Gerade mal 30 Jahre ist es her, dass im Keller des Ku’Damm Karrees ein Atomschutzbunker entstand. Genau 3592 Personen sollten hier einen atomaren Angriff 14 Tage überleben können. Im Falle eines Falles würden vierstöckige Betten jeden Quadratmeter des Bunkers füllen. Allein die Vorstellung, in den Pritschenreihen zwei Wochen auszuharren, macht schaudern. Der Atomschutzbunker ist Bestandteil der Ausstellung „The Story of Berlin”, einer Art musealer Zeitreise mit multimedialen Elementen.800 Jahre Stadtgeschichte in vier Stockwerken zum Hören, Sehen und Fühlen. Die Treppe knarzt unter den Füßen der Besucher, Kindergeschrei und Zank sind zu hören. Türkische, polnische und deutsche Klingelschilder. So plastisch und zeitnah beginnt die „Story of Berlin”. Die Zeitreise führt dann vom mittelalterlichen Handelszentrum bis zur Reformation, von der Regentschaft Friedrichs II. bis zur Industrialisierung, vom Niedergang des Kaiserreichs bis in die wilden Zwanziger, von der Nazi-Herrschaft bis zur Blockade, vom Mauerbau bis zum Mauerfall.
800 Jahre sind eine lange Zeit. Hier rauschen sie in vier Minuten vorüber. Zeichnungen, Gemälde, Fotomontagen und Jahreszahlen jagen einander auf der Leinwand, von der Gründung Berlins 1237 bis zum Fall der Mauer 1989.
Jetzt ist das Interesse geweckt für die Hintergründe, für die Menschen hinter der Geschichte. 23 Erlebnisräume laden dazu ein, in die Vergangenheit einzutauchen.
In die Zeit der religiösen Toleranz etwa, als jeder „nach seiner Facon selig werden” konnte, so wie es Lessing in „Nathan der Weise” propagierte. Christentum, Judentum und Islam präsentieren sich mit Ritualen und Lebensgewohnheiten. Ein Plädoyer für religiöse Toleranz, heute aktueller denn je.
Oder in die Aufbruchszeit, als die Moderne noch so etwas wie ein Mythos war und Berlin „die schnellste Stadt der Welt”. Was für ein Lärm: da bimmelt die Bahn, hupt das Automobil, pfeift der Schupo und schreien die Extrablatt-Verkäufer. Auf den Straßen werden Fußgänger zu Freiwild.
Auch die Stunde Null drängt sich auf: Neues Leben in den Ruinen, Pappe im Fenster und ein Bollerofen. Trümmerfrauen schleppen sich an Steinen ab. Der Krieg ist aus, die Berliner organisieren ihr Überleben.
Und dann der kalte Krieg. Zweierlei Deutschland, diesseits und jenseits der Mauer. Man riskiert einen Blick in die Stasi-Gefängniszellen und sieht im Spiegel das eigene Gesicht. Es hätte jeden treffen können, damals, drüben. In jener Zeit, die auch schon Vergangenheit ist.
Die Zeitreise endet im Aufzug, wo der Fall der Mauer hörbar wird. Es geht nach oben zumindest im Museum.
The Story of Berlin, Kurfürstendamm 207-208 im Ku’damm Karree, Tel. 0030/88720100, E-Mail: info@story-of-berlin.de, www.story-of-berlin.de
Eintritt mit Führung durch den Atombunker für Erwachsene 9,80 €, ermäßigt 8 €