So könnte das Paradies ausgesehen haben. Eine nimmermüde Sonne strahlt vom blauen Himmel auf ein grün-blau-türkis schillerndes Meer. Sanft rollen die Wellen auf den pastellfarbenen Strand zwischen den markanten Felsnasen. Feuerrot blühen die Flamboyant-, weiß die Jacaranda-Bäume, zitronengelb der Hibiscus. Hohe schlanke Palmen wiegen sich im linden Lüftchen. Jetzt eine frische Kokosnuss und der Traum ist vollkommen. Die Seychellen versprechen nichts weniger als pure Natur. Wer sie auskosten will, darf nicht sparen. Das Paradies ist käuflich und je nach Geldbeutel mehr oder minder perfekt.Zum Beispiel Praslin. Die Heimat der legendären Coco de Mer, einer
zweigeteilten Cocosnuss in der Form eines weiblichen Unterleibs, ist
eine Inselschönheit mit tropischem Regenwald, rund geschliffenen
Granitfelsen und weiten, pudrigen Sandstränden wie Anse Lazio, auf
denen sich die Badenden verlieren. Im Unesco-Weltnaturerbe Vallee de
Mai wächst die Coco de Mer im Überfluss und das Glück liegt den
Besuchern zu Füßen, in Form von kleinen roten Samenkörnern. Das weiß
Fanny, die französisch sprechende Führerin, die ihre Schäfchen gern
zum Lachen bringt. Warum man die charakteristische Form der Coco de Mer
nicht am Baum sieht? „Die Nüsse sind wie die Frauen. Da muss man auch
erst den Rock heben, um zu sehen, was drunter ist.“
Wir sind mit dem Bus hergekommen. Eine dreiviertel Stunde haben wir
gewartet und schon am Fahrplan gezweifelt. Denn alle Seychellois, die
mit uns anstanden, sind nach und nach verschwunden, sind in
irgendwelche Privatautos eingestiegen, auf Lastwägen geklettert oder
haben sich auf Motorräder geklemmt. Nur ein alter Mann mit karierter
Tasche harrt noch aus. Stoisch. Als der Bus endlich hält, ist er voll.
Die Mehrzahl der Passagiere sind Touristen. Der Bus ist die billigste
Art, die Insel zu er-fahren. Mit drei Rupien ist man dabei. Bei den
anderen Preisen, die auf den Seychellen gelten, ein Schnäppchen. Wir
fahren im Stehen, halten uns krampfhaft an irgendwelchen Laschen und
Stangen fest, denn es geht in halsbrecherischem Tempo steil nach oben.
Bremsen scheint der Fahrer nicht zu mögen, auch die Kurven nimmt er in
hohem Tempo.
Baie Ste Anne ist ein quirliges Örtchen, in dem man sogar ein paar
Läden findet, etwas, was wir an der Cote d’Or schmerzlich vermissen.
Hier liegt unser Hotel, das Duc de Praslin, 2000 und 2003 offiziell als
bestes kleines Hotel der Seychellen ausgezeichnet. Robert (31) führt
mit Frau und Mutter das Haus mit 18 Zimmern und Suiten. Der Pool liegt
mitten in einem Orchideengarten, zum Willkommen ist unser Zimmer
verschwenderisch mit duftenden Blüten geschmückt. Wo Robert angesichts
der trostlosen Auswahl in den Läden die Zutaten für die schmackhaften
Fischgerichte und die aromatischen Desserts hernimmt, bleibt sein
Geheimnis.
1989 ist er mit der Mutter von Mahe, der Hauptinsel, nach Praslin
gekommen, weil ihnen da die Genehmigung für ein größeres Hotel in
Aussicht gestellt wurde. Mit drei Zimmern haben sie angefangen und
immer weiter ausgebaut. Zu den jetzt bestehenden 18 Zimmern sollen in
zweieinhalb Jahren noch einmal sechs dazukommen. Auch die Kapazität des
Restaurants will Robert erweitern. Denn Praslin ist die
Touristen-Hochburg der Seychellen. Der junge Hotelier hat in Singapur
Hotelmanagement studiert und ist voller Tatendrang. „Wir haben alles
selbst gemacht, ohne eine große Gesellschaft im Hintergrund,“ sagt er
voller Stolz. Die meisten seiner Gäste sind Paare, die jungen in den
Flitterwochen. „Anders können sich junge Leute die Seychellen nicht
leisten,“ weiß Robert. „Wir können kein billiges Reiseziel sein. Wir
sind klein und müssen das meiste in kleinen Mengen importieren und das
ist teuer.“ Außerdem, räumt er ein, wolle man genügend Geld haben, um
die Insel so zu erhalten wie sie ist: „Es ist unser Luxus, keinen
Massentourismus zu haben.“
Das Duc gehört zu den Seychelles Secrets, kleinen Unterkünften, in
denen man zu vernünftigen Preisen Urlaub machen kann. Robert ist
überzeugt, dass das Konzept aufgeht: „Wir kleinen Hotels helfen dem
Land mehr als all die großen Fünfsterne-Hotels, deren Geld fließt aus
dem Land.“ Für etwas freilich sind auch die Luxushotels gut: „Sie
schaffen Arbeitsplätze und machen die Seychellen weltweit bekannt.“
Zum Beispiel Fregate: Der deutsche Unternehmer Otto Happel
verwirklichte sich auf seiner Privatinsel einen Traum: kultivierten
Luxus im asiatischen Stil in der Abgeschiedenheit eines Naturreservats.
Auf Fregate Island Private leben Mensch und Tier im Einklang.
Vorwitzige Magpies picken die Brösel vom Frühstückstisch und trällern
ihr Liedchen, grün schillernde Geckos holen sich ihren Anteil vom Boden
und verspeisen in aller Gemütsruhe Fliegen an der Wand.
Riesenschildkröten liegen faul in der Sonne und genießen den Ausblick
auf tief eingeschnittene Buchten. Die Insel hat Platz für alle.
Gerade mal 16 großzügige Villen und ein Haupthaus hat Otto Happel für
seine Gäste bauen lassen. Ein Refugium für maximal 40 wohlhabende
Naturliebhaber, die einen Urlaub im Überfluss genießen. Denn Überfluss
herrscht hier an allem, an verschwenderisch schöner Natur, an
traumschönen Stränden, an freundlichen Helfern und an aufmerksamen
Kleinigkeiten. Wer viel Geld hat, hier ist es gut angelegt. Das fand
auch Ex-Beatle Paul Mc Carthney, der hier mit Heather Mills seine
Flitterwochen verbrachte.
Wo sonst gibt es eine verschwiegene Bucht, in der zwei Turteltäubchen
garantiert allein sein können – wenn sie die Holztafel am Einstieg
auf „Besetzt“ drehen? Mit den batteriebetriebenen Golf-Carts, die
nächtens von den Heinzelmännchen aufgeladen werden, kann man das ehemalige Piratennest erkunden. Oder man macht sich mit Francis auf den Weg. Das ist der mit den Schildkröten redet. „Ich
rede immer mit ihnen,“ sagt der Seychellois, „und wenn eines Tages eine
mir antwortet, wird es Zeit, dass ich die Insel verlasse.“ 170 der
Urwelttiere hat er gezählt, und immer kommen neue hinzu. Francis lebt mit der Natur, kennt die Heilkraft der
Bäume und Büsche, weiß, welches Blatt bei Sonnenbrand hilft oder nach
dem Biss einer Qualle, welche Stängel das Blut verdünnen und welches
Pülverchen aus Baumrinde gegen die sonst tödliche Verletzung eine
Fisches wirkt. Dabei war er in seinem früheren Leben Musiker. Auf Mahe
lebt sein Sohn und so oft er kann besucht er ihn. Aber am liebsten
kommt der Kleine nach Fregate, zu den Vögeln und Schildkröten, die sein
Vater betreut.
Zum Beispiel Mahe: Auf der größten Insel der Seychellen ist auch der
Internationale Flughafen. Die meisten Menschen leben in der Hauptstadt
Victoria. Hier stehen auch die meisten Hotels. Doch Victoria ist weit
entfernt davon, eine Hotelstadt zu sein. Ein kleines munteres Zentrum
mit Markt und Einkaufsstraße im Kolonialstil neben den eher
monumentalen Regierungsgebäuden und dem Hafen. Den Hauptplatz markiert
ein Uhrturm, der an Big Ben erinnert. Wie auf Praslin sind die
Lebensmittelläden eine Enttäuschung. Es gibt wenig, aber davon jede
Menge. Regalweise Klopapier und Sonnenblumenöl. Eine Ausstellung der
Planwirtschaft. Nur die Souvenirshops sind gut bestückt mit
Touristenkitsch. Wer schöne Stücke kaufen will, muss ins Landesinnere
über den Morne Seychellois, dorthin, wo Kunsthandwerker und Maler ihre
Werke verkaufen. Die Fahrt mit dem Mietwagen ist abenteuerlich, denn
die Straßen werden bei Ausweichmanövern zur Falle. Wer vom schmalen
Asphaltband abkommt landet im Graben. Doch der Verkehr hält sich in
Grenzen, nur Busse kreuzen ab und an unseren Weg. Im Süden sind die
weiten Strände menschenleer und manchmal steigt eine Wasserschildkröte
aus dem smaragdenen Meer. Im Morne Seychellois Nationalpark wandern
wir zum Wasserfall und baden im glasklaren Bach unter einem
Palmendach.
Der Fußweg zu unserem Hotelchen führt steil noch oben und der Ausblick
ist fantastisch. Ganz hinten am Horizont zeichnet sich Fregate ab und
unter uns breitet sich Victoria aus. Drei wunderhübsche Zimmer
vermietet Janine, die blonde Seychellois – und ihr Hotel ist wirklich
ein secret, ein Geheimtip. Janine hat im Tourismus gearbeitet, auch in
einem staatlichen Hotel. Dann ging sie für viereinhalb Jahre nach
Australien zu einer großen Firma. Zurück auf den Seychellen konnte sich
Janine ein Leben aus Angestellte nicht mehr vorstellen. Vor neun Jahren
eröffnete sie ihr Hotel und sie ist immer noch glücklich. „Das ist
meine Welt, ich liebe es, Menschen um mich zu haben,“ sagt sie.
Zusammen mit ihrem Mann hat sie auch noch eine Autovermietung. Derzeit
bauen die beiden ein 200 Quadratmeter großes Studio mit allen Schikanen
auch für größere Familien, die sich dann selbst versorgen können.
Glücklicherweise gilt das nicht für uns. Denn Janines Küche ist
köstlich. Und wir wüssten wirklich nicht, wo wir all die Spezialitäten
herbekommen sollten.