Unter dem Großstadtpflaster: Micha Pawlitzkis „Unter Grund“

Vor 150 Jahren wurde in London die erste U-Bahn gebaut. Bis zur Elektrifizierung wurden die Züge noch von Pferden und Ochsen gezogen. Inzwischen haben die meisten der Metropolen U-Bahnen, um unterirdisch die Verkehrsprobleme zu lösen, die überirdisch überhand zu nehmen drohen. Die Mega-Citys der Schwellenländer bauen riesige Metronetze, die schon bald nicht mehr ausreichen. Mit 456 Kilometer Netzfläche hält Peking den Rekord – bis 2016 soll das Netz um weitere 200 Kilometer erweitert werden. In München werden die zentralen U-Bahn-Stationen gerade neu designt und in Berlin soll die „Kanzler-U-Bahn“ endlich Anschluss finden. 

Ein Ende der Untergrundbahn ist also nicht abzusehen. Im Gegenteil. Zunehmend werden die U-Bahnhöfe zum Aushängeschild, gleichen Galerien, Museen, Shopping Malls. Die U-Bahn-Architektur, hat Micha Pawlitzka festgestellt, wird zunehmend zum Spiegel der urbanen Moderne, die Bahnhöfe wandeln sich zu Tempeln der Mobilität. Eine Aussage, die der Bildband mit großformatigen Motiven und überraschenden Perspektiven aus dem Untergrund belegt. Dass trotz aller Aufhübschung noch Nachholbedarf besteht und die U-Bahn in vielen Bereichen die Anmutung einer Angströhre hat, verhehlt Pawlitzka nicht – auch wenn er sich in den „Anmerkungen des Fotografen“ am Ende als U-Bahn-Fan outet oder zumindest als Fan der menschenleeren architektonischen Landschaften unter dem Großstadtpflaster. Denn Micha Pawlitzka hat die Menschen aus seinen Bildern ausgesperrt. Er hat nachts fotografiert, in einer „kontemplativen Atmosphäre“, in der ihn die Magie der Stationen fasziniert hat. Ganz zum Schluss kommen dann die Menschen doch noch vor, ganz normale Mitfahrende und solche mit schrulligen Hobbys wie sie eben auch der Autor pflegt. Alles in allem eine lohnende Bildreise in den deutschen Untergrund.  
Info: Micha Pawlitzki, Unter Grund – U-Bahn-Stationen in Deutschland, Edition Panorama, 248 S., 48 Euro 

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