Das Imperium H. Stern
Manchmal werden Märchen wahr auch heute noch. Das von Hans Stern ist so ein Märchen. Mittellos kam der junge Jude 1939 auf der Flucht vor den Nazis nach Rio. Als Stenotypist in einer Schleiferei entdeckte der 16-jährige seine Liebe zu den edlen Steinen. Er machte sich mit einer kleinen Schleiferei selbstständig und gründete schließlich die Firma H. Stern, deren Geschäfte Flughäfen, Flaniermeilen und Hotelshops in aller Welt zieren. H. Stern ist eine Marke das drittgrößte Juwelenimperium der Welt. Der kleine grauhaarige Mann mit der großen Brille und der leisen Stimme wirkt so gar nicht wie ein mächtiger Firmenpatriarch. Die Geschäftsleitung hat er schon längst an die Söhne übergeben, aber im noblen Laden in Rios feinem Geschäftsviertel Ipanema ist der alte Herr noch täglich anzutreffen. „Statt um acht komme ich jetzt eben um 8.30 Uhr,” scherzt er. Die Arbeit mit den Juwelen ist für ihn Lebenselexier: „So lange ein Mensch physisch und geistig fit ist, sollte er weiter arbeiten.” An seinem Handgelenk tickt eine handgeschliffene Saphir-Uhr, auch die Manschettenknöpfe am blauen Hemd kommen aus dem eigenen Haus. Bei H. Stern ist alles in einer Hand: vom Schürfen der Steine, über Design und Schleifen bis zum Verkauf.
„In keinem Land der Welt werden so viele Edelsteine gefunden werden wie in Brasilien,” schwärmt Hans Stern und hinter den Brillengläsern funkeln seine Augen, wenn er seine Lieblingssteine aufzählt: den schimmernden Smaragd, den feurigen Edeltopas, den regenbogenfarbenen Turmalin. Im Hauptquartier des Imperiums sind sie alle zu sehen. Eine Audioführung in 18 Sprachen hilft bei der Orientierung und erklärt die einzelnen Arbeitsgänge vom Rohling bis zum Schmuckstück. 10\x0e000 Besucher werden jährlich durch die Räumlichkeiten geschleust. Neben Copacabana und Zuckerhut gehört H. Stern zu den wichtigsten Attraktionen von Rio.
Die meisten Besucher kommen aus Brasilien, in letzter Zeit lassen sich auch viele Chinesen vom Glanz der Steine verzaubern. „Aber die geben meist nicht viel aus,” weiß Stern. Trotzdem müssen die Verkäufer auch chinesisch können. Denn bei H. Stern legt man Wert auf guten Service. Die meisten Mitarbeiter sind Frauen, weil sie „fleißiger, ehrlicher und loyaler sind”. Die älteste Verkäuferin ist übrigens 82 Jahre alt genauso alt wie der Seniorchef.
H. Stern Rua Garcia D-Avila 113, Ipanema, Rio de Janeiro, Internet: www.hstern.com.br