Merian Scout, Marco Polo Navigator: elektronische Reisebegleiter für den mobilen Touristen zeigen, wohin die Reise geht. Oder doch nicht? Haben gedruckte Reiseführer in Zeiten des Internets überhaupt noch Chancen? Ja, auf alle Fälle, heißt es bei Marco Polo. Der Verlag hat sich nach groß angelegten Marktforschungen und Trendstudien zu einem Relaunch entschlossen und will die neue Generation von Marco Polo Reiseführern „exakt auf die Bedürfnisse des Reisenden von heute und morgen“ zugeschnitten wissen.
Um auch tatsächlich „neue Maßstäbe für den Reisenden der Zukunft“ setzen zu können, hat sich Stephanie Mair-Huydts, Verlegerin bei MairDumont den Trendforscher Prof. Peter Wippermann ins Boot geholt. Nach seiner Analyse zeichnen sich vier Trends ab:
1) Die Individualisierung des Urlaubs – anders sein als die anderen, aber nie allein.
2) Forever young – Jugendlichkeit (das gefühlte Alter liegt 15 Jahre unter dem biologischen) bleibt das Thema. Wippermann: „Der Körper wird zum Mittelpunkt der eigenen Welt“.
3) Beschleunigtes Erleben fördert Kunstwelten – Skifahren in Dubai, Tropical Islands in Mecklenburg Vorpommern, Reisen nach Hogwarts. Wobei Wippermann den Begriff „künstlich“ sehr weit fasst: „Auch die Kunstschneepisten in Tirol sind künstlich.“
4) Parallelität der Medien. Crossmedial ist das Schlagwort der Zeit. Interaktive Medien gehören zum Alltag. Eine Analyse der Gesellschaft für Konsumforschung zeigt aber auch, dass Internetnutzer gerne Bücher kaufen.
Aufgrund dieser Ergebnisse entschloss sich der Verlag, die Marco Polo Reiseführer „komplett neu“ zu machen und dabei möglichst alle Trends zu berücksichtigen. Inzwischen liegen 80 Reiseführer mit neuem Design und neuen Inhalten vor, bis Ende dieses Jahres sollen es 180 sein.
Und das ist wirklich neu: Eigene Kapitel widmen sich Trends und Szene-Spots vom Day-Spa in Madrid über die schrägen Schlafstätten in der Schweiz bis zu Actionscamps für Zwölf-bis 18-Jährige auf Mauritius.
Vor allem für Kurzurlauber interessant ist das Kapitel „24h“ mit vielen Tipps, wie man in 24 Stunden in ein Reiseziel eintauchen kann.
Dass man auch mit kleiner Reisekasse viel erleben kann, beweisen die neuen Low-Budget-Tipps: Ein dreigängiges Mittagessen in Venedig für acht bis neun Euro? In der Mensa der Kunststudenten, der Fondazione Querini Stampalia. Das Urlaubsbudget schonen kann man auch bei Radtouren in Ägypten von Oase zu Oase, bei Fahrten im dem öffentlichen Bus durch Mauritius, bei Tauchen zum Gruppentarif.
Die optisch verwöhnten Leser soll das Layout in knackigen Farben ansprechen, auf den Fotos sind mehr Menschen zu sehen, die den Betrachter ins Geschehen mit einbeziehen. Noch wichtiger für die Generation der „Netzwerkkinder“: Marco Polo ist als erster Reiseführer direkt mit dem Internet verlinkt. Jeder Band hat seine eigene Webadresse, auf der die Leser zu jedem Reiseziel ergänzende tagesaktuelle Informationen finden und die Möglichkeit, sich in der Marco Polo Community mit Gleichgesinnten auszutauschen.
Für die direkte Konkurrenz ist das alles kein großes Thema. Yvonne Maier von Polyglott verweist darauf, dass die seit 2005 mit aufgeklebter flipmap oder cityflip laufende On Tour Reihe immer noch „prima“ angenommen wird. 152 Titel sind derzeit auf dem Markt. Vor allem die Top12-Tips in der Umschlagseite und das Tourenkonzept kämen bei den Nutzern gut an, betont Maier. Das bedeute aber nicht, dass man nicht immer überlege, was man anders und besser machen könnte. Immerhin erlebte die 1959 gestartete Reihe 1995 und 2001 „umfassende Relaunches“.
Auch beim wesentlich jüngeren Merian live, aktuell mit 158 Bänden auf dem Markt und immer wieder ausgezeichnet, denkt man derzeit nicht an große Neuerungen. „Wir beobachten und aktualisieren aber immer wieder“, erklärt Dr. Stefan Rieß und nennt beispielhaft die im April erscheinenden Novitäten „Hamburger Hafen“ und „Hamburg Reeperbahn“, die als Reiseführer für die Amüsiermeile im hohen Norden „konkurrenzlos“ seien. Auch in Zukunft habe man bei Merian live „sicher einige Überraschungen im Ärmel“, verspricht der Geschäftsführer.