Champagner fließt, man fliegt erster Klasse, speist in erlesener
Umgebung, ist freundlich herablassend zu den Dienstboten und voller
Verachtung für diejenigen, die es beruflich nicht so weit gebracht
haben. Kurz, der Blick übers Champagnerglas hinaus fällt schwer, zumal
Schmidtie genug mit sich selbst, dem Alterungsprozesse, den Frauen und
der widerspenstigen Tochter Charlotte zu tun hat.
Charlotte, verheiratet mit dem verhassten Jon Riker, hat alles getan,
sich vom scheinbar allmächtigen Vater abzunabeln, muss aber immer wieder
auf die väterlichen Ressourcen zurückgreifen. Und Alice, die auch schon
in die Jahre gekommene aber natürlich bildschöne und gebildete Witwe
eines jüngeren Partners, der Schmidtie nach seiner leidenschaftlichen
Affäre mit der blutjungen Carrie seine Liebe andient, kann sich nicht
ganz für ihn entscheiden. Da muss sich der enttäuschte Liebhaber mit
teuren Cocktails und dem treuen Freund trösten.
Dass das Schicksal auch noch härter zuschlagen kann, wirft den alten
Mann fast aus der Bahn, verhilft ihm aber auch zu neuen Einsichten. Er
reift am eigenen Unglück und findet einen neuen Zugang zu seiner
Traumfrau Alice. Nur gut, dass ihre Haut entgegen seinen Befürchtungen
immer noch glatt und schön ist. Da hat er durchaus seine Ansprüche, auch
wenn er sich selbst die „Fratze eines Wasserspeiers“ attestiert. Schon
verblüffend, wie nah beieinander bei Begley Banales und Weltbewegendes
steht, der Anschlag aufs World Trade Center und Schmidts Ängste um seine
Libido. Aber so ist es wohl im Leben – auch bei denen, die sich ihren
Alltag nicht mit Champagner schön trinken können.
Info: Louis Begley, Schmidts Einsicht, Suhrkamp, 415 S., 22,90 Euro.
19Jan. 2012
Champagner getränkte Milieustudie: Louis Begleys „Schmidts Einsicht“
So elegant hat noch selten ein Autor eine Milieustudie angelegt wie Louis Begley, der wohl aus eigener Erfahrung über die New Yorker Upper Class schreibt. „Schmidts Einsicht“ ist der dritte Roman über den erfolgreichen Ex-Anwalt Albert Schmidt, genannt Schmidtie, der inzwischen immerhin das gesegnete Alter von 78 Jahren erreicht hat und der sich, ehe er den eleganten Abgang plant, an dem delektiert, was das Leben – und ein guter (und begüterter) Freund – ihm zu bieten haben.
Januar 23, 2012
Schöner Lesetipp! Ich bin schon länger auf der Suche nach einem guten Buch. Jetzt habe ich endlich mal wieder mehr Zeit für mich und habe es schon fast „verlernt“ mich mal für ein paar Stunden aus dem Alltag zurückzuziehen, um mal was zu lesen.
Ich werde es mal ausprobieren!
Januar 24, 2012
Freut mich, viel Spaß beim Lesen!