fälle im Fernsehen erschienen, wandern immer mehr Deutsche auf Brunettis Spuren durch die Lagunenstadt. Bei Diogenes gibt es dazu sogar einen Stadtplan. Und doch kennt kaum ein Venezianer die Krimis, die Venedigs Schönheit feiern. Wir fragten die Autorin Donna Leon (64), warum das so ist.Frage: Alle Welt kennt Commissario Brunetti, nur in Venedig scheint er ein Unbekannter zu sein. Wie kommt das?
Leon: Meine Krimis gibt es nicht auf italienisch und kaum ein Italiener liest englische oder gar deutsche Bücher.
Frage: Warum? Haben Sie etwa Angst vor Konsequenzen, wenn Sie unverblümt mafiöse Strukturen anprangern?
Leon: Nein, auch wenn das immer wieder angenommen wird. Ich habe weder Angst vor der Mafia noch vor der Politik. Der Grund ist ganz einfach: Ich möchte anonym bleiben. Die wenigsten meiner Freunde oder Nachbarn wissen, dass ich Bücher schreibe. Und ich habe überhaupt keine Lust, eine Berühmtheit zu sein.
Frage: Das nimmt ihnen ein Teil der venezianischen Gesellschaft übel…
Leon: Diese Art von Gesellschaft interessiert mich nicht. Meine Freunde kommen aus allen Schichten, sind Arbeiter, Juweliere, Angestellte ­ ganz normale Menschen eben.
Frage: Und die Vorbilder für Paola oder Brunetti?
Leon: Die Charaktere entstehen in meinem Kopf. Natürlich gibt es immer wieder Menschen, die behaupten, sie hätten solche Vorbilder entdeckt, zum Beispiel eine Englisch-Dozentin, die für Paola Pate gestanden haben soll. Dabei kenne ich die Frau nicht einmal.
Frage: Wie gefallen Ihnen die Brunetti-Filme, jetzt mit Uwe Kockisch als Commissario?
Leon: Dazu kann ich nichts sagen. Mein Deutsch ist einfach zu schlecht, um die Drehbücher zu bewerten. Was die Filme angeht: Die Geschichten sind mir vage vertraut und die Stadt ist wunderbar. Die Kameraleute finden Plätze, die nicht mal ich kenne.
Frage: Und das, obwohl Venedig ihre Heimat geworden ist?
Leon: Ja, seit immerhin 25 Jahren lebe ich in Venedig. Und verliebt habe ich mich in die Stadt vor 40 Jahren. Sie sehen, das ist eine lebenslange Affäre.

Es gibt bisher keine Kommentare.

Kommentar schreiben

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert