Nur ganz allmählich schält sich die Vorgeschichte heraus, erfährt man,
was die junge Mutter Evana und die verwaiste Mutter Emma verbindet und
was die Pflegerin Edyta mit all dem zu tun hat. Evana hat den Hund in
ihrer Obhut gehabt, ehe Chris, der Mann vom Schnapsladen, ihn geholt
hat, um ihn zum Wachhund abzurichten. Als Chris ein Pflegefall wird,
gibt er den Hund an das junge Paar ab. Da ist Emma schon schwanger und
sie ahnt nicht, dass der Hund zusammen mit seinen Geschwistern als
winziger Welpe aus einem Müllcontainer geborgen wurde.
Wie Evana erkennt auch Chris’ Pflegerin Edyta den Hund in der Zeitung.
Sie will wissen, was ihn zu der Bestie gemacht hat, von der in dem
Artikel die Rede ist und stellt ihre eigenen Nachforschungen an. Ihr
Patient erscheint dabei in einem ganz neuen Licht. Evana aber sieht die
Schuld für die Entwicklung des Hundes bei sich selbst. Sie fällt in eine
Depression und vernachlässigt ihr Baby.
Von der ersten Zeile an entwickelt diese Geschichte einen Sog, dem man
kaum widerstehen kann, zumal den Leser das Gefühl einer unterschwelligen
Bedrohung nie verlässt. Was könnte nicht alles passieren: Wie wird
Edyta mit dem aufdringlichen Vermieter fertig? Wie gefährlich ist Evana
für ihr Baby? Kommt Emma über den Verlust ihres Sohnes hinweg? Und wer
trägt die Schuld an der Tragödie? Am wenigsten wohl der Hund, der selbst
ein Opfer ist.
Es ist nicht immer leicht, der Erzählspirale zu folgen, die sich mit
wachsender Geschwindigkeit auf den Kern zubewegt. Van Mersbergen will,
dass seine Leser mitdenken, ihre eigenen Schlüsse ziehen. Deshalb
begnügt er sich mit der Rolle des neutralen Beobachters, kommentiert
nichts. Und eben diese nüchterne Beschreibung macht diese Geschichte um
Schuld und Verantwortung so beklemmend.
Info: Jan van Mersbergen, Wie es begann, Kunstmann, 303 S., 19,90 Euro