Aus der Zivilisation gefallen: Andrea de Carlos „Wenn der Wind dreht“

Wenn der Wind dreht
(Buch)
Autor: Andrea De Carlo
Verlag: Diogenes
Erschienen am: 2007-04
Seiten: 426
ISBN: 3257065442

Andrea di Carlo ist es gewohnt, Bestseller zu schreiben. Auch sein neuer Roman „Wenn der Wind dreht” hat das Zeug zu einem Publikumsrenner. Dabei geht der 55-jährige Mailänder, der schon Regieassistent bei Federico Fellini war, mit seinen Zeitgenossen ziemlich unfreundlich um, entlarvt ihre Schwächen und gibt sie der Lächerlichkeit preis.
Die Geschichte ist schnell erzählt: Vier arrivierte Mailänder Bürger wollen sich ein zweites Leben auf dem Land leisten, abseits der Alltagshektik in ihrer Stadt. Doch auf dem Weg zu dem abgelegenen Gehöft in den umbrischen Wäldern hat ihr Makler eine Wagenpanne und die „Schiffbrüchigen” geraten in eine alternative Wohngemeinschaft, die sich in einer Welt ohne technische Hilfen eingeigelt hat. Die Unterschiede könnten nicht krasser sein und die Lebensentwürfe prallen denn auch mit Wucht aufeinander.
Die Städter und ihren Makler eint das Streben nach Glück und Anerkennung in der Leistungsgesellschaft, die zusammengewürfelten Landbewohner streben danach, im Einklang mit der Natur zu leben. Die einen, aus der Zivilisation gefallen wie fluguntaugliche Vögel aus dem Nest, reagieren hilflos bis wütend auf das einfache Leben. Ohne Auto, Handy und andere Annehmlichkeiten bricht ihr Selbstbewusstsein zusammen. Man ahnt, wie dünn die Decke der Konventionen ist. Der zufällige Kontakt mit der anderen Welt reißt freilich auch auf der anderen Seite Gewissheiten ein, hilft, Verkrustungen aufzubrechen.
Am Ende ist nichts mehr wie es war. Doch den Mut, daraus auch Konsequenzen zu ziehen, haben nur die wenigsten.

Info: Andrea de Carlo: Wenn der Wind dreht, Diogenes, 427 S., 26,90 Euro

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