Maxwell Sim ist ein trauriges Kind unserer Zeit, geschieden, beruflich gescheitert. Ein Mann ohne Perspektiven, der sich eher in andere hineinträumt und einen Dialog mit seinem Navigationsgerät startet als aktiv Freundschaften zu knüpfen. Sim leidet unter Einsamkeit, obwohl er immerhin 74 Freunde in Facebook hat. Kein Wunder: Als er im Flugzeug seinem Sitznachbarn endlich mal sein Herz ausschüttet, stirbt der mitten in Maxwells Redefluss.
Mit seinem vor Jahren nach Australien ausgewanderten Vater verbindet ihn
kaum etwas und der Besuch bei ihm endet in der Beliebigkeit, die
Maxwells mitmenschliche Beziehungen charakterisiert. Zurück in England
versucht er sich in einem neuen Job, an dem er – wie sollte es anders
sein – ebenfalls scheitert. Und doch trägt dieses Scheitern den Keim
einer neuen Hoffnung in sich. Über einen Jugendfreund, der seinem Vater
aus aller Welt Ansichtskarten geschickt hat, kommt er dem alten Herrn
wieder näher, erfährt Dinge, die er ihm nicht zugetraut hätte. Und dann
ist da noch Donald Crowhurst, der hochstapelnde Weltumsegler, der nie
ans Ziel kam und der so etwas wie ein Vorbild für Maxwell ist.
Fast sieht es so aus als könnte sich der ewige Verlierer wieder
aufrappeln, als gäbe es Ziele, für die es sich zu leben lohnte. Doch
dann macht eine letzte Begegnung alle hochfliegenden Pläne zunichte und
die Leser sprachlos. Ein Schelmenroman wie im Klappentext angekündigt
ist diese oft tieftraurige Geschichte eines Zeitgenossen, der an eben
dieser Zeit und ihren Ansprüchen scheitert, nicht. Eher der
heimtückische Versuch, die Kritik an den Fehlleistungen unserer
Zivilisation als solchen zu verkleiden. Lesenswert ist der neue Roman
des englischen Literaturstars Jonathan Coe auf jeden Fall.
Info: Jonathan Coe, Die ungeheuerliche Einsamkeit des Maxwell Sim, DVA, 416 S., 22, 99 Euro