Die Deutschen entwickeln sich immer mehr zu professionellen Urlaubern, die schnell auf äußere Umstände reagieren und problemlos von einem zum anderen Reiseland switchen. Das ist positiv fürs Internet, wo rasch reagiert werden kann. Kein Wunder, dass die Reise mehr und mehr ins Netz geht. Zwischen 2000 und 2005 stieg der Anteil derjenigen, die sich online informierten, um 153 Prozent. Noch gravierender war der Zuwachs an Buchungen mit 325 Prozent. Die Touristische Runde in München diskutierte darüber, was im Internet passiert. Maßgeschneidert, topaktuell und möglichst schon auf Verfügbarkeit geprüft sollen die Inhalte sein, die der Kunde aufgezeigt bekommt. Zwar sieht Jens Uwe Parkitny von expedia (www.expedia.de) die Branche „Internet-technisch noch in der Steinzeit” und für Ali Dogan von hinundweg (www.hinundweg.de) ist „das Spiel noch längst nicht ausgemacht”, aber alle Referenten waren sich einig, dass „die Zukunft online bucht”, wie es Claudia Brözel vom Verband Internet Reisevertrieb (VIR) formulierte.
Das Reiseportal Expedia ist immerhin innerhalb von sechs Jahren in die „Liga der großen Veranstalter-Marken” aufgestiegen und hat 2005 den „Online-Oscar” der Internet-Branche eingeheimst. Mit „Click\x0e&\x0eMix” tritt Expedia auch als Veranstalter auf. „Wir setzen Bausteine neu zusammen und verkaufen sie als Pauschalreisen”, erklärt Parkitny, „damit gehen wir den umgekehrten Weg der TUI.”
Aber auch die TUI schläft nicht. Michael Ohm (www.tui.com) will online den TUIAnspruch auf Marktführerschaft bekräftigen. „Die Veranstalter kommen aus der gesamten World of TUI”, versichert er. Die Mehrzahl der Hotels seien nicht veranstaltergebunden, auch bei den Fluglinien seien alle namhaften Airlines dabei, „auch die Billigflieger”. Bei einem ausgiebigen Testlauf hat Ohm sich über die Wünsche der User informiert und erfahren, dass sie auf alle Fälle ein Angebot wollen. Dafür sorge die website: „Egal, was Sie machen, Sie kriegen immer ein Ergebnis.”
Während die Nutzer über „My expedia” und „My TUI” personalisierte Angebote abrufen können, verzichtet hinundweg auf diese Art von Kundenprofil. Geschäftsführer Ali Dogan verweist lieber auf „das größte Angebot im Pauschalbereich” (Angebote von 80 touristischen Leistungsträgern) und auf das „Spezial”, in dem jede Woche ein Thema „redaktionell unterstützt” in den Vordergrund gestellt werden soll beruhend auf den Reiseerfahrungen der Mitarbeiter.
Da geht Travelchannel (www.travelchannel.de) noch einen Schritt weiter. Das aus der Gruner&Jahr-Familie stammende Reiseportal, so Geschäftsführer Alex Koslowski, hebe sich vor allem durch seinen „starken fachjournalistischen Hintergrund” und den daraus entstehenden „Mehrwert für den Kunden” von anderen ab. Dazu gehören Airline- und Hoteltests sowie Artikel zu allen Destinationen. „Kein Mensch hat Einfluss auf diese Texte”, betont Koslowski die redaktionelle Unabhängigkeit.
Waren es früher Freunde und Arbeitskollegen, die Tipps gaben, sind es heute oft die Meinungsportale, glaubt Brözel (VIR). Sie sieht es als „Riesen-Herausforderung für die Branche” an, den Nutzern Zeit sparend die nötige Aufklärung zu liefern. Ein Zuviel an Information sei eher kontraproduktiv. Wichtiger sei es, durch verbesserte Technologie und mehr Transparenz die digitale Spaltung (der Großteil der User kommt noch aus dem oberen Bildungs-und Einkommensbereich) zu überwinden und Vertrauen in die Sicherheit des Netzes zu schaffen. Dabei helfe der Verband, der sich als „Sprachrohr der touristischen Internet-Wirtschaft” sieht, beispielsweise durch Verbraucher-Informationen rund um das Thema online-Reisen (www.v-i-r.de) oder durch die Einrichtung einer Reiseschiedsstelle bei Problemen mit Online-Reisebuchungen (www.reiseschiedsstelle.de).
Die Tatsache, dass in letzter Zeit auch die Suchmaschinen auf den umkämpften Markt drängen, macht den Reiseportalen wenig Sorge. „Wir haben die Kompetenz”, sagt Ali Dogan von hinundweg. Und Michael Ohm sieht Suchmaschinen wie Google „als Ergänzung, nicht als Konfliktpotenzial”. Bliebe die Frage, „Wer besetzt das Thema Reisesuchmaschinen?” Ohm grinst und sagt: „Vielleicht macht’s ja die TUI…"
07Apr. 2006