Autor: Jim Lynch, Anne Spielmann
Verlag: Bloomsbury Erschienen: September 2005 |
Das Leben ist nicht leicht, wenn man 13 Jahre alt und gerade mal 142 Zentimeter groß ist. Und wenn die Eltern dabei sind, sich zu trennen. Der kleine Miles sucht Trost in einer anderen Welt, der Welt des Watts, er wird zum großen Kenner von Muscheln, Quallen und Einsiedlerkrebsen und setzt mit seinen Entdeckungen nicht nur die Fachwelt in Erstaunen, sondern versetzt auch die Medien in helle Aufregung.
Plötzlich tauchen am PugetSound quasi vor Miles’ Haustüre die seltensten Lebewesen auf: ein Riesenkalmar, ein Lumpenfisch, sonderbar leuchtende Quallen und Riesenseesterne. Und immer ist es Miles, der sie findet. Einfach, weil er die Augen offen hält. Bei all den Wundern kann er fast vergessen, dass seine alte Freundin Florence, der er in einer Art Seelenverwandtschaft verbunden ist, todkrank ist und dass die sagenhafte Angie, für die er schwärmt, seit sie sein Babysitter war, auf Drogen ist. Ja, es gelingt ihm sogar, Freund Phelps, der nichts als Frauen im Kopf hat, ein bisschen für seine Sache zu begeistern. Natürlich reden die beiden Halbwüchsigen nicht nur über Klaffmuscheln und Seesterne, sondern auch über so wichtige Dinge wie den G-Punkt und große Titten. Und dann bebt die Erde und das Meer schickt die große Flut, die Miles prophezeit hat. Plötzlich ist er der Held, eine Art Prophet, dem selbst Wissenschaftler staunend zuhören. Der Puget Sound wird für kurze Zeit zum Mittelpunkt des Interesses und Miles beherrscht die Schlagzeilen.
Doch alles ändert sich, Florence stirbt, er wächst um 15 oder mehr Zentimeter, seine Stimme wird tief und „der kleine Miles O’Malley machte sich still und leise davon". Miles ist erwachsen geworden und er teilt diese Erfahrung mit Angie und mit Generationen von Quallen.
Der amerikanische Journalist Jim Lynch hat ein zauberhaftes Buch geschrieben über die Wunder des Meeres und über die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens. Ein Buch voll Schönheit und Melancholie aber auch voll hintergründigem Humor und mit viel Verständnis für pubertäre Nöte. Wer sein Vorbild ist, verrät Lynch in einem Nebensatz, wenn die Zeitungen Miles mit Tom Sawyer vergleichen.
Jim Lynch, Gefährliche Gezeiten, Bloomsbury, 314 S., 18 €