Im Paralleluniversum der Erwachsenenwelt: Paul Murrays „Skippy stirbt“

„Es scheint, als wäre Skippy so ein nach nichts aussehender Stift gewesen, der die ganze Maschinerie zusammengehalten hat; oder vielleicht gibt jeder Einzelne von ihnen auch insgeheim den anderen die Schuld dafür, irgendetwas gesagt oder getan zu haben, das ihnen diese Chose eingebrockt hat.“
Skippy ist tot. Das wissen wir schon aus dem ersten Band und das stimmt uns nicht gerade fröhlich.
Aber erst im dritten zeigt Autor Paul Murray die Konsequenzen dieses
allzu frühen Todes eines 14-jährigen Schülers: Das Auseinanderbrechen
der Clique, die Vereinsamung des übergewichtigen Klassengenies Ruprecht,
die Selbstzerstörung der schönen Lori und den tiefen Fall des
Geschichtslehrers Howard „Hasenherz“.
Es ist eine herzzerreißende
Geschichte in drei Akten, die Murray erzählt. Eine Geschichte aus dem
unmöglichen Universum der Pubertät, eine Geschichte auch aus dem
Mikrokosmos eines Internats mit sadistischen Ritualen und pädophilen
Patres.
Dem allen ist Skippy nicht gewachsen, zumal er ständig darauf bedacht
sein muss, den Schein aufrecht zu erhalten. Dass seine Mom todkrank ist,
soll niemand wissen. Vielleicht, so hofft der Sohn, geht der Krebs
durch Ignorieren einfach weg. Und dann verliebt sich Skippy in Lori, die
Schönste in der Mädchenschule. Und plötzlich gerät er in den
Mittelpunkt des Interesses, wird zum Feindbild von Carl, dem
Schulpsychopathen und Hobby-Dealer, der ebenfalls der schönen Lori
verfallen ist. Doch Skippy kämpft und siegt – beinahe. Was ihn
schließlich umbringt, ist das Zusammentreffen verschiedener negativer
Erfahrungen. Da hilft dann auch die Flucht nach Hopeland nicht mehr –
das Spiel hat seine Magie verloren. So wie die Lehrer ihre Autorität
verloren haben. Allen voran Howard, dessen Leben parallel zu dem Skippys
dem Abgrund zusteuert.
Ruprecht und Skippy erinnern mit ihren Streichen und jungenhaften
Scherzen ein bisschen an Tom Sawyer und Huckleberry Finn. Doch die Zeit
der Unbeschwertheit ist für die beiden Internatsschüler längst vorbei.
Sie stehen im Tor zum Paralleluniversum der Erwachsenenwelt und das
macht ihnen Angst. „Skippy stirbt“ erzählt im Stil einer Tragikomödie
von Freundschaft und erster Liebe, von Einsamkeit und Trauer, von Verrat
und menschlichem Versagen. Damit stürzt der irische Autor Paul Murray
auch die Leser in ein Wechselbad der Gefühle zwischen unwiderstehlichen
Heiterkeitsattacken und maßloser Traurigkeit.  
Info: Paul Murray, Skippy stirbt, Kunstmann, drei Bände im Schuber, 780 S., 26 Euro

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