Ashford Castle: Bollwerk gegen die Zeit

Der freundliche, ältere Herr in grauer Uniform achtet streng darauf, welche Autos das majestätische Tor passieren, das den Weg frei gibt in eine grandiose Parklandschaft mit Golfplatz. Gewaltige Bäume säumen das Sträßchen und nach einer Kurve öffnet sich der Blick auf das Schloss.  Trutzig steht es da, als wappne es sich gegen die dunkle Wolkenfront, die immer wieder über den Lough Corrib hinweg zieht. Hinter den dicken, dunkelgrauen Mauern des Zinnen und Türme bewehrten Ashford Castle konnten sich die Bewohner seit dem 13. Jahrhundert verschanzen.

Heute schützen diese Mauern vor allem das edle Interieur und die noblen Gäste vor neugierigen Blicken. Es gibt keine Schlachten mehr um Ashford Castle wie 1589, als die Soldaten der anglo-normannischen Erbauer der Burg gegen die Truppen des englischen Lord Bingham unterlagen. Heute ist das beeindruckende Schloss-Ensemble Mitglied der Small Luxury Hotels und in den heiligen Hallen werden nicht einmal Schlachten am kalten Büffet geschlagen.
Zu solch schnödem Handeln würden sich die soignierten Herrschaften, die hier unter Kronleuchtern und bei Kerzenlicht speisen, wohl kaum herablassen. Und die holzgetäfelten Wände und die dicken Teppiche verschlucken selbst das Geschnatter der Tagesbesucher, die für fünf Euro Einlass in den gigantischen Schlosspark finden und auch mal einen Blick auf die antiken Möbel, teuren Gemälde und die Fotogalerie der prominenten Gäste werfen wollen, die dem Schlosshotel im County Mayo an der Grenze zu Galway schon die Ehre ihrer Anwesenheit erwiesen. Seit der Bierbaron Sir Benjamin L. Guinness 1852 Ashford Castle erwarb und den Besitz vergrößerte, gehört der ausgedehnte Park mit den uralten Bäumen, den gepflegten Rasenflächen und dem ummauerten Blumengarten zu den schönsten Sehenswürdigkeiten der Grafschaft im Westen Irlands.
Durch die großen Fenster blicken die Gäste im Salon auf den Park am See wie auf ein Gemälde: Pastellfarbene Hortensienbüsche, ein Springbrunnen, sattgrüner Rasen und dahinter die spiegelglatte Fläche des Lake Corrib, in dem die kleinen Inseln zu schwimmen scheinen. Hie und da ein Fischerboot, sonst Ruhe. Laura Ashley hätte die ländliche Idylle nicht besser inszenieren können und Rosamunde Pilcher sie nicht besser schildern. In den plüschigen Suiten fühlten sich so unterschiedliche Gäste wie Ronald Reagan und Brad Pitt wohl und im nahen Cong drehte John Ford den vielfach ausgezeichneten Film „The quiet man“ mit John Wayne. Ford hat die kauzige Komödie als Huldigung an seine Heimat Irland inszeniert, und sie hat nicht nur in Ashford Castle sondern auch im kleinen Dorf Cong ihre Spuren hinterlassen.
Natürlich hat der große Regisseur auch im Schloss gespeist. Damals freilich konnte ihn Stefan Matz nicht bekochen. 1952 war der heutige Maitre noch gar nicht geboren. Aus Wuppertal führte den deutschen Koch der Weg über Lehrjahre im bayerischen Oberstdorf in ein eigenes Landhotel in Connemara, wo er sich einen Stern erkochte. Dem Verkauf des Hotels folgten Stationen in Dublin und Galway. Dann kam 2003 das Angebot von Ashford Castle und da konnte und wollte Matz nicht nein sagen. Die Erwartungen sind hoch – schließlich werkelte schon mal ein Alain Ducasse mit seinen Köchen in der Schlossküche im Souterrain des Hauses. Doch der 42-jährige Deutsche hat seine eigenen Vorstellungen. Sein Ehrgeiz ist es, soweit wie möglich, frische Produkte aus den Grafschaften Galway/Mayo zu verwenden. Der Connemara Hummer im Degustationsmenü harmoniert wunderbar mit Chicoree in Safran und Sauternes und das sanft unter Schilfgras gegarte Lamm bringt den Geschmack der grünen irischen Wiesen auf den Teller.
Im Connaught Room, dem intimen Esszimmer mit dem offenen Kamin und den imposanten Porträts früherer Schlossbesitzer, tafeln Paare aus England und Japan, Iren, Amerikaner und Deutsche. Einfach ist es nicht, all den unterschiedlichen Erwartungen und Geschmäckern gerecht zu werden, räumt Matz ein. Dass seine „ehrliche Küche“ die Gäste überzeugt, beweist die Beliebtheit des Gourmet-Restaurants, das oft über Wochen ausgebucht ist. Daneben betreut der Wahl-Ire noch drei andere Restaurants.
Der neue Besitzer von Ashford Castle hält große Dinge auf den Mann aus Wuppertal und seine Kochkünste. Und Gerry Barrett, der im März dieses Jahres Schlossherr wurde, hat sich noch selten geirrt. Der gelernte Mathematiklehrer aus Galway ist ein keltischer Oligarch wie aus dem Bilderbuch. Einen sanften Besitz-Riesen nennen seine Landsleute den Mann, der mit Franchising, Immobilien und Hotels ein Vermögen gemacht und Ashford Castle zu einer Perle in der Kette irischer Schlosshotels und Herrenhäuser machen will.
Mit königlichen Unterkünften in märchenhaft schönen Gärten wirbt Irland um Gäste, die das Besondere suchen und das nötige Kleingeld mitbringen, um sich als Schlossherr oder –Herrin auf Zeit verwöhnen zu lassen. Möglich ist das auch im ehemaligen  Jagdschlösschen Zetland Country House in der Cashel Bay in Connemara, heute ein Landhotel mit 20 individuell eingerichteten Zimmern von dezenter Eleganz. Oder im monumentalen Dromoland Castle auf halbem Weg zwischen Galway und Limerick, dessen Geschichte bis ins 11. Jahrhundert zurückreicht und das Zeitgeist mit nostalgischem Charme verbindet. Hinter den dicken Mauern können die betuchten Gäste getrost den Stürmen trotzen, die hin und wieder über die grüne Insel fegen und in den sorgsam gehegten Gärten erinnert nichts an die wirtschaftlichen Probleme, die den keltischen Tiger derzeit zu lähmen scheinen. Solche Schlösser sind Bollwerke gegen die Gegenwart und in ihren Salons scheint sich die Zeit zur Ruhe gesetzt zu haben.
Andere wieder spielen mit ihr wie Dunguaire Castle, wo bei mittelalterlichen Banketten allnächtlich Gedichte und Lieder die Zeit der Barden heraufbeschwören. Für 44 Euro können die Touristen aus aller Welt hier nicht nur schmausen, sondern auch lauschen und sich von Lady Maeve, Sir Steven und Lady Jane in eine andere Welt versetzen lassen und vom sagenumwobenen, alten Eireann träumen.   

Info: Ashford Castle, Cong, Tel. 00353/ 94/ 9546003, E-Mail: ashford@ashford.ie , www.ashford.ie, Standard-DZ rund 350 Euro inkl. Frühstück. Fünf-Gänge-Degustationsmenü 80 Euro, sieben Gänge 95 Euro.
Zetland Country House Hotel, Cashel Bay, Connemara, Tel. 00353/ 95/ 31111, E-Mail:  info@zetland.com, www.zetland.com.
Dromoland Castle, Newmarket – On – Fergus, Co. Clare, Tel.00353/ 61/ 368144,   E-Mail: sales@dromoland.ie, www.dromoland.ie, Zimmer ab 350 Euro mit Frühstück.
Dunguaire Castle, Kinvara Bay, County Galway, Tel. 0353/61/360788, E-Mail: reservation@shannonheritage.ie, www.shannonheritage.ie, Bankettabend 44 Euro.
Mehr Infos zu Schlössern und Herrenhäusern in Irland bei der Irland Information, Gutleutstr. 32, 60329 Frankfurt, Tel. 069/66800950, E-Mail: info@entdeckeirland.de, www.entdeckeirland.de      
                                     

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