„Was das Reisen betrifft, ist Deutschland auf dem Weg zurück zur Normalität“, sagte Dertour-Geschäftsführer Michael Frese bei der Vorstellung der Sommerkatalog der Rewe-Bausteinveranstalter, der letzten im Reigen der Katalogpräsentationen. Damit umriss der Touristiker die Überraschung dieses Jahres: Die Reiseindustrie ist trotz Aschewolke und globaler Finanzkrise wieder zurück auf Erfolgskurs.
Wie Dertour konnten auch die anderen großen Reiseveranstalter auf ein
erfolgreiches Reisejahr zurückblicken. Der Sommer übertraf alle
Erwartungen. Die Umsätze bewegen sich auf Rekordniveau. Ein Plus von
vier Prozent bei den Buchungen vermeldet die Thomas Cook Gruppe
(Neckermann, Thomas Cook, Bucher). Bei Marktführer TUI stiegen die
Teilnehmerzahlen um fünf Prozent, der Umsatz kletterte um drei Prozent
und bei den Rewe-Bausteinveranstaltern freute man sich über satte 5,2
Prozent mehr Umsatz (1,58 Milliarden Euro). Große Sprünge machte der
Münchner Veranstalter FTI, der 24 Prozent mehr Gäste und einen Umsatz
von 1,066 Milliarden Euro verbuchen konnte. Aber auch ein
Spezialveranstalter wie Studiosus schwimmt mit einem Gästeplus von 9,3
Prozent und einem Umsatzplus von 7,7 Prozent mit auf der Erfolgswelle.
Zusammen mit Marco Polo konnte der Studienreiseveranstalter Reisen im
Wert von 236,8 Millionen Euro verkaufen. Und ein Ende der Erfolgsstory
ist derzeit nicht in Sicht. Die Winterbuchungen liegen zweistellig im
Plus, allerdings im Vergleich zu einer eher schlechten Vorjahressaison.
Trotz dieser erfreulichen Zahlen müssen sich die Reisenden allerdings im
nächsten Jahr auf höhere Preise gefasst machen. Vor allem die
Fernreisen werden deutlich teurer, was die Veranstalter auf die
Luftverkehrssteuer zurückführen, die sie unisono als „steuerlichen
Wildwuchs“ (FTI), „ordnungspolitischen Fehler“ (TUI), „groben Unfug“
(Thomas Cook) qualifizieren. Vor allem wegen der Ticketabgabe, so die
generelle Aussage, erhöhen sich die Preise für Fernreisen um
durchschnittlich fünf Prozent und für Reisen auf der Nah- und
Mittelstrecke um moderate zwei Prozent.
Die Luftverkehrssteuer wird für alle Ticketkäufe und Buchungen mit
Abflugterminen ab dem 1. Januar 2011 erhoben. Für Inlandsflüge und kurze
Strecken in Europa werden dabei acht Euro je Passagier fällig. Bei
Mittelstrecken sind es 25 Euro, bei Langstreckenflügen 45 Euro. Die TUI
nimmt mit zehn, 28 und 50 Euro den Passagieren sogar noch mehr ab und
begründet dies mit dem Verwaltungsmehraufwand und den
Reisebüro-Provisionen.
Auch gestiegene Kerosinkosten und Währungseffekte wirkten sich
preissteigernd aus. Allerdings können schnell entschlossene Reisende
durch großzügige Frühbucherrabatte viele der Preissteigerungen umgehen.
Auf das übliche Preisfeuerwerk mit Turbo-Frühbucherrabatten verzichten
die Veranstalter trotzdem im nächsten Jahr. Umschwärmt wie selten sind
dafür die Familien, bislang eher Sorgenkind der Branche. Neckermann
kündigt eine Familien-Offensive mit neuen Betreuungskonzepten für die
Family- und Kids-Clubs (Kinderanimation, Kinderabendessen,
Ganztagsbetreuung, Holiday Englisch-Schnupperkurse) an. Bei TUI soll das
Best Family Konzept (Familienzimmer, große Poolanlagen, Festpreise für
bis zu drei Kinder), das die Schöne Ferien Clubs und die Baadingoo
Kinderclubs ablöst, auch zögernde Familien überzeugen. Und FTI setzt gar
auf den neuen Family Katalog als „Wachstumsmotor“. Selbst bei Dertour
hat man ein Herz für Kinder mit zahlreichen Sonderangeboten im Katalog
Eigenanreise.
Zielgruppenkonzepte und exklusive Hotels, Rundreisen in kleiner
Besetzung und mehr Individualität – die Veranstalter wollen weg vom
Reise-Einheitsbrei und sich deutlich von der Konkurrenz absetzen. Noch
ein Trend zeichnet sich ab: Feste Kataloglaufzeiten und fixe Preise
verlieren an Bedeutung. Baustein-Veranstalter Dertour erwartet einen
wachsenden Stellenwert der dynamischen Preisgestaltung, wobei
tagesaktuelle Flug- und Hotelpreise gebündelt werden. Auch bei TUI ist
seit kurzem mit X-1-2-Fly Dynamic Packaging möglich, X-TUI soll im neuen
Jahr folgen. FTI hat mit fly.de schon eine dynamische
Tochtergesellschaft und Thomas Cook/Neckermann hat mit Mix & Travel
ebenfalls ein flexibles Bausteinangebot auf dem Markt.